04.05.1932 Al Capone wird ins Bundesgefängnis nach Atlanta überstellt
Wenn das Geschäft läuft, dann läuft es, egal wo der Firmensitz gerade ist – in einem feudalen Bürogebäude oder in einer engen Knastzelle. Natürlich kommt es dabei auch auf einen findigen Firmenchef an – wie Al Capone. Autor: Thomas Grasberger
04. Mai
Freitag, 04. Mai 2018
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Unsereins macht sich als Laie ja gar keine Vorstellungen davon, welche strategische Bedeutung ein gut gewählter Firmensitz für mittelständische Unternehmen hat. Nehmen wir als Beispiel den Geschäftsmann Alphonse Gabriel Capone. Als Sohn italienischer Einwanderer in Brooklyn geboren und aufgewachsen, schlägt der junge Al Capone erst seine Lehrerin – nämlich mitten ins Gesicht – und danach sich selbst, nämlich durch – als Kleinkrimineller in Bordellen und illegalen Kneipen. Der Handel mit Alkohol war damals verboten, weshalb er für findige Jungunternehmer wie Capone eine ausgesprochen lukrative Einnahmequelle darstellte. Führungsstärke, Organisationsfähigkeit, Mediengewandtheit und Rücksichtlosigkeit – all diese Talente konnte Al Capone freilich erst so richtig unter Beweis stellen, als er seinen Firmensitz nach Chicago verlegt hatte.
Das Imperium wächst
Dort leitete er bald eine der berüchtigtsten Gangsterorganisationen der Stadt und machte das, was ein Chicagoer Geschäftsmann damals halt so machte: Geld kassieren, Politiker schmieren, Journalisten einschüchtern, Zeugen beseitigen. Kurzum, Al Capone war ein ehrenwerter Mann und Familienvater. Zumindest sah er sich selbst so. Auf seiner Visitenkarte stand ganz bescheiden: Antiquitätenhändler. Nach außen großzügig, charmant und freundlich, war er in Wirklichkeit brutal und gnadenlos. Konflikte mit Mitbewerbern löste er am liebsten in Hinterhöfen, mit Maschinenpistolen. Als ihm selbst die Luft in Chicago zu bleihaltig wurde, verlegte er seinen Firmensitz nach Florida. Das Geschäft lief weiterhin gut. Sein Vermögen soll nach heutigem Wert eineinhalb Milliarden US-Dollar betragen haben.
Hochmut kommt vor dem Fall
Eines Tages aber übertrieb es dieser Al Capone. Seine Gang massakrierte sechs Mitglieder von der Konkurrenz, und der US-Präsident selbst erklärte den Bandenchef zum Staatsfeind Nummer eins. Was der Kripo lange nicht gelungen war, schaffte dann das Finanzamt. Wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche musste der alerte Unternehmer für elf Jahre unfreiwillig seinen Firmensitz verlegen: Am 4. Mai 1932 brachte ein speziell gesicherter Eisenbahnwaggon Al Capone ins Bundesgefängnis von Atlanta, Georgia. Der härteste Knast ever! Hieß es damals.
Aber auch damit kam der Boss gut klar. Offiziell als Schuster beschäftigt, führte der Musterhäftling von seiner Zelle aus die Geschäfte weiter. Er traf berühmte Mafia-Kollegen und hatte ein fürstliches Leben hinter Gittern – mit Teppich an der Wand, Zigarre im Gesicht und Bargeld in der Tasche! Der neue Unternehmenssitz hatte also durchaus seine Vorteile, was auch den Behörden nicht verborgen blieb; weshalb man den Promi-Gangster 1934 dann nach Alcatraz verlegte. Ein Hochsicherheitsgefängnis auf einer Insel in der Bucht von San Francisco! Also quasi ein Offshore-Firmensitz. Der erwies sich dann doch als etwas zu abgelegen. Keine Zeitungen, kaum Briefe und so gut wie keine Besuche – das ist natürlich schlecht fürs Geschäft. Nach fünf Jahren kam Al Capone zwar frühzeitig wieder raus, wegen guter Führung, aber seine Gesundheit war ruiniert. Und seine Karriere als ehrbarer Kaufmann endgültig beendet.