Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. September 1901 Erster Bodybuilding-Wettbewerb

Aussehen wie eine antike Statue von Herkules? Dazu braucht es nicht nur hartes Training und viel Nahrung, sondern auch Disziplin. Den ersten Wettbewerb im Bodybuilding veranstaltete ein Preuße in der Londoner Royal Albert Hall. Aussehen sollten die Teilnehmenden wie antike Helden. Autorin: Anja Mösing

Stand: 14.09.2021 | Archiv

14.9.1901: Erster Bodybuilding-Wettbewerb in der Royal Albert Hall

14 September

Dienstag, 14. September 2021

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wer gern und oft seine Muskeln spielen lässt, muss noch lange nicht ungebildet sein! Auch wer gern und oft nackte, muskulöse Körper bestaunt, muss noch lange kein Lustmolch sein. Er könnte einfach… ein Bewunderer der antiken Kunst sein?! Oder eine Bewunderin?!

Wunderschöne marmorne Statuen wurden in der Antike geschaffen, die Götter und mythische Helden bei ihren vielfältigen Beschäftigungen zeigen: Herakles, wie er eine vielköpfige Schlange würgt, oder wie er nach vollbrachter Aufgabe, einen großen Knüppel schultert!

Fesche Steinkörper

Natürlich gab es Zeiten, in denen sich schamvoll das eine oder andere Laub auf das Gemächt der Statuen legte. Aber generell zeigen Herakles, Dionysos, Hermes und wie sie alle heißen, viel blanke Haut: Prall gespannt über einem wohlproportionierten, makellosen Körper mit formschönen Muskeln. Muskeln wie sie eben nur antike Götter und überirdische mythische Helden besitzen konnten.

Das kann der Mensch auch!

Bis – naja, ein Mensch auf die Idee kam, menschliche Körper so zu trainieren, dass sie antiken Vorbildern extrem nah kommen. Fast wie lebende Statuen sollten sie aussehen. Drei Jahre lang suchte Eugen Sandow im vereinten Königreich von England auf kleinen regionalen Veranstaltungen nach den am besten trainierten Männerkörpern des Landes. Sandow lebte zwar in England, stammte aber aus Preußen. Und er war zu der Zeit ein weltweit gefeierter Kraft-Athlet und Unternehmer.

Die 60 formschönsten Männer präsentierte Sandow dem Publikum am 14. September 1901 auf dem ersten Bodybuilding Wettbewerb der Welt, in der Londoner Royal Albert Hall. Schon von außen erinnert das damals erst 30 Jahre alte, runde Gebäude stark an das Kolosseum in Rom. Das größte Amphitheater der Antike.

Schon beim Eintritt wurde das Publikum also auf die ungewöhnlichen Darbietungen eingestimmt. Nicht unwichtig in einer Zeit, als unbekleidete Damenknöchel noch für einen Skandal sorgen konnten. Mit 15.000 Besuchern war die Royal Albert Hall an diesem Abend ausverkauft. Hunderte Londoner sollen an den Türen abgewiesen worden sein. Drinnen gab es einige Ringkämpfe und Degenfechter und dann: Die Wahl!

Über die Männerkörper, mit nichts bekleidet als schwarzen Strumpfhosen, einem breiten Gürtel und einem Leopardenfell a la Herkules, urteilten zwei Prominente als Juroren: Der eine war der angesehene Bildhauer und Sportler Sir Charles Bennet Lawes, der andere der erfolgreiche Sherlock Holmes-Autor Arthur Conan Doyle. [!erst ab 1902 Sir!]

Neu war, dass einzig das Bild zählte, das die Wettbewerbsteilnehmer machten:

Sie präsentierten ihren Körper in verschiedenen Posen. Beurteilt wurde die Qualität ihrer Haut, ihrer Sehnen und Muskeln und die Ausgewogenheit ihres Wuchses und ihre Gesundheit. Ihre Kraft mussten sie nicht beweisen, wie sonst die Muskelmänner im Zirkus. Sie mussten keine Gewichte oder Pferde stemmen.

Gewinner wurde William Murray, ein Mann aus Nottingham. Er bekam einen Geldbeutel mit 1.000 Guineen und eine kleine goldene Statuette. Sie zeigt Eugen Sandows nackten wohlproportionierten Körper. Den Mann, der das Bodybuilding erfand.


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