21. Februar 1918 Incas, der letzte Karolinasittich
Er war der einzige nordamerikanische Papagei: der Karolinasittich. Er lebte wohl vom Tal des Ohio bis zum Golf von Mexiko. Dann kamen die Siedler die Karolinasittiche wurden weniger und weniger. Incas, der letzte in Gefangenschaft gehaltene Karolinasittich, starb am 21. Februar 1918. Autorin: Anja Mösing
21. Februar
Freitag, 21. Februar 2025
Autor(in): Anja Mösing
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Frank Halbach
Sie müssen so umwerfend ausgesehen haben!
Wo sie auch waren: Ob in den sumpfigen Mangrovenwäldern Floridas, oben in den Baumkronen! Oder in den Lianen der herabhängenden Schling-pflanzen. Oder in den Baumriesen entlang der endlosen Flussläufe! Überall flogen sie herum, sogar an den Südküsten der großen Seen: Schwärme aus bunten Vögeln. Jeder einzelne Vogel fast so groß wie ein Turmfalke aber mit leuchtend grünem, schillerndem Gefieder! Nur Kopf und Nacken waren hellgelb. Und die zarten Federn rund um die großen Augen und auf der Stirn leuchteten sogar hellrot.
Laute Edelsteine
Wie ein Schwarm aus übergroßen fliegenden Edelsteinen zogen sie über den Himmel Nordamerikas. Aber anders als Edelsteine waren sie verdammt laut!
Meilenweit soll man ihre Rufe gehört haben: So ähnlich wie Qui-i-i-i oder Qui soll es geklungen haben. Schließlich waren es Papageienvögel.
So ganz genau weiß es aber niemand, denn: es gibt sie nicht mehr.
Am 21. Februar 1918 ist der letzte Karolinasittich gestorben. Er hieß Incas und gilt als der Letzte seiner Art. 30 Jahre lang lebte Incas im Staat Ohio, im damals wie heute berühmten Zoo von Cincinnati, in einem Käfig zusammen mit Lady Jane. Lady Jane war schon ein paar Monate zuvor gestorben und Karolinasittiche sind nun mal keine Einzelgänger.
Nicht nur für den einsamen Incas, überhaupt kam so einiges richtig blöd zusammen für diese Schönheiten der Vogelwelt.
Zum einen waren Karolinasittiche die einzigen Papageien, die sich so weit nördlich niederließen, fern der Tropen. Schon vor Millionen von Jahren, als der Superkontinent Gondwana existierte, begann die evolutionäre Reise dieser Vögel. Als sich Südamerika von Afrika trennte, machten Karolinasittiche sich bereits auf den Weg nach Norden.
Zum anderen war da ihre Schönheit: Mit den prächtig bunt schillernden langen Schwanzfedern verzierten schon Ureinwohner wie die Iowa und die Arikaree ihre Friedenspfeifen. Als Nordamerika dann von Einwanderern aus aller Welt bevölkerte wurde, schätzten auch sie die zauberhaften Federn der Karolinasittiche: als Putz für Hüte von Männern und Frauen.
Doch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch…
Und dann war da noch das hier: Karolinasittiche hatten ein spezielles Sozialverhalten. Wurde ein Vogel aus ihrem Schwarm verletzt und fiel zu Boden, flogen alle anderen nicht einfach davon. Nein, der Schwarm kehrte zurück, um den abgestürzten Mitsittich zu begutachten!
Was Karolinasittichen offenbar Millionen von Jahren dabei geholfen hatte, ihr Überleben zu sichern, wurde mit dem Auftauchen bewaffneter Menschen zum Nachteil. Und Vogeljäger konnten es kaum fassen: In aller Ruhe konnten sie einen ganzen Schwarm so nach und nach vom Himmel schießen. Bis zum letzten Vogel.
Denn so kostbar es auch aussah, wenn sich so ein Vogelschwarm niederließ und sich wie ein schimmernder Teppich auf mühsam geerntete Korngarben legte – die Vögel fraßen alles auf! Das ärgerte die Farmer der neuen Welt.
Als Vogelkundlern endlich auffällt, wie dramatisch die Karolinasittiche dezimiert waren, ist es schon zu spät.