Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. August 1899 Geburtstag Alfred Hitchcocks

Als Alfred Hitchcock am 13. August 1899 in London geboren wurde, deutete noch nichts auf seine spätere Laufbahn als Meister der Spannung hin. Die Eltern waren Gemüsehändler. Doch bald entwickelte der Hitchcock seine eigene Art, die Dinge zu betrachten.

Stand: 13.08.2010 | Archiv

13. August 1899: Geburtstag Alfred Hitchcocks

13 August

Freitag, 13. August 2010

Autor(in): Renate von Walter

Sprecher(in): Axel Wostry

Redaktion: Thomas Morawetz

Ein Mann will verreisen. Er tritt aus seiner Haustür auf die Straße, besteigt das bestellte Taxi und fährt zum Bahnhof. So könnte ein x-beliebiger Film beginnen. Nicht sonderlich aufregend. Blickt der Mann aber, bevor er ins Taxi steigt, nervös auf seine Armbanduhr und murmelt: Mein Gott, das ist ja viel zu spät – den Zug erreiche ich niemals! dann wird die Fahrt zum Bahnhof bereits zum Abenteuer. Jede rote Ampel, jeder die Straße kreuzende Gemüsekarren, jeder Polizist, der sich in den Weg stellt, jeder plötzlich vor dem Taxi auftauchende Radler steigert die Spannung des Zuschauers, weil er ja weiß, dass der Mann im Taxi den Zug, warum auch immer, unbedingt erwischen muss. Und schon ist er wohlig-zitternd dem Meister auf den Leim gekrochen, dessen Name noch heute geradezu als Synonym für perfekte Kinospannung gilt: Alfred Hitchcock.

Als Hitchcock am 13. August 1899 in London geboren wurde, deutete freilich noch nichts auf seine spätere Laufbahn hin. Weder war sein Vater William listenreicher Advokat, (der den Knaben schon früh in das Labyrinth menschlicher Irrungen und Wirrungen einführte,) noch gar Polizist, der die abendliche Unterhaltung am Küchentisch mit dem Erzählen aufregender Verbrecherjagden würzte. Vielmehr betrieb er mit seiner Frau Emma einen friedlichen Gemüsehandel. Und auch die Schulzeit des scheuen, eher kontaktschwachen Kindes ließ keineswegs darauf schließen, dass er die Menschheit dermaleinst mit seinen Filmen das Gruseln lehren würde: Er verbrachte sie als sittsamer Jesuitenzögling auf dem Londoner St. Ignatius College. Ingenieur wollte er werden, und auch ein bisschen Kunst hat er dann nebenher studiert.

Als junger Werbetexter und -grafiker bekam er einmal den Auftrag, ein Plakat für eine Elektrofirma zu entwerfen. Er zeichnete ein nächtliches Kirchenschiff, in dem nur zwei brennende Kerzen zu erkennen waren – alles andere lag im Dunkel. Er warb also für das elektrische Licht, indem er es wegließ.

Auch später als Filmregisseur erzeugte er Spannung häufig dadurch, dass er Gegenstände – oder auch Leichen – im Bild so wegließ, beziehungsweise versteckte, dass zwar der Zuschauer von ihrem Vorhandensein wusste, die Handelnden im Film aber nicht.

So liegt die titelgebende Figur im „Cocktail für eine Leiche“ gut getarnt in der großen Salontruhe, von der manchmal nur eine Kante neckisch grade noch im Bild erscheint, dann wieder ist sie voll erfasst und dient den ahnungslos plaudernden Akteuren als bequemer Abstellplatz für ihre Cocktailgläser.

„Der Zuschauer muss informiert, mit einbezogen sein in das Geschehen“, lautet einer der Leitsätze Alfred Hitchcocks, und darin unterscheidet er sich so wohltuend von vielen seiner heutigen Kollegen, die einem einfach eine Leiche vor die Füße rollen und dann einen Inspektor auftreten lassen, der in seinem fest verschlossenen Supergehirn Fäden knüpft und Erkenntnisse gewinnt, die der Zuschauer weder nachvollziehen, noch vorausahnen kann. Und gerade das Vorausahnen ist es doch, das dieses herrliche Prickeln erzeugt... und das zum Beispiel eine Sequenz aus dem Film „Der Mann, der zuviel wusste“ unvergesslich macht: während eines Konzertes in der Royal Albert Hall soll ein Diplomat erschossen werden. Und zwar just in dem Moment, in dem vom Orchester her ein bestimmter Beckenschlag erdröhnt. Der Zuschauer weiß es schon die ganze Zeit und fiebert über alle ablenkenden Nebenmanöver hinweg nur dem einen, einzigen Moment entgegen, in dem...


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