Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. Dezember 1955 Falsch verbunden - Weihnachtsmann-Hotline beim US-Militär

Am 24. Dezember 1955 klingelt beim US-Luftverteidigungskommando der geheime Telefonanschluss zum Pentagon. Doch der Anruf kommt nicht vom Präsidenten, sondern von einem kleinen Mädchen auf der Suche nach dem Weihnachtsmann. Autorin: Prisca Straub

Stand: 24.12.2019 | Archiv

24.12.1955: Falsch verbunden - Weihnachtsmann-Hotline beim US-Militär

24 Dezember

Dienstag, 24. Dezember 2019

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Dem diensthabenden Offizier des nordamerikanischen Luftverteidigungskommandos schießt das Blut eiskalt durch die Adern: Das Telefon klingelt! - Dieser streng geheime Anschluss, der heiße Draht ins Pentagon, die Notfallnummer für den nationalen Krisenfall - heute, am Heiligen Abend!

Totenstille herrscht im Continental Air Defense Command im US-Bundesstaat Colorado, als der Befehlshaber zum Hörer greift: "Hier ist Colonel Harry Shoup! Wer ist bitte dort?" - Nichts als Stille. Droht ein feindlicher Raketenangriff? Ein russischer Atomsprengkopf? "Hello?“, Harry Shoup am Apparat! - "Can you hear me?"

Dann - plötzlich, eine verschüchterte Mädchenstimme: "Are you really Santa Claus?" Bist Du wirklich der Weihnachtsmann? - "Oh, what?“ Bitte was?, donnert der Colonel. "This is not funny!" Die Kollegen starren ihn entsetzt an - höchste Alarmbereitschaft. - "Santa Claus? Are you there?", piepst es noch einmal aus dem Hörer. Jetzt ist es um die militärische Haltung von Colonel Shoup endgültig geschehen.

Colonel Harry Shoup spielt den Weihnachtsmann

Es ist der 24. Dezember 1955 - später Nachmittag. Auf der halben Welt warten die Kinder ungeduldig auf den Weihnachtsmann. Und Colonel Harry Shoup - legt kurzentschlossen den Befehlston ab und murmelt - "Hoohoo! Have you been a good girl?" Warst Du auch schön brav, meine Kleine?

Im Kontrollraum des Luftverteidigungskommandos können die Untergebenen kaum glauben, was sie da zu hören bekommen: Der Colonel entschuldigt sich - eine Verspätung: Der Schlitten, "my dear" - eine kleine Panne. Nein, nichts Ernstes, "you know!" Dann lässt sich Harry Shoup eine ausführliche Wunschliste diktieren und gibt Auskunft über die Lieblingsspeise von Rentier Rudolph - frischer Hafer! Ach so!

Hochzufrieden legt das Mädchen schließlich auf. - Doch das Telefon wird an diesem Abend noch sehr häufig klingeln. Hunderte von weiteren Kindern sind auf der Suche - nach dem Weihnachtsmann.

Schuld an der weihnachtlichen Pannenserie im Kontrollraum war - wie sich später herausstellte - eine fehlerhafte Anzeige im Lokalblättchen von Colorado Springs. "Hey Kiddies", hieß es da in einer Kaufhaus-Werbung: "Ruft mich an! - Der direkte Draht zu Santa Claus!" Nur eben mit einem fatalen Zahlendreher in der abgedruckten Telefonnummer.

Weihnachtsmann-Tracking

Ein Fehler mit langfristigen Folgen: Eine Tradition war geboren. Seitdem geben die Soldaten des nordamerikanischen Luft- und Weltraum-Verteidigungskommandos in Colorado Springs jedes Jahr zu Weihnachten die offizielle Position von Santa Claus durch. Mit todernster Miene verfolgen sie die Bewegungen der nächtlichen Schlittenfahrt auf den Bildschirmen und bestimmen die Koordinaten - leichter Schneefall, "airspace is clear". Wer möchte, kann per Internet live dabei zusehen. Hunderte von Freiwilligen nehmen Kinderanrufe aus der ganzen Welt entgegen: Wo ist Santa Claus? Wann ist er endlich da?

Übrigens: Harry Shoup trug seit dem denkwürdigen Weihnachtsanruf auf seiner Visitenkarte den Ehrennamen "Santa Colonel". Das war das Highlight meiner Karriere, sagte er im Rückblick: "definitely!"


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