Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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6. August 1965 "Help!" erscheint

"Help!" Musikalisch und textlich reifer als die vorangegangenen Alben der Beatles. Und ein Hilfeschrei John Lennons, der deprimiert in seiner "Fetter Elvis"-Phase steckte. Autor: Markus Mähner

Stand: 06.08.2020 | Archiv

06.08.1965: "Help!" erscheint

08 Juni

Montag, 08. Juni 2020

Autor(in): Markus Mähner

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Sie konnten machen was sie wollten: Das Ergebnis war einfach großartig! Im Februar 1965 flogen die Beatles auf die Bahamas, da in England einfach mal wieder schreckliches Wetter herrschte. In der Karibik, wo man zwar eigentlich auch nicht die Badehose auspacken konnte, es aber doch deutlich erträglicher war als in der Heimat, begannen die Vier zusammen mit dem Filmemacher Richard Lester die Dreharbeiten zu ihrem zweiten Film.

Western war gestern

Ursprünglich sollte es ein Western werden mit der wunderhübschen Tochter eines steinreichen texanischen Viehbarons. Doch aus "A talent for loving" wurde schlicht "Help!", aus dem Viehbaron eine fernöstliche Sekte, die Ringo Starr nach dem Leben trachtete und aus der Tochter ein magischer Ring, der den Schlagzeuger zum "glücklichen" Menschenopfer verwandelte. Kurzum: Ein schräge James Bond-Parodie mit allerlei absurder Sprach- und Bildkomik. Und statt Texas besaß der Film nun fast genauso viele Drehorte wie Drehtage! Über den ganzen Globus verteilte himmlisch sinnlose Szenen reihen sich da aneinander: Da taucht zum Beispiel inmitten der Österreichischen Alpen der Tourmanager der Beatles als Langstreckenschwimmer aus einem Eisloch auf und fragt nach den "White Cliffs of Dover". Zuhause in ihrem Liverpooler Reihenhaus wächst Gras, das ein Gärtner mithilfe von mechanischen Gebissen kürzt, während Paul auf der im Boden versenkbaren Orgel spielt und Ringo sich an den Snack- und Getränkeautomaten bedient.

Populärer als Jesus

Doch so sinnfrei und wahllos diese Gags sein mögen, in ihrer unglaublichen Geschwindigkeit und schieren Masse machen sie "Help!" nicht nur zu einem der lockersten und fröhlichsten Filme aller Zeiten, sondern beeinflussten mit Nachdruck Filmemacher wie Spike Lee, Jon Landis oder nicht zuletzt die Monty Pythons.

Doch auch die Beatles selber waren nach "Help!" nicht mehr das was sie einmal gewesen sind. Ab nun experimentierten die gerade mal 25jährigen Liverpooler verstärkt mit neuen, progressiven Spielarten der Popmusik und schufen Kompositionen, die deren Geschichte aufs Nachhaltigste beeinflussen sollten. Unsicher ist, ob das daran lag, dass George Harrison während den Dreharbeiten zum ersten Mal mit der Indischen Musik und der Sitar in Berührung kam, oder ob es an dem verstärkten Genuss von Cannabis lag – Regisseur Richard Lester musste meistens vormittags drehen, da ab dem spätem Mittag die Vier, denen die Welt zu Füßen lag, nur noch kicherten.

Der Film und auch das dazugehörige Musikalbum "Help!", das am 6. August 1965 in England erschien und gleich den ersten Platz der Charts für mehrere Monate besetzte, zeigen die Beatles am Wendepunkt von leichter Muse zur ernsthaften Tonkunst und vermitteln zum letzten Mal eine Leichtigkeit, mit der die Vier - die damals "populärer als Jesus" waren - machen konnten was sie wollten. Und trotzdem kam dabei nur Eines heraus: Großartige Kunst!


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