Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Januar 1913 Egon Schiele wird aufgenommen in den Bund österreichischer Künstler

Egon Schiele sieht in Gustav Klimt ein geliebtes Vorbild, einen verehrten Meister. Klimt erkennt Schieles Genie und nimmt ihn am 17. Januar 1913 in den Bund österreichischer Künstler auf. Und er hat nichts dagegen, dass Schiele sehr offensichtlich künstlerisch über ihn hinaus will. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 17.01.2025

17.01.1913: Egon Schiele wird aufgenommen in den Bund österreichischer Künstler

17 Januar

Freitag, 17. Januar 2025

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Christian Baumann

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Der Maler Egon Schiele, geboren 1890 in Tulln bei Wien als Sohn des Bahnhofvorstands, erprobte sein enormes Talent schon als Kleinkind beim Malen von Zügen. Sein Vater freute sich und fasste für ihn eine Laufbahn als Eisenbahningenieur ins Auge. Egon aber interessierte sich nur für die Kunst und vor allem für die skandalträchtige Wiener Kunstszene.

Sein wie Klimt

Ein Maler namens Gustav Klimt hatte dort die Sezession gegründet, eine Künstlervereinigung, die von Symbolismus, Impressionismus und Jugendstil geprägt war und Anschluss an die europäische Moderne suchte. Klimt entwickelte einen dekorativen, farbenfrohen Malstil, der die natürliche Wiedergabe von Körperformen mit abstrakten ornamentalen Mustern verbindet. Seine Gemälde rebellieren gegen die Verdrängung der Schönheit aus dem technischen Zeitalter. Sie bringen, inspiriert vom Zeitgenossen Sigmund Freud, die geheimen Gelüste und Ängste der Dargestellten zum Vorschein und zeigen viel Nacktheit und Erotik, wesentlich mehr, als man im gemütlich behäbigen Wien gewohnt war.

Der Junge soll zur Bahn

Das fand der junge Egon Schiele spannend. Doch für seinen Vater kam es ganz und gar nicht in Frage, dass sein Sohn in diesen Kreisen mitmischte, zumal man ja auch so einiges über Klimts lockeres Liebesleben mit seinen Modellen im Atelier hörte. Vater Schiele hatte sich selbst bei einem außerehelichen Fehltritt mit der Syphilis infiziert. Das bedeutete nicht nur jahrelanges aussichtsloses Dahinsiechen, sondern auch Gewissensqualen und soziale Ausgrenzung. Egon Schiele hat das langsame Sterben seines Vaters nie verwunden.

Doch als er dann, erst sechzehn Jahre alt, nach Wien ging, fand er dort den Ersatzvater seiner Träume: Gustav Klimt persönlich. Der förderte das junge Genie auch nach dessen Rauswurf aus der stockkonservativen Kunstakademie, verschaffte ihm Mäzene, Modelle und Ausstellungen und nahm ihn am 17. Januar 1913 in den "Bund österreichischer Künstler" auf. Den hatte Klimt gegründet, nachdem er die Sezession verlassen hatte, weil die ihm zu angepasst geworden war.

Was Klimt allerdings niemals übel nahm, war der Versuch, ihn an künstlerischer Radikalität zu übertreffen, und genau das hatte der junge Schiele sich vorgenommen. Brechen wollte er mit seinem geliebten Meister niemals. Aber über ihn hinausgehen.

Vor allem mit seinen Männerakten löste er sich von Klimts Ästhetizismus. Sie stellen oft Selbstbildnisse dar. Die Körper sind verzerrt, kantig, ausgemergelt, schweben ohne Füße im Bodenlosen, irgendwo zwischen Lust und Tod, oft am Rande des Wahnsinns. Spiegelt sich der junge Künstler im Schicksal seines verstorbenen Vaters? Vielleicht, aber sicher auch im Schicksal seiner eigenen Generation, die in einer entwurzelten, vom technischen Fortschritt besessenen Welt der Katastrophe des Ersten Weltkrieges entgegentrieb. Klimts Kunst trägt noch das Versprechen in sich, die Welt schöner und freier zu machen, doch bei Schiele ist es brüchig geworden. Er stößt in Österreich die Tür auf zum Expressionismus.


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