23. Februar 1997 Auf der Raumstation "Mir" bricht Feuer aus
Aufregung herrschte am 23. Februar 1997 auf der russischen Raumstation "Mir" - Feuer! Eine Patrone zur Sauerstofferzeugung hatte sich so stark erhitzt, dass es zu starker Rauchentwicklung kam. Die sechs Kosmonauten, unter ihnen der Deutsche Reinhold Ewald reagierten und konnten den Brand löschen. Autor: Jean-Marie Magro
23. Februar
Freitag, 23. Februar 2024
Autor(in): Jean-Marie Magro
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Redaktion: Frank Halbach
Am 24. Februar 1997 herrscht große Aufregung in der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Köln-Porz. Für den frühen Nachmittag hat sich Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers angekündigt. Er möchte über Funk mit Reinhold Ewald sprechen. Ewald ist 40 Jahre alt, kommt aus Mönchengladbach und befindet sich zu diesem Zeitpunkt im All, genauer gesagt an Bord der russischen Raumstation "Mir". Aber der Termin wird kurzfristig abgesagt. Keine Verbindung. Der Grund für die Störung: ein Feuer an Bord. Und Reinhold Ewald ist mittendrin. Später erinnert er sich, wie er laut "Paschar" rief, was Feuer auf Russisch bedeutet.
Ein Meilenstein der Raumfahrtgeschichte
In der sowjetischen Raumfahrtgeschichte gibt es drei große Meilensteine: der Start des Sputnik-Satelliten 1957, Juri Gargarins Erstflug 1961, und an dritter Stelle wäre dann schon die Inbetriebnahme der Raumstation "Mir".
Am 13. März 1986 vermeldet eine Nachrichtensprecherin in der DDR-Sendung "Aktuelle Kamera", den Aufbruch der russischen Kosmonauten. "Mir" ist damals die erste Raumstation, die dauerhaft betrieben werden soll. Sie schaffte das Fundament für die heutigen Raumfahrtmissionen. Ohne die Erfahrungen mit der "Mir", wäre Alexander Gerst wahrscheinlich nie ins All zur Internationalen Raumstation ISS geflogen.
Nach dem Fall der Mauer und der Annäherung Russlands an den Westen nehmen auch internationale Raumfahrtagenturen an den Langzeitmissionen teil. Im März 1992 schickt die Europäische Weltraumagentur ESA mit Klaus-Dietrich Flade den ersten Deutschen zur "Mir". Sieben Tage ist er im Weltraum.
Die "Mir", beschreibt Reinhold Ewald, sei das genaue Gegenteil von Science-Fiction-Serien wie Star Trek gewesen. Der Innenraum 13 Meter lang und vier Meter breit.
Der Tag beginnt um 8 Uhr, zu essen gibt es vor allem Tiefkühl- oder Konservenkost. Pumpen und Ventilatoren machen so viel Krach wie eine stark befahrene Straße. Dusche und Toiletten fallen immer wieder aus.
In den 15 Jahren, in denen sie sich im All befindet, umrundet die "Mir" über 86.000 Mal die Erde. Mehr als 100 Raumfahrer beherbergt sie. Aber mit der Zeit nimmt die Zahl der Störfälle zu. Über 1.600 wurden angeblich gezählt. Kühlflüssigkeit tritt aus, der Bordcomputer gibt den Geist auf oder es kommt zu einem Leck in der Schutzhülle.
Zu alt und zu teuer
1997 ist das gefährlichste Jahr für die "Mir". Erst das Feuer, das in einer Sauerstoffanlage ausbricht. Zum Glück können Ewald und seine Kosmonautenkollegen es löschen, auch wenn sie zwei Tage lang Atemmasken tragen müssen. Aber nicht einmal vier Monate später passiert das nächste Unglück: Ein unbemannter Frachter soll neue Ausrüstung bringen. Beim Anflug versagt die automatische Steuerung. Der Frachter kollidiert mit der Mir, bohrt ein Loch in die Außenhaut und beschädigt die Solarzellen. Das Projekt steht vor dem Aus: Zu alt und zu teuer.
Im Juni 2000 verlässt die letzte Besatzung die Raumstation. Am 23. März 2001, fast auf den Tag genau 15 Jahre nach dem Beginn des Projekts, wird die "Mir" gezielt zum Absturz gebracht. Um kurz vor 7 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit verglüht sie in der Erdatmosphäre. Die letzten Trümmer stürzen in den Südpazifik. Die Raumstation, die wohl den Grundstein für die moderne Raumfahrt lieferte, verabschiedet sich mit einer Leuchtspur am Himmel.