29. März 1976 Affentrainer Alex Brackstone gründet Mikronation Bumbunga
Die Welt ist schlecht. Da hilft nur eines, dachte sich ein Australier - und eröffnete sein eigenes Land. Alex Brackstones Idee war simpel: Der neue Ministaat sollte so funktionieren, wie er als Gouverneur das gut fand. Bumbunga war dann auch nur so groß wie sein Grundstück. Autor: Sebastian Kirschner
29. März
Mittwoch, 29. März 2023
Autor(in): Sebastian Kirschner
Sprecher(in): Christian Baumann
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Die Welt ist schlecht: Krieg hier, Hungersnot dort, wieder mehr Arbeitslose, Inflation, Migration, ein neuer Politiker-Skandal ... Wenn man verfolgt, was da draußen überall los ist, dann kann das manchen leicht überfordern. Zu viel, zu laut, einfach zum Davonlaufen. Zumal die Lösungen für die Probleme manchem scheinbar auf der Hand liegen: Krieg? Politikerskandal? Die sind doch alle gleich, unsere Möchte-gern-Anführer da oben! Einfach mal ordentlich draufhauen, dann wird da gleich Ruhe sein! Migranten? - Ich bin ja nicht radikal, aber ...
Immerhin: Zuhause kann einem niemand die Meinung verbieten. Da gilt, was ich sage. Mein Haus, meine Goldfische, meine Briefmarkensammlung. My home is my castle - mein Haus ist meine Burg, sagt das Sprichwort. Die Reichsbürger lassen grüßen. - Nur: Ganz so einfach funktioniert die Welt nun mal nicht. Oder etwa doch?
Zumindest hat sich das vielleicht Alex Brackstone gedacht, als er am 29. März 1976 im Süden Australiens seine eigene Nation ausruft: die Provinz Bumbunga. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Exzentriker schon einige Stationen hinter sich: Er hatte als Trainer von Zirkusaffen gearbeitet, erfolglos nach Uran gesucht und sich als Postbote verdingt. In den 1950er Jahren war der Brite Brackstone nach Down Under gekommen, hatte sich irgendwann vier Hektar Land gekauft. Aber im Herzen war er immer der Heimat und Krone treu geblieben. Ein britischer Partriot durch und durch.
Doch 1975 schrillen seine patriotischen Alarmglocken. Australien steckt in einer politischen Krise und droht, sich weiter von der britischen Monarchie zu entfernen, als je zuvor.
Das Schreckgespenst einer Republik vor Augen erklärt Monarchist Brackstone sein Grundstück kurzerhand für unabhängig - und sich selbst zu dessen Gouverneur. Das soll sicherstellen, dass zumindest ein Teil des Kontinents für immer der britischen Krone treu bleibt.
Eines der Hauptwerkzeuge, mit denen er seine politische Kampagne führt: Ein riesiges Erdbeerfeld auf seinem Grundstück, in Form einer überdimensionalen Karte des Vereinigten Königreichs. Auch Trauungszeremonien will der selbsternannte Gouverneur auf seinem Hoheitsgebiet anbieten, idealerweise für Damen von nobler britischer Abstammung. Und - ganz der ehemalige Postbote - benötigt ein eigenes Land auch seine eigenen Briefmarken. In der königstreuen Provinz Bumbunga selbstverständlich mit dem Konterfei von britischen Royals.
Letztendlich existiert die Provinz länger als das recht bald verdorrte Erdbeerfeld, nämlich bis ins Jahr 1999. Dann wird ihr Gründer verhaftet und angeklagt wegen des Besitzes von Schusswaffen. Alex Brackstone beharrt als selbsternannter Gouverneur noch auf diplomatische Immunität - am Ende der Provinz Bumbunga ändert das nichts mehr. Denn die ist zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon längst vergessen. Nur in einer Sache ließ sich die Mikronation des ehemaligen Postboten nicht unterkriegen: Ihre Briefmarken sind unter Sammlern sehr begehrt.