Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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30. September 2007 Deutsche Frauenfußballnationalmannschaft wird zum zweiten Mal Weltmeister

Mädchen an den Ball! Heute ist das kein Kampfruf mehr. Lange Jahre aber mussten Frauen und Mädchen, die eben Fußball spielen wollten, reichlich kämpfen gegen Vorurteile, gegen Männer und nicht zuletzt gegen die Vorstellungen der Funktionäre der Fußballvereine und -verbände. Autorin: Katharina Hübel

Stand: 30.09.2024

30.09.2007: Deutsche Frauenfußballnationalmannschaft wird zum zweiten Mal Weltmeister

30 September

Montag, 30. September 2024

Autor(in): Katharina Hübel

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Der kurz geschorene Rasen ist durchtränkt von Wasser, immer wieder peitscht Wind durch das Stadion. Es ist September 2007, Taifun-Saison in China. Doch statt mit Gummistiefeln und Friesennerz rennen zweiundzwanzig Frauen in Stollenschuhen und Shorts auf die Fläche. Es ist Frauenfußball-WM und die deutsche Nationalelf soll ihren Titel verteidigen, während in Shanghai 200.000 Menschen evakuiert werden und das Wasser knöchelhoch in den Straßen steht. Doch was ist schon ein Taifun?

Immer am Ball

Dem deutschen Frauenfußball ist in seiner Geschichte schon anderer Wind entgegengeweht. Frauenfußball gibt es zwar seit Ende des 19. Jahrhunderts, vor allem in England und Schottland. Doch im deutschen Kaiserreich sind Frauen, die in aller Öffentlichkeit Bälle kicken, verboten. Durch Springen und Beinspreizen könnten Sexualorgane verrutschen, so die vernunftbemühte Begründung. Eine befürchtete "Verminderung der Liebe zum stillen häuslichen Wirken" wohl eher zutreffend.

Keine Damen auf den Rasen

Und dann brandet ein ganzer Sturm auf, als 1930 die Metzgerstochter Lotte Specht in Frankfurt den ersten deutschen Damenfußballclub gründet: Männer belagern das Fußballfeld, beschimpfen sie und ihre Teamkolleginnen als "Mannweiber", Steine fliegen. Die Presse macht sich lustig und die Kundschaft in der Metzgerei beschwert sich beim Herrn Vater. Nach einem Jahr Katastrophenalarm gibt Lotte Specht auf. In den 1950er Jahren steht der Wind günstiger.
In den Hinterhöfen trauen sich Frauen in Deutschland, Fußball zu spielen. Aber auch nur da. Denn es brodelt: Der Deutsche Fußballbund verbietet seinen Vereinen, Frauen-Trainings anzubieten, Sportplätze für Frauen zu öffnen oder Schiedsrichter für Frauenfußballturniere zur Verfügung zu stellen. 1956 wird in Essen trotzdem der erste so genannte Westdeutsche Damen-Fußball-Verband gegründet. Der "Kampf gegen den Damenfußball" geht für den DFB weiter: Er wird jahrzehntelang noch vieles dafür tun, um kickenden Frauen möglichst viel entgegenzusetzen. Und dann geht es doch nicht mehr anders: Der DFB muss eine offizielle Frauennationalelf in den 1980ern aufstellen lassen.

Doch auch als dann 1989 die deutschen Fußballerinnen ihren ersten EM-Titel erstürmen, hat sich der Fußballhimmel immer noch nicht ganz aufgeklart: Statt einer Prämie wie bei den Männern gibt’s ein Porzellan-Service für den gepflegten Nachmittagskaffee. Doch die Zeiten ändern sich: 2003 wird Deutschland Weltmeisterin. Das Extremwetter beim DFB beginnt sich zu verziehen. Taifunbedingungen: nur noch in China am 30. September 2007, als es gilt, den Titel zu verteidigen. Birgit Prinz, deutsche Rekordnationalspielerin und mehrfache Weltfußballerin, schießt das erste Tor des Finales. Brenzlige Situation: Elfmeter für Brasilien. Torhüterin Nadine Angerer hält. Ein gefährlicher Freistoß. Nadine Angerer hält. Sie lässt auch sonst nichts durch und wird dafür am Ende der WM mit dem Goldenen Handschuh geadelt. Dann: 2:0 von Simone Laudehr. Abpfiff. Die deutsche Frauennationalmannschaft wird zum zweiten Mal Weltmeisterin.


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