22. Dezember 1882 Erster mit elektrischen Kerzen beleuchteter Christbaum
Zwei Jahre nach Thomas Edisons Patent auf die Glühbirne ließ sein Geschäftspartner, Edward Johnson, New York staunen: Bei der Edison Electric Light Company auf der East 36th Street in Manhattan strahlte der der weltweit erste Weihnachtsbaum, der mit einer elektrischen Lichterkette geschmückt war. Autor: Simon Demmelhuber
22. Dezember
Freitag, 22. Dezember 2023
Autor(in): Simon Demmelhuber
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Frank Halbach
Thomas Alva Edison hat große Pläne: Es werde Licht! Elektrisches Licht! In New York, in Amerika und bald schon überall auf der Welt sollen seine Glühlampen die Finsternis vertreiben. Die Entwicklung aller Einzelteile zur Erzeugung, Verteilung und Vermarktung der elektrischen Energie hat Jahre gedauert und Millionen gekostet. Jetzt geht es endlich los. Jetzt will er Kraftwerke bauen, Kabel verlegen, Kunden gewinnen und den Segen der Elektrizität für die Alltagsnutzung erschließen.
Wo die neue Zeit anbrechen soll, steht bereits fest. Da kommt nur New York City in Frage. Keine Stadt wächst schneller, keine brummt und bebt so sehr vor Tatendrang, Ehrgeiz und Lust auf Erneuerung. Wer es hier schafft, schafft es überall. Und darum soll die Edison Electric Illuminating Company genau hier eine Leuchtspur in den Himmel schreiben, die anderen den Weg in eine strahlende Zukunft weißt.
Weihnachtswunder im Hochparterre
Alles ist bereit für den großen Start. Im September 1882 hat Edison in der Lower East Side das erste öffentliche E-Werk der Welt in Betrieb genommen und Leitungen vergraben. Doch die sonst so technikfrohen New Yorker zögern. Die unsichtbare Kraft in den Drähten ist vielen nicht geheuer. Kann man ihr trauen? Ist sie gefährlich? Macht sie krank? Oder gar blind? Man hört so allerhand und kaum Gutes!
Gegen Ängste und Gerüchte richten Argumente wenig aus. Die Menschen müssen elektrisches Licht mit Freude, mit Behagen und Vertrauen verbinden, sonst haben Edison und seine Investoren ihr Geld buchstäblich in den Sand gesetzt. Und damit kommt Edward Hibberd Johnson ins Spiel.
Er ist nicht nur Vizepräsident der Electric Illuminating Company und ein Elektro-Nerd der ersten Stunde. Er ist vor allem ein Verkaufsgenie! Jemand, der weiß, welche Köder er auswerfen muss.
Dazu lässt Johnson erst 80 walnussgroße weiß, blau und rot gefärbte Edisonlampen fertigen und auf einen Kupferdraht reihen. Dann windet er den Draht um eine prächtige Tanne, behängt die Zweige mit Engelhaar, Strohsternen, Nüssen und stellt den Baum ins Erkerfenster seines Hauses in der 5th Avenue. Als es am 22. Dezember 1882 in den Straßen dunkelt, schließt Edward Johnson die Lichterkette erstmals ans Stromnetz an. Und da geht ein Leuchten hinaus in die Dunkelheit, ein farbiges Funkeln, ein blinkendes Lichterfest, wie es New York noch nie zuvor gesehen hat. Immer mehr Passanten bleiben stehen und staunen verzaubert empor zum Weihnachtswunder im Hochparterre.
Etwas Hübscheres kann sich kaum jemand denken
Was drinnen zu sehen ist, berichten Zeitungsleute, denen der PR-Fuchs sein Wohnzimmer öffnet. Einer von ihnen lässt uns heute noch erleben, wie sehr ihn der erste elektrisch beleuchtete Christbaum bewegt: "Als sich die Tür zum Salon öffnet, blendet uns ein fließender Schimmer wechselnder Farben. Während ein Elektromotor den Baum lautlos dreht, schalten verborgene Kontakte die bunten Lampen ein und aus. Nach jeder vollen Umdrehung erlöschen kurz sämtliche Lichter, bevor sie erneut erstrahlen. So tanzt, kreist, zwinkert und blinkert es rot, weiß und blau die ganze Nacht und wirklich: etwas Hübscheres kann sich kaum jemand denken."