Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. September 1876 Teppichkehrer wird zum Patent angemeldet

Am 19. September 1876 meldete der Amerikaner Melville B. Bissell ein Gerät zum Patent an, mit dem man Teppiche dort reinigen konnte, wo sie lagen. Von nun an mussten sie nicht mehr aus dem Haus geschleppt werden, um geklopft zu werden - eine enorme Erleichterung.

Stand: 19.09.2011 | Archiv

19. September 1876: Teppichkehrer wird zum Patent angemeldet

19 September

Montag, 19. September 2011

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Es ist doch immer wieder erstaunlich, was so alles im Laufe der Zeit aus unserem Leben verschwindet. Zum Beispiel das:

Zur Erinnerung: So klingt es, wenn auf altmodische Art ein Teppich gesäubert wird. Zuvor hatte ihn Frau - im Idealfall mit Hilfe des Hausmädchens - zusammengerollt und in den Hof geschleppt, wo sich eine Stange befand, die eigens dafür installiert worden war, Teppiche darüber zu werfen und dann auszuklopfen. Mit dem Teppichklopfer, der übrigens gelegentlich auch dazu diente, den Hosenboden ungehorsamer Sprösslinge zu bearbeiten. Ein überaus nützliches Gerät also, so ein Teppichklopfer, allerdings eben mit dem Nachteil, dass die Teppiche zuvor geschleppt werden mussten. Und was machte die brave Hausfrau, wenn sie sich den Arm gebrochen oder das Dienstmädchen gekündigt hatte? Dann - mussten die Teppiche schmutzig bleiben!

So war das bis zum 19. September des Jahres 1876, als ein Herr namens Melville B. Bissell ein Gerät zum Patent anmeldete, mit dem man Teppiche dort reinigen konnte, wo sie lagen. Ein enormer Fortschritt: geschickt angeordnete Rollbürsten beförderten den Schmutz in eingebaute kleine Kästchen, die später ausgeleert wurden: der Teppichkehrer war geboren. Entstanden ist das Gerät übrigens deshalb, weil Bissell, der Eigentümer eines Chinaladens in Michigan, immer Kopfweh bekommen hatte von dem staubigen Stroh, in das die Waren eingepackt waren. Seine Frau hatte das nicht länger mit ansehen können und hatte mit ihm zusammen die kleine mechanische Reinigungsmaschine erfunden, die sich in den USA bald gut verkaufte.

Hier bei uns kam man erst in den 50er Jahren des letzen Jahrhunderts so richtig in ihren Genuss. Damals, als alles Gute aus Amerika kam, beglückte uns die Werbung mit Bildern von jungen schönen Hausfrauen, die sich im Petticoat und auf Pfennigabsätzen beschwingten Schrittes durch das Wohnzimmer bewegten. Dabei schoben sie mit leichter Hand den Teppichkehrer vor sich her und erzeugten damit helle, also entschmutzte Streifen auf der Auslegware.

Das Kalenderblatt-Team hat diese Szene im heroischen Selbstversuch nachgestellt, mit einem original Gerät aus jener Zeit, das sich tatsächlich noch im hintersten Winkel der Putzkammer fand. Allerdings muss es irgendwas falsch gemacht haben, denn statt den Schmutz in sich rein zu fressen, gab der Teppichkehrer reichlich davon ab und verzierte so den guten Isfahan mit einer hässlichen Staub- und Bröselspur. Teppichstangen gibt’s ja nun leider keine mehr, also musste man für die Entfernung dieser Hinterlassenschaften notgedrungen zur modernen Hauruck-Methode greifen und damit zum achtfach gefilterten Klopf-Bürst-Turbo-Staubsauger. Den man allerdings getrost als Weiterentwicklung von Familie Bissells Erfindung bezeichnen kann.

Aber auch dem Teppichkehrer ist keinesfalls in oberflächlicher Manier seine Wirksamkeit abzusprechen. Denn unser Selbstversuch fand, das muss leider an dieser Stelle gesagt werden, nicht unter Original-Bedingungen statt. Statt in passender Kleidung wurde die Arbeit nämlich in Jeans und Turnschuhen ausgeführt. Und so konnte das vermutlich gar nicht klappen!


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