Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. Februar 1937 Nylon patentiert

Nylon: die erste vollständig synthetisch hergestellte Faser. Das Polyamid wurde als Konkurrenz zur japanischen Naturseide entwickelt und trat auch unter dem Namen Perlon und Dederon seinen Siegeszug in der Welt der Strümpfe an, nachdem es erfolgreich in Sachen Zahnbürsten-Borsten reüssiert hatte. Autor: Manuel Rauch

Stand: 16.02.2024 | Archiv

16.02.1937: Nylon patentiert

16 Februar

Freitag, 16. Februar 2024

Autor(in): Manuel Rauch

Sprecher(in): Caroline Ebner

Redaktion: Frank Halbach

Er brachte Generationen von Frauenbeinen ins Schwitzen: der Stoff, aus dem die Träume waren: Nylon.
Dabei hat der US-amerikanische Chemiker Wallace Hume Carothers höchstwahrscheinlich gar keine Frauenstrümpfe im Kopf, als er in den 1930er Jahren für das Chemie-Unternehmen DuPont an der Kunstfaser tüftelt. Denn: Die Amerikaner fürchten um ihre Seide, nachdem der Hauptlieferant Japan in Asien expandieren will. 1935 schließlich der Durchbruch. Carothers entwickelt die erste komplett künstlich hergestellte Faser – aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Polyhexamethylenadipinamid ist leicht zu waschen und fast unkaputtbar. Zwei Jahre später, am 16. Februar 1937 lässt Carothers seine Erfindung patentieren.

No Run? But Run!

Doch erstmal revolutioniert der neue Faden nicht die Modewelt, sondern das Zahnbürsten-Business. Statt Tierborsten wird jetzt mit der Kunstfaser geschrubbt. Die ist billiger in der Herstellung, hygienischer - und, nun ja - schmeckt weniger nach Schwein.
Auf der Weltausstellung 1939 in New York präsentiert die Firma DuPont dann den neuen Damenstrumpf - aus: "Nylon". Ein Kunstwort - nachdem der ursprünglich angedachte Name "no run" - im Sinne von "keine Laufmasche" - den Verantwortlichen zu heikel wurde. Was wenn verärgerte Kundinnen die Firma wegen Falschbehauptungen verklagen?
Mit der Ankündigung des Nylonstrumpfs entsteht dann aber doch ein regelrechter "Run". Am ersten offiziellen Verkaufstag, dem 15. Mai 1940 kommt es in den Kaufhäusern zu Tumulten. Frauen prügeln sich um den neuen hauchdünnen Stoff. Der Tag geht als Nylon-Day in die Modegeschichte ein.

Das Perlon des Westens

Fast zeitgleich zu Wallace Carothers, entwickelt auf der anderen Seite des großen Teichs der deutsche Chemiker Paul Schlack für den Chemiekonzern IG Farben eine ganz ähnliche Kunstfaser: Perlon. Doch anstatt sich auf einen Rechtsstreit einzulassen, einigen sich die beiden Firmen, tauschen ihre Patente aus und teilen sich den Markt fair untereinander auf. Westlich von Deutschland gibt’s Nylon, östlich von Deutschland Perlon.
Das ändert sich mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Nylon und Perlon müssen als Kriegsmaterial herhalten - für Flugzeugreifen und Fallschirme.
Erst nach dem Krieg werden wieder Nylonstrümpfe hergestellt - zunächst aber nur in den USA. Amerikanische Soldaten bringen die heißbegehrte Ware zurück nach Deutschland - nicht ohne Gegenleistung. Spöttisch werden Nylons auch "Bettkantenwährung" genannt.
In der vom Krieg gebeutelten Gesellschaft stehen die Strümpfe in den 50er Jahren für Eleganz und Hollywood-Glamour.
Auch Perlon kommt bald zurück - nicht nur in Westdeutschland, auch in der DDR. Kurzerhand lassen die Hersteller der Bundesrepublik den Namen "Perlon" als Marke schützen. Die DDR reagiert – und verkauft die Strümpfe ab sofort als "Dederon".
Ab den 70er Jahren wird Nylon von bequemeren, atmungsaktiveren Alternativen verdrängt. Strümpfe sind Wegwerfartikel geworden. Der Nylon-Glanz der vergangenen Tage: verschwitzt - aufgelöst wie eine Laufmasche.


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