Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Oktober 1933 Einstein wandert aus

Braune Horden, grölende Massen und ein beispielloser intellektueller Aderlass sind nur ein paar Resultate dessen, was in Deutschland nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten geschah. Albert Einstein hatte früh gewarnt, jetzt, am 17.10.1933 floh er ins Exil, in die USA nach Princeton, New Jersey. Autorin: Katharina Hübel

Stand: 17.10.2024

17.10.1933: Einstein wandert aus

17 Oktober

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Autor(in): Katharina Hübel

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Frank Halbach

Was haben Röhrenfernseher, GPS-Tracker, Strichcodes auf Supermarktware, der CD-Player, Lichtschranken, Solarmodule und Atomkraft gemein? Sie alle gäbe es nicht ohne den einen Wissenschaftler, der, der gerne in wirrem weißen Haar dargestellt wird, der uns auf Andi Warhol-Bildern entgegenknallt, der das Vorbild für Yoda bei "Star Wars" ist, angeblich keine Socken mochte und stets barfuß in Schuhen unterwegs war, der seine Geige
"Lina" nannte und seinem depressiven Papagei zur Aufheiterung Witze erzählte, angeblich nie Schwimmen gelernt hatte und dennoch begeisterter Segler war, dessen Nobelpreis die Scheidung mit seiner ersten Ehefrau finanzierte, der mit Charlie Chaplin befreundet war und an seinem 72. Geburtstag einem Reporter frech die Zunge entgegenstreckte und damit ein ikonisches Bild für die Ewigkeit schuf.

Hass und Masse

Der Ulmer Physiker: Albert Einstein. E gleich M mal C Quadrat. 1905 gilt als das Jahr, in dem er die Welt mit seinen Theorien auf den Kopf stellte. Und 1933 als das Jahr, in dem er nicht wieder nach Deutschland zurückkehrte. Den Hass der Nazis hatte er schon viele Jahre vor ihrer Machtergreifung zu spüren bekommen: weil seine Theorien zu revolutionär erschienen. In Fachkreisen jedoch war er hoch angesehen: 1929 ehrte ihn die Deutsche Physikalische Gesellschaft gemeinsam mit Max Planck. Nicht ganz ohne bitteren Beigeschmack: Albert Einstein, der aus einer jüdischen Familie kam, wurde auf dem Weg zum Institut mit fast tausend grölenden nationalsozialistischen Studenten konfrontiert. Sie schrien zwar nicht seinetwegen – sondern wegen zehn Jahren Versailler Vertrag, doch Einstein ahnte angesichts der skandierenden Masse: Lange wird er nicht mehr in Deutschland leben können.
Er hatte sich stets offen zur freien Meinungsäußerung bekannt und gegen den Faschismus positioniert. Nach den Ereignissen von 1933 wartete er dann nicht mehr lange ab.

Neue Heimat

Seit ein paar Jahren schon hatte er eine Gastprofessur in Princeton und hielt sich regelmäßig in den USA auf. Mit Edwin Hubble, dem Entdecker des Urknalls, diskutierte er die Rätsel des Universums. Nichts mehr, was ihn in Deutschland hielt: Am 17. Oktober 1933 kam er in New York an, um zu bleiben. Sein Rückfahrticket ließ er verfallen. Die Universität in Princeton wurde nicht nur Albert Einsteins Zufluchtsort, sondern im Verlauf der Jahre auch zu einem wichtigen Ort des wissenschaftlichen Exils für andere. Albert Einstein unterstützte viele seiner Kollegen bei der Flucht in die USA, bürgte finanziell für sie, verfasste Empfehlungsschreiben und brachte sie in Brot und Arbeit in der neuen Heimat. Er bezeichnete sich selbst 1938 als "Vermittlungsbüro für Verfolgte sowie für intellektuelle Sonderlinge", er könne versichern, "dass das Geschäft in ungeheurem Schwung" sei. Nur wenige Straßen weiter von ihm lebte ein weiterer prominenter Exilant aus Deutschland: Thomas Mann. Doch anders als die Manns wollte Albert Einstein nie wieder nach Deutschland, in das Land, das viele seiner Weggefährten und auch Angehörigen getötet hatte, zurückkehren.


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