Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

19. November 2001 Erster Welttoilettentag

Geschichten über das "stille Örtchen" - da lacht man gern verschmitzt! Jedenfalls, wenn ein heimisches Badezimmer selbstverständlich ist. Seit dem 19. November 2001 gibt es den Welttoilettentag, und der wirft Licht auf die Verhältnisse, in denen fehlende Klos Leben kosten.

Stand: 19.11.2010 | Archiv

19. November 2001: Erster Welttoilettentag

19 November

Freitag, 19. November 2010

Autor(in): Martin Schramm

Sprecher(in): Krista Poch

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Es ist nicht irgendein Ort - es ist der Ort, an dem wir mit die wichtigsten "Geschäfte" unseres Lebens verrichten - und statistisch gesehen immerhin drei Jahre unseres Lebens verbringen: das sogenannte "stille Örtchen". Und warum sollte man einer derart wichtigen Einrichtung nicht einen eigenen Tag widmen? Am 19. November 2001 war es endlich soweit: Der "Welttoilettentag" erblickte das Licht der Welt, ausgerufen von der Welt-Toiletten Organisation - und sorgte für Gelächter.

Denn was bitte sollte das sein? Ein "Scheißhaus-Tag"? Wie sollte man so einen "Toilettentag" feiern? Vielleicht mit einer "Extra-Beauty-Kur" fürs Klo? Oder einer kleinen Party im heimischen Badezimmer?

Erfährt man dann, worum es wirklich geht, kann einem das Lachen schnell im Halse stecken bleiben: Wussten Sie zum Beispiel, dass jeden Tag vier bis fünftausend Kinder sterben, nur weil sie in einer Welt ohne Toiletten leben? Weil sie sich mit Keimen und Würmern anstecken, die in jenem Kot stecken, der in vielen Städten einfach so auf der Strasse liegt? Unterm Strich sorgt das für 15 Jumbo-Jets, voll mit Kindern, die jeden Tag "leise" abstürzen. Wenn ein Flugzeug mit 200 Insassen abstürzt, gibt es weltweit riesige Schlagzeilen. Über die weltweite Sanitärkrise spricht kein Mensch.

Aber es geht noch weiter: Kinder, die krank sind, gehen nicht zur Schule. Sie bekommen keine Ausbildung. Und die Mutter muss dann auch zu Hause bleiben, um sich um die Kleinen zu kümmern. Sie verliert schnell ihren Job. Einen Job, den ihr Kind mangels Ausbildung nie haben wird. Sprich: Verdammt viele Menschen legen dank Sanitärkrise einen verdammt schlechten Start hin.

Oder: Wussten Sie, dass viele Mädchen auf den Philippinen an Nierenerkrankungen leiden, weil sie tagsüber einfach nichts trinken? Weil es keine Schul-Toilette gibt und sie ihre Notdurft hinter dem nächsten Busch verrichten müssten - wo Ihnen dann die Jungs zusehen und sie vergewaltigen?

Wussten Sie, dass es auch deshalb so wenig Toiletten gibt, weil meistens die Männer übers Geld entscheiden? Und Männer sich für die drei bis vier Monatsgehälter, die so eine Toilette in einigen Ländern verschlingt, eben lieber ein Handy oder einen Fernse-her kaufen - statt eine Toilette, die es doch scheinbar kostenlos hinter jedem Busch gibt?

Gut also, dass es den Welttoilettentag gibt - und wir endlich mal ganz tabufrei über all das reden können. Nur in welcher Sprache, mit welchen Worten? So wie Werbetexter, die Blasenmedikamente inzwischen mit Sprüchen bewerben wie: "Nachts nicht mehr müssen müssen"? Oder sagen wir "Ich geh mal kurz um die Ecke", "Ich muss mal für kleine Jungs", - Kindersprache also? Und wer Klartext spricht, Wörter wie "kacken" oder "scheißen" in den Mund nimmt, ist der dann ganz schnell vulgär?

Genau deshalb tun sich auch die Mächtigen der Welt mit dem Thema so schwer: Es hat einfach zu wenig "Glamour". Politiker in Entwicklungsländern, die gerne Toiletten einweihen oder die Toilette gar zum Wahlkampfthema machen, sind absolute Mangelware. Sie wohnen außerdem meist in Luxusvierteln, in denen man das Problem gar nicht kennt. Sie starten "hilflose Hilfsaktionen" und spendieren dem Volk europäische Toilettenschüsseln. Das Volk ist begeistert und nutzt die Schüssel dann - genau: als Blumentopf. Denn das Volk ist schlau, es weiß: Es macht keinen Sinn, sich eine Toilettenschüssel hinzustellen, wenn man kein Wasser zum Spülen hat.


1