Bayern 2 - Das Kalenderblatt


0

10. September 1971 Der bayerische Ur-Elefant wird entdeckt

Vor etwa zehn Millionen Jahren hatte den bayerischen Urelefant das Schicksal ereilt. Am 10. September 1971 tauchte er wieder auf, im wahrsten Wortsinn, aus dem Inn bei Mühldorf. Und da heißt es immer, Angeln sei langweilig.

Stand: 10.09.2010 | Archiv

10. September 1971: Der bayerische Ur-Elefant wird entdeckt

10 September

Freitag, 10. September 2010

Autor(in): Petra Herrmann

Sprecher(in): Krista Posch

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Kommt der Bub nach Haus und sagt, er hat in der Schule Ärger gekriegt. Warum? Er hat in einem Aufsatz zum Thema Unterricht geschrieben: Schule ist noch langweiliger, als jemandem beim Angeln zuzuschauen. Als jemandem beim Angeln zuzuschauen! Dem Angeln zugucken ist also gewissermaßen eine Steigerung des ohnehin faden Angelns. Eine Frechheit, klar, eine kindliche Provokation. Aber: Eine sprachlich außerordentlich reife Leistung. Die von der Lehrerin jedoch nicht gewürdigt werden konnte, weil sie offensichtlich vor allem beleidigt war. Gut, gut. Schule ist nicht immer langweilig und Angeln auch nicht.

Erinnern wir uns nur an einen gewissen Herrn Kretschmann. Der warf am 10. September 1971 nahe seiner Heimatstadt Mühldorf am Inn wieder einmal seine Angel aus. Und während er sein wachsames Auge über die Fluten hingleiten ließ, verhakte sich sein Blick  - zugegeben: nicht sein Angelhaken - in einem riesigen Knochen, den er unschwer als etwas reichlich Altes erkannte. Er betrachtete die Sache genauer und fand, das Ding sehe einem halben Schädel mit Backenzahn verdammt ähnlich. Doch welches Erdenwesen hat schon so ein Mammutgebiss? Mit dieser launigen Formulierung war Heinz Kretschmann schon ziemlich nahe daran, freilich ohne es auch nur zu ahnen: Er hatte den bayerischen Urelefanten an der Angel.

Eine wissenschaftliche Sensation, inzwischen vollständig ausgegraben und zu bewundern im Paläontologischen Museum zu München. Zehn Millionen Jahre ist er alt, fast vier Meter hoch, viele Tonnen schwer und einmalig in ganz Europa. Der Elefant, das unbekannte Wesen, besonders in unseren Breiten - dabei sind auch seine heute noch lebenden Artgenossen einfach faszinierend! Diese ältesten und größten aller Landsäuger, geboren zu einer Zeit, als die Natur an uns Menschen noch nicht einmal gedacht hat!

Elefanten: sie gehen auf Zehenspitzen - gemächlich, um ihr riesiges Hirn zu schützen, können aber schneller laufen als der schnellste Mensch; sie hören das Rascheln einer Maus im Gras; sie sehen besser als Pferde; wenn einer mal ordentlich niest, betäubt er einen Hund. Mit ihrem Rüssel können sie eine Stecknadel vom Boden aufheben, eine Flasche entkorken und einen Baum mitsamt den Wurzeln herausreißen.

Ihre Stoßzähne benutzen sie vor allem als Pflugscharen zum Sammeln von Nahrung, die sie genau zwei einhalb Tage lange verdauen. Ihr Vorspiel zur Liebe dauert acht Tage, die Elefantenkühe sind zwei Jahre schwanger und ein einziger verirrter Strahl Elefantensperma kann die Bewohner eines 13 Meter hohen Ameisenhaufens ein ganzes Jahr ernähren. Sie sind äußerst hilfsbereit und sozial eingestellt, einem verletzten Gefährten stecken sie zu Beatmung den Rüssel ins Maul, sie helfen ihm auch geduldig auf die Beine, und wenn er stirbt, dann begraben sie ihn und weinen salzige Tränen. Sie wiegen soviel wie 86,4 Männer, sie atmen zwölf Mal in der Minute, sie haben ein beneidenswertes Gedächtnis und russische Forscher wollen erlebt haben, dass sie sogar ins Mikrophon sprechen. Leider konnten wir keine entsprechende Überspielung auftreiben und so müssen wir uns an dieser Stelle mit einem gewöhnlichen Trompetensolo begnügen:

Zur Ehrenrettung des Angelsportes, der Schule, unseres Programms und allem, was sonst noch völlig zu Unrecht mitunter im Ruf des Langweiligen steht.


0