19. März 1905 Erster Torabfahrtslauf am Muckenkogel
Wie kommt man sicher einen Berg runter auf Brettern? Schnell wäre auch nicht verkehrt. Das denkt sich der aus Tschechien stammende Matthias Zdarsky. In seiner neuen Heimat Österreich veranstaltet der Skipionier den ersten Torlauf, auch wenn der Muckenkogel dafür nicht ideal ist. Autor: Markus Mähner
19. März
Mittwoch, 19. März 2025
Autor(in): Markus Mähner
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Der knapp 1250 Meter hohe Muckenkogel in Niederösterreich, gut 20 Kilometer südlich von der Landeshauptstadt St. Pölten, ist nicht mit viel Schnee gesegnet. Der letzte noch laufende Einser-Sessellift in ganz Niederösterreich verkehrt bloß mehr im Sommer. Das ehemalige Skigebiet nutzen höchstens noch Skitourengeher.
Und doch hat dieser Hügel alpine Wintergeschichte geschrieben. Denn am 19. März 1905 findet hier der erste alpine Torabfahrtslauf der Skigeschichte statt. Aufgestiegen wird damals - wie heute wieder – aus eigener Kraft. Einen Lift gibt es noch nicht.
Aufi und obi
Organisiert hatte den Lauf der damals fast 50-jährige Matthias Zdarsky. Zdarsky, in Mähren geboren, kauft sich 1889 einen Bergbauernhof in der Nähe des Muckenkogels. Und wie es der Zufall so will, gibt es oberhalb seines Hauses einige schöne freie Hänge, die im Winter mit Schnee bedeckt sind. Und wie der Zufall so weiter… kurz darauf veröffentlicht der Polarforscher Fridtjof Nansen einen Bericht, wie er auf "Gleithölzern" Grönland durchquert hat. Zdarsky, der sich zu Fuß zwei Jahre lang Winters durch den Schnee zu seinem Hof gequält hatte, ist sofort begeistert: Das wäre doch auch die Lösung für ihn. Sofort bestellt er sich Norwegerhölzer, wie sie Nansen beschreibt. Doch zu seiner herben Enttäuschung sind diese drei Meter langen Ungetüme für eine Fortbewegung in den Bergen völlig ungeeignet - zudem halten die Bretter, lediglich mit zwei Lederriemen ausgestattet, leidlich am Schuh.
Ski kann besser
Viele Jahre lang tüftelt nun Zdarsky an einer stabilen Bindung und testet sie hinter seinem Haus. Als er nach 200 verschiedenen Prototypen endlich das gewünschte Ergebnis erzielt, will er seine Erfindung sogleich der Welt präsentieren. Da liest er bereits von tollkühnen Skifahrern, die über eisige Klüfte und Abgründe springen und auf ihren Ski von den höchsten Gipfeln zu Tale rasen. Doch als er diese "Meister" sieht, kann er seinen Spott kaum zurückhalten: Auf einer nahezu flachen Wiese rutschen und purzeln diese grandiosen Skimeister die verschneite Ebene herab - in "abgestochener Saustellung", wie Zdarsky dazu schreibt. An die Überlegenheit seiner Bindung und Skitechnik glaubt dennoch niemand. So ruft er in verschiedenen Zeitungen zu einem Wettfahren auf. Einzige Bedingung: Der Hang muss alpin sein, also mindestens eine Neigung von 35-50 Grad haben und Hindernisse wie Bäume oder Felsen aufweisen. Da wird es still im Walde der tollkühnen Skimeister.
Also veranstaltet Zdarsky schließlich selbst einen Torlauf und lädt allerlei Skibegeisterte ein. Auf Schnelligkeit kommt es ihm dabei nicht an. Wichtig ist die elegante Abfahrt im steilen Schneehang. Gewonnen hat jeder, der innerhalb einer großzügig gewählten Zeit unten ankommt. Und das möglichst Sturzfrei - was außer Zdarsky niemandem gelingt.
Übrigens: Eigentlich hatte Zdarsky diesen geschichtsträchtigen Torlauf bereits drei Wochen vorher abhalten wollen und zudem noch einige Skitricks aufführen, doch auch schon damals macht ihm der schneearme Muckenkogel einen Strich durch die Rechnung.