Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. Januar 1935 Gangstermutter Ma Barker von FBI erschossen

Ma Barker, Mutter von vier Söhnen, wurde am 16.1.1935 erschossen. Die Legende will, dass sie der Kopf der berüchtigten Karpis-Barker-Gang gewesen sei. Das ist falsch, doch es gab ein klares Interesse an der Version.

Stand: 16.01.2012 | Archiv

16.01.1935: Gangstermutter Ma Barker von FBI erschossen (16. Januar 1935)

16 Januar

Montag, 16. Januar 2012

Autor(in): Michael Schulte

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz

Die Aussichten, einen Job zu finden, sind gleich Null, denn außer kochen hat sie nie etwas gelernt. Was also soll eine Frau machen, deren Mann abhaut und sie mit ihren vier Söhnen sitzen lässt? Sie muss dafür sorgen, dass wenigstens die Kinder einen lukrativen Beruf ergreifen. Doch eine Ausbildung dauert lange und kostet obendrein Geld. Geld, das nicht vorhanden ist und dessen man so dringend bedarf. Da liegt es nahe, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und den lieben Kindern beizubringen, wie man Banken ausräumt!

Mutter als Mastermind?

Dazu braucht es vor allem zwei Dinge: Mut und eine militärisch exakte Planung. Ersteres kann man nicht lernen, man hat’s oder nicht. Aber Planung und Durchführung, das Auskundschaften eines geeigneten Geldinstituts, perfekte Ortskenntnisse, das Wissen um geeignete Fluchtwege und so weiter, all das lässt sich lernen. Und Muttern drillt ihre Jungs, achtet auf eiserne Disziplin, ist die Mastermind hinter ihren verwegenen Überfällen, die jahrelang den Mittleren Westen der USA in Atem halten.

Eine wunderbare Geschichte, so recht geeignet die Fantasie von Groschenheft- und Drehbuchautoren zu beflügeln. Neben den Söhnen Herman und Frank Barker taucht da auch immer ein gewisser Alvin Karpis auf, der gefürchtetste Bankräuber und Kidnapper der frühen Dreißigerjahre, auf der Liste des FBI als „Staatsfeind Nummer Eins“ geführt. Dieser Karpis schrieb später in seinen Memoiren: „Der größte Blödsinn in den Annalen der Kriminalgeschichte ist, dass Ma Barker der Kopf der Karpis-Barker-Gang gewesen sei. Karpis macht darauf aufmerksam, dass von ihr kein einziges Polizeifoto existiert, sie nie eines Verbrechens angeklagt worden war, ihr nie die Fingerabdrücke abgenommen wurden. - Ganz im Gegensatz zu ihren Söhnen und dem bei den Barkers wohnenden Alvin Karpis.

Überraschung im Kino

Karpis räumt ein, dass Ma wohl wusste, dass die Söhne und er selbst Tätigkeiten nachgingen, die nicht so ganz mit den Gesetzen in Einklang zu bringen waren. Was wirklich los war, erfuhr sie allerdings erst nachdem ihre Jungs und Herzensbruder Alvin sie zu einem Kinobesuch in Chicago eingeladen hatten. Sie hatten kaum Platz genommen, als die Wochenschau anfing. Drei riesige Fahndungsfotos von Herman, Frank und Alvin leuchteten von der Leinwand in den Zuschauerraum und eine Stimme sagte: "Dies sind die gefährlichsten Verbrecher der USA. Halten Sie nach Ihnen Ausschau. Sie könnten in diesem Moment neben Ihnen im Kino sitzen." Der eben noch glücklichen Familie brach der kalte Schweiß aus. Gottlob hat sie niemand erkannt, doch Mutti wusste nun Bescheid. Sie hat nie ein Wort gesagt, tat, als sei nichts gewesen und kochte weiter für sie ihre Hausmannskost. Wer arbeitet, soll auch gut essen, war ihr Motto.

Sie war sogar der Ansicht, dass sie und ihr Lieblingssohn einmal richtig schön Ferien machen sollten. Sie lud Freddie zu einem Aufenthalt in Florida ein, mietete eine Ferienhütte. Das FBI bekam Wind von dem Domizil und am 16. Januar 1935 umstellten Beamte das Haus. Mutter und Sohn waren nicht geneigt, sich zu ergeben. Es folgte eine vierstündige Schießerei.

Am Schluss waren Ma Barker und Freddie tot.

Wie sollte man es nun rechtfertigen, eine harmlose Mutti mit Maschinengewehrsalven durchlöchert zu haben? Rasch wurde das Märchen von der gefährlichen Bandenführerin erfunden. Nicht nur Hollywood bastelt an Legenden.

Das war das Kalenderblatt, heute von Michael Schulte. Es sprach Hans-Jürgen Stockerl.


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