Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. Oktober 1854 Geburt von Oscar Wilde

In Samt und Satire gekleidete Extravaganz, dafür ist Oscar Wilde zu Lebzeiten ebenso wie heute bekannt. Der wortgewandte und geistreiche Dandydichter, der am 16. Oktober 1854 geboren wurde, war einer der bekanntesten und zugleich umstrittensten Schriftsteller im viktorianischen Großbritannien. Autorin: Fiona Rachel Fischer

Stand: 16.10.2023 | Archiv

16.10.1854: Geburt von Oscar Wilde

16 Oktober

Montag, 16. Oktober 2023

Autor(in): Fiona Rachel Fischer

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Frank Halbach

Samtjacke, Kniebundhosen und schwarze Seidenstrümpfe. Ein gewinnendes Lächeln und immer einen flotten Kommentar auf den Lippen. Ein bisschen skandalös, ein bisschen extravagant. Das ist der Dichter Oscar Wilde, wie ihn die Londoner High Society liebt – und verabscheut.

Der Verlust der literarischen Unschuld

Der kleine Oscar wird am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren, lange hält sich seine literarische Unschuld jedoch nicht. Seine Mutter unterhält in der irischen Hauptstadt einen Salon für die Creme de la Creme der Kultur- und Literaturschaffenden. Außerdem schreib sie selbst unter dem Pseudonym Speranza revolutionäre Lyrik. In diesen Kreisen lernt der junge Wilde Kunst und Ästhetik schätzen und will bald selbst hoch hinaus. Während seines Studiums in Dublin und Oxford fällt er mit seinem Witz und seinen Gedichten auf. Jetzt winkt in London eine Karriere als Autor.

Der Dichterdandy und seine Versuchungen

Wilde produziert Kunst allein um der Kunst willen und stellt die Ästhetik an erste Stelle. Zugleich nimmt der Schöngeist in seinen sozialen Komödien die Londoner Schickeria auf die Schippe, deren Star er geworden ist.
In den hohen Kreisen ist er als Feingeist bekannt und gerne bei jedem sozialen Happening gesehen. Genuss und Vergnügen sind die Sprachen, die der Künstler spricht, und er kann weder den Versuchungen von Frauen widerstehen, noch denen von Männern. Seine Extravaganz trifft in der feinen Gesellschaft gleichermaßen auf Faszination und Kritik, zunächst sieht es aber so aus, als könne sich der wilde Dichter jede Satire und jeden Seitensprung leisten.
Doch zwei Männer bringen dieses Gleichgewicht ins Wanken. Der eine heißt Dorian Gray und ist ausgerechnet eine Ausgeburt des Autors. Der dazugehörige Roman löst eine Welle der Empörung aus. Er sei lüstern und immoralisch, daneben noch grobschlächtig und roh. Wilde tut das ab, doch der erste Axthieb ist getan.
Der erste Streich, der zweite folgt sogleich. Der zweite Mann, heißt Lord Alfred Douglas, genannt "Bosie", und verdreht Oscar Wilde mit seinem guten Aussehen und seinem dichterischen Talent den Kopf. Das Verhältnis mit dem jungen Aristokraten sorgt für Gerede. Ausgerechnet dessen Vater startet eine Hetzkampagne gegen Wilde, der sich vor Gericht wehrt. Doch ganz schnell ist er selbst der Angeklagte, wegen homosexuellen Handlungen, die damals unter Strafe verboten sind. Diese Strafe bedeutet für Wilde zwei Jahre Zuchthaus unter grausamsten Bedingungen.
Das ist der Sturz des strahlenden Autorensterns. Als das Urteil gefällt wird, sollen die Schaulustigen vor Freude getanzt haben. Seine Stücke werden abgesetzt, schreiben darf er zunächst auch nicht mehr. Als er 1897 entlassen wird, ist das exzentrische Künstlergenie ein gebrochener Mann. Drei Jahre später stirbt er in Paris in ärmlichen Verhältnissen an einer Hirnhautentzündung.
Die Nachwelt hat ihm das unwürdige Ende eines solch schillernden Charakters jedoch längst verziehen. Im populären Bild wird er für immer der Londoner Dandy mit der scharfen Zunge bleiben.


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