5. Mai 1809 Mary Kies erhält als erste Frau ein Patent
Oft hat man gute Ideen, Frau auch. Doch bis sich Frauen trauen und die Chance bekommen, ihren Namen auch eine Idee zu setzen, sollte es dauern. Die Amerikanerin Mary Dixon ist schließlich die erste Frau mit einem Patent. Dafür entwickelt sie ein Verfahren zur Strohhutherstellung weiter. Autorin: Katharina Hübel
05. Mai
Donnerstag, 05. Mai 2022
Autor(in): Katharina Hübel
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Vincent van Gogh hat einen getragen auf seinem berühmten Selbstportrait. Vivien Leigh in "Vom Winde verweht" mit üppiger Samtschleife passend zum ausladenden Kleid. Audrey Hepburn in "Frühstück bei Tiffany" in XXL. Und auch Theodore Roosevelt schätzte ihn als markantes Accessoire mit Wiedererkennungswert. Den Strohhut. Aus einfachem Material, getrocknetem Schilf und Stroh, gewebt oder geflochten, war er nicht immer Statussymbol beim Pferderennen von Ascot, nicht immer das Topping eines extravaganten Outfits für eine Diva. Vielmehr: Arbeiterhut. Sonnen- und Regenschutz auf dem Feld.
Praktisch: Stroh auf dem Kopf
Auch Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in den USA. In Neuengland, im Nordosten des Landes, war die Hut-Industrie eine der wenigen Branchen, die während des Zweiten Unabhängigkeitskriegs von 1812 florierte. Präsident James Madison wollte unabhängig werden von europäischen Gütern und im eigenen Land Industrie aufbauen. Und da es ihm schwante, dass nicht nur Männer, sondern auch Frauen manchmal gute Ideen haben, die patentiert gehören, veränderte er 1790 das Patentgesetz.
Interessant: Frauen haben auch Ideen!
Die erste Frau, die am 5. Mai 1809 ein Patent einreichte, hieß Mary Dixon Kies. Sie ließ sich ein Verfahren patentieren, mit dem Strohhüte besser produziert werden können - mit Baumwolle und Seide verwoben. Die Frau des Präsidenten, Dolley Madison, gratulierte der damals 47-jährigen Mary Kies höchstpersönlich zu ihrer Erfindung, denn der Staat sah viel Potential darin.
Eigene Produkte, eigene Industrie - das war genau das, was der Präsident wollte, um Europa auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit seines Landes zu beweisen. Mit dem neuen Webverfahren waren sehr modische Exemplare des einfachen Arbeiterhutes möglich.
Es begannen sich aufwändig gerüschte Seidenbänder auf dem Stroh zu türmen und der simple Sonnenschutz wurde recht schick und ansehnlich.
Obacht: nur nicht zu viel Beachtung
Mary Kies hatte sich genau genommen allerdings bei dem Ideenreichtum einer anderen Dame bedient: Betsy Metcalf hatte sich bereits rund zehn Jahre früher Gedanken gemacht, wie sich Stroh für Strohhüte besser verarbeiten lässt. Sie hätte die erste Frau mit Patent sein können - doch sie lehnte das für sich ab. Sie war eine erfolgreiche Geschäftsfrau, beschäftigte viele Hutmacherinnen. Doch Betsy Metcalf wollte nicht, so soll sie gesagt haben, dass ihr Name im Zuge der Patentanmeldung zum Kongress geschickt wird. Zu viel Aufmerksamkeit und Berühmtheit waren die Frauen der Zeit anscheinend noch nicht gewohnt und hegten eher Misstrauen, wenn ihr Name hervorgehoben wurde.
Enttäuschend: Außer Handschlag nix gewesen
Betsy Metcalfs Methode verbreitete sich also ohne Patent recht schnell und kam auch Mary Dixon Kies zu Ohren, die sie weiterentwickelte. Doch außer dem Handschlag der Frau Präsidentin und einem posthumen Eintrag in der National Inventors Hall of Fame im Jahr 2006 schien Mary Kies nicht so viel von ihrer Erfindung profitiert zu haben. Frauen damals durften unabhängig von ihrem Ehemann kein eigenes Vermögen aufbauen.
Reich wurde die erste Frau mit Patent nie.