Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Januar 1884 Auguste Piccard geboren, Pionier der Extreme

Die futuristischen Abenteuer Jules Vernes sind das Vorbild für Auguste Piccard, geboren am 28. Januar 1884. Als erster Mensch fliegt er in einem Ballon bis in die Stratosphäre. Bald darauf taucht er mit Sohn Jaques in die Tiefsee ab, in Regionen, die noch kein Mensch erreicht hat.

Stand: 28.01.2011 | Archiv

Sendung nachhören: Auguste Piccard geboren, Pionier der Extreme (28.01.1884)

28 Januar

Freitag, 28. Januar 2011

Autorin: Christiane Neukirch

Sprecher: Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Jede Familie geht durch Höhen und Tiefen. Aber keine hat es so darauf angelegt, beides bis ins Extrem auszuloten, wie die Schweizer Familie Piccard.

Auguste Piccard, geboren am 28. Januar 1884, ist der Begründer dieser Familientradition. Er gerät schon früh in den Sog von Science Fiction-Büchern und lebt im Geiste mit den Helden des Bestsellerautors Jules Verne. Mit ihnen reist er zum Mittelpunkt der Erde, verbringt er fünf Wochen im Ballon und lebt 20.000 Meilen unter dem Meer. Doch im Gegensatz zu den meisten Lesern genügt es ihm nicht, die Reisen im Kopf zu machen. Er will, dass aus der Fiktion Wirklichkeit wird. Dabei kommt ihm sehr zu Hilfe, dass er ein Kind seiner Zeit ist: geboren im Jahrhundert der großen technischen Erfindungen und der Wissenschaftsgläubigkeit. Als junger Mann betritt er die Schwelle zum zwanzigsten Jahrhundert, in dem sich der Mensch, nachdem er die Welt in der Horizontalen erkundet hat, die dritte Dimension erobert - mit Flugzeugen den Himmel, mit U-Booten die See.

Ein bisschen Glück braucht jeder Pionier, und das hat Auguste Piccard: Als Physikprofessor in Brüssel bekommt er vom belgischen König Geld, mit dessen Hilfe er die Stratosphäre erkunden soll. Die Stratosphäre - das ist die Luftschicht, die in acht Kilometern Höhe beginnt: am Gipfel des Mount Everest.

Piccard baut für seine Ballonfahrt eine kugelförmige Kapsel, die ihm den fehlenden Luftdruck ausgleicht und Sauerstoff mitführt. 1931 ist es soweit: Eine halbe Stunde lang fahren Piccard und sein Assistent gen Himmel und erreichen dabei eine Höhe von fast 16 Kilometern. Diesen Weltrekord übertrifft er selbst ein Jahr später um einen Kilometer. Damit, so schreibt das "Historische Lexikon der Schweiz", darf Auguste Piccard sich als erster Astronaut der Weltgeschichte bezeichnen.

Mittlerweile schwebt bereits ein ganzer Teil der Familie in höheren Sphären. Augustes Zwillingsbruder Jean-Felix hat ebenfalls der Höhenrausch ergriffen; mit Gattin und Sohn unternimmt er Ballonfahrten; er bricht sogar den Rekord nochmals um einige hundert Meter.

Doch da ist Auguste bereits in der entgegengesetzten Richtung unterwegs. Zusammen mit seinem Sohn Jacques konstruiert er ein U-Boot. So verschieden ist das von seinem Luftgefährt nicht: Auch hier soll eine kugelförmige Kapsel den Druck ausgleichen und Luft liefern. Dem Duo gelingt auch in der Tiefe Rekorde: Als sie 1953 in 3.000 Meter abtauchen, können sie sicher sein, nur noch auf angestammte Meeresbewohner zu stoßen; Menschen haben es bist hierher noch nicht geschafft. Dem Druck der Wassermassen hat vor ihrem "Bathyskaph" noch kein Gefährt standgehalten.

Als Vater Auguste keine Tauchexperimente mehr unternimmt, bleibt Sohn Jacques auf Sinkkurs. In der Höhe kann er den Vater kaum mehr übertreffen; auch lohnt es sich nicht, denn "Sputnik" hat bereits das All durchkreuzt. Aber in der Tiefe wartet noch ein Superlativ: der Marianengraben, 11.000 Meter, der tiefste Punkt der Erde. Hier kann Jacques seinem Vater und der Welt noch beweisen, wie tief er sinken kann; er tut dies unter amerikanischer Flagge - auch er ein Kind seiner Zeit, der Zeit des Kalten Krieges, des Wettlaufs zweier Mächte um die Ersten Plätze im All und im Meer.

Auguste Piccard erlebt noch Jacques unübertrefflichen Tiefenrekord - aber nicht mehr, wie sein Enkel Bertrand die abenteuerliche Familientradition fortsetzt. Nach dem Abgrund folgt wieder ein Höhenflug: Im Ballon umrundet Bertrand Piccard kurz vor der Jahrtausendwende als erster Mensch die Erde in einem zwanzigtägigen Nonstop-Flug, dem längsten Flug der Luftfahrtgeschichte.


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