23. September 1806 Lewis-und-Clark-Expedition zurück in der Zivilisation
Manchmal merkt man erst nach den ersten Metern, dass man einen gehörigen Schritt ins Abenteuer getan hat. Meriwether Lewis und William Clark jedenfalls wissen nicht, worauf sie sich da einlassen - Autorin: Susi Weichselbaumer
23. September
Mittwoch, 23. September 2015
Autor(in): Susi Weichselbaumer
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
So eine Einladung ins Projekt-Team freut einen gemeinhin. Gemeint ist damit, meint man zumindest zunächst, generell eine gute Geschichte, welche die Gruppe, Gemeinschaft, Firma, Anstalt fürderhin voranbringt. Kann man mittuen, macht man Zukunft. Blöd bloß, dass Projekte furchtbar Fußangel-anfällig sind. Schon immer waren. Bestes Beispiel: Lewis und Clark.
Einfach aufgekauft
Wobei noch besser, man fängt an bei Thomas Jefferson, US-Präsident Nummer drei. Heute wäre er einer der Männer, die statt schön in den Arkaden zu shoppen, pfeilgerade in den ersten Laden um die Ecke stechen, eine Jeans vom Bügel klauben, zahlen ohne anzuprobieren und dann entsprechend den Gürtel weiter oder enger schnallen. Was keine Kritik ist, kann funktionieren. So kauft Präsident Jefferson mal eben einfach einen großen Teil Amerikas vom Franzosenkaiser Napoleon. Der hat keine Verwendung dafür. Wiewohl Napoleon weiß auch wenig bis gar nichts über das Land, dass die Seinen da so besetzen. Jefferson hat auch keine Ahnung, aber einen Plan. Ein Projekt ruft der Präsident ins Leben. Leiter des Ganzen soll sein Privatsekretär sein, Captain Meriwether Lewis. Dem Kongress leiert Jefferson überschaubare 2500 Dollar heraus für die Expedition gen Westen. Es geht um Ruhm und Ehre. In der Ausschreibung steht, intelligente Offiziere sollten es sein, die mit zehn bis zwölf Mann zusätzlich das Land bis zum westlichen Ozean erkunden.
Es ist aufgebrochen!
Lewis rekrutiert als gleichberechtigen Kopf des Projekts seinen alten Armeekollegen William Clark. Der ist ein zupackender Praktiker, befindet sich gerade ohne ernsthaftes Engagement in Sachen sonstigem Job oder in Angelegenheit Beendigung des durchaus schon dauernden Junggesellendaseins. Kurz, Clark kommt mit. Was Lewis freut, der eigentlich ein dauernachdenklicher Melancholiker ist.
Über dreißig Männer starten schließlich in St. Louis ihre historische Reise in drei Booten entlang des Missouri River, westwärts… durchs heutige Kansas, durch Omaha. Sie erreichen die Great Plains im jetzigen South Dakota. Geraten irgendwann an die Rocky Mountains. Ach ja, Präsident Jefferson hatte kurz vor Abfahrt noch ein wenig am Projektauftrag gefeilt. Neben einem schiffbaren Wasserweg, den es zum Pazifik zu finden gilt, so es einen solchen denn gibt - also Wasserweg, nicht Pazifik, den hatten schon andere vorher gefunden - also neben der Aufgabe Wasserweg finden, will Jefferson nun außerdem Indianer, Tiere, Pflanzen sowie die Geologie der Region akribisch untersucht sehen. Ziel hinter diesem Zwecke: die Gründung einer mächtigen Nation zwischen Atlantik und Pazifik.
Lewis und Clark haben also zu tun. Stromschnellen und stolze Indianer, die sich den Schneid nicht abkaufen lassen – weder gegen Feuerwasser noch feurige Gewehre. Wasserfälle, um die man die Boote tagelang herumtragen muss. Hirsche, Bisons, Biber, denen man abendessentechnisch tagelang hinterherjagen muss. Endlich rauscht der Pazifik und das heißt wiederum erst Halbzeit, umdrehen, Heimweg. Noch mehr Tiere, Pflanzen, alternative Routen, potentielle einheimische Freunde oder Feinde. Am 23. September 1806 finden sich Lewis und Clark wieder daheim in St. Louis ein. Werden als Helden gefeiert, Präsident Jefferson ist begeistert. Sogleich machen es andere westwärts nach, die Pioniere geraten ein wenig in Vergessenheit. Der große Ruhm folgt posthum, zumindest für die unmittelbar Beteiligten. Denn wie das bei Projektgruppen so ist - kommt was Vernünftiges dabei raus, kassiert der Oberchef erst mal den Applaus. Kann man also nur warten - und das würden die heutigen Nationalhelden Lewis und Clark sicher raten - warten bis dereinst später irgendwer wo unsere Tagebücher entdeckt, in denen steht: wir haben das gewuppt. Man winde uns den Lorbeer…