Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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6. Oktober 2007 Jason Lewis umrundet die Welt allein mit Muskelkraft (06.10.2007)

Steve und Jason wollten ein Zeichen setzen gegen die Zerstörung unseres Planeten: nur mit Muskelkraft die Welt umrunden! Ein Abenteuer, das 13 Jahre dauerte. Ihr etwa acht Meter langes Boot Moksha wurde mit Pedalantrieb angetrieben, und Steve legte darin ca. 74.842 Kilometer zurück. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 06.10.2021 | Archiv

06.10.2007: Jason Lewis umrundet die Welt allein mit Muskelkraft

06 Oktober

Mittwoch, 06. Oktober 2021

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Es war stockfinstre Nacht und Jason paddelte um sein Leben. Mit dem Kanu den Nassersee überqueren, um vom nördlichen Sudan ins ägyptische Abu Simbel zu gelangen - ohne Genehmigung! Gut möglich, dass er von der Grenzpolizei erschossen wurde. Aber stärker als die Todesangst war Jasons Wille, seine Mission zu erfüllen: allein mit Muskelkraft die Welt umrunden! Und jetzt, nach 13 Jahren Reise, war er so kurz vor dem Ziel.

Doch das Glück war diesmal nicht auf seiner Seite. Jason hatte das Ufer bereits erreicht, als die Polizei ihn schnappte. Name? Nationalität? - Jason Lewis, Brite – Lewis? das schrieb sich doch so ähnlich wie Levi…. War ihnen da etwa ein israelischer Spion ins Netz gegangen? Jasons Weltumrundung endete vorläufig im Gefängnis.

Nur mit Muskelkraft um die Welt

Dass Jason mit seinem Paddelboot in der Patsche saß, lag eigentlich an seinem College-Freund Steve Smith. Der hatte bei der OECD gearbeitet und war ins Grübeln geraten darüber, wie wir mit unserem Lebensstil die Erde zerstören. Steve wollte ein Zeichen setzen: nur mit Muskelkraft die Welt umrunden, ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe! Auf seiner Reise würde er Filme über Umweltprobleme drehen und diese in Schulen rund um den Globus zeigen. Und Jason sollte mitkommen. Beide waren Mitte 20. Die Freunde nahmen hohe Schulden auf, schwangen sich auf ihre Räder und fuhren quer durch Europa. An der portugiesischen Atlantikküste wartete dann "Moksha" auf sie! "Moksha", das ist Sanskrit und bedeutet "Befreiung aus dem Kreis der Wiedergeburt". Erleuchtung, das war es, wovon der spirituell veranlagte Jason träumte.

 111 Tage im Atlantik

Aber dieses "Moksha" war das Gegenteil von Befreiung: ein Tretboot mit winziger Kajüte, dass die beiden Abenteurer über den Atlantik in die USA und an ihre eigenen Grenzen brachte. 111 Tage auf kleinstem Raum essen, schlafen und in die Pedale treten. Vor allem Steve kam mit der Enge und Eintönigkeit nicht klar, hatte das Gefühl, verrückt zu werden. Was für eine Nervensäge! Am liebsten hätte Jason den Freund über Bord geschmissen. Er wollte doch auf seiner Blues-Mundharmonika üben, meditieren und, Herrgott nochmal! spirituell den Durchbruch schaffen!

Steve brach die Reise irgendwann ab. Jason zog weiter und überlebte. Einen Verkehrsunfall, einen Krokodilangriff, Malaria... Und auch die ägyptischen Polizisten ließen ihn wieder frei. Insgesamt legte er eine Strecke von knapp 75000 Kilometern zurück, per Rad, Tretboot, Kanu oder Rollerblades… Im Gepäck die Videokassetten, mit denen er in Schulen auftrat. Doch am meisten lernte Jason selbst, von Menschen in den entlegensten Gegenden der Welt, die ihm zeigten, wie eine nachhaltige Lebensweise tatsächlich funktionieren kann.

Nach 13 Jahren beendete er seine Weltumrundung am 06. Oktober 2007 in London – und wurde als Held gefeiert.

Doch Jason selbst sah sich auch als Versager in Sachen Teamgeist, als Egoisten, der sich nicht um seinen verzweifelten Freund gekümmert hatte. Damals in dem kleinen Tretboot in den Weiten des Atlantiks. Die Erleuchtung kommt eben meistens dann, wenn`s zu spät ist.


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