29. November 1929 Richard Evelyn Byrd überfliegt den Südpol als Erster
Wenn es einen hinaus in die Welt zieht, muss man gehen. Oder fliegen. Dachte sich der Abenteurer Richard Evelyn Byrd und brach mal eben zum Südpol auf, um darüber weg zu fliegen. Angesteckt vom Abenteuergeist wollte er danach gleich noch einmal dahin. Diesmal ohne Flugzeug. Autorin: Isabella Arcucci
29. November
Freitag, 29. November 2024
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Krista Posch
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Es gibt Menschen, die gehören zur Spezies der Abenteurer. Für ihre Mission kraxeln sie auf Berge, hangeln sich an Lianen durch den Dschungel und robben bäuchlings durch Eis und Schnee. Ganz anders die Spezies der Stubenhocker, international auch Couch-Potato genannt. Sie sind am liebsten gemütlich daheim, nehmen jeden kleinen Nieselregen als willkommenen Anlass, die Heizdecke anzuschmeißen und sich mit Buch und Proviant unter eben jener zu verkrümeln. Ungeachtet dessen, dass so eine Heizdecke, auf Grund der Brandgefahr, riskanter sein kann, als so manches Outdoor-Abenteuer. Und dann gibt es noch eine dritte, sehr seltene Spezies und zu dieser gehörte der Amerikaner Admiral Richard Evelyn Byrd. Er war der Spross einer alteingesessenen Familie aus Virginia und stammte von niemand geringerem ab, als vom Pflanzer John Rolfe und seiner Frau, der Indianerhäuptlingstochter Pocahontas.
Vermutlich genau die richtigen Gene, um zu einem amerikanischen Vorzeigeabenteurer zu avancieren. Byrds erster Coup sollte im Jahr 1926 der Flug über den Nordpol werden. Nur wenige Tage vor seinem norwegischen Freund und Rivalen Amundsen. Byrd wurde als Held gefeiert. Doch bei manchen Kritikern regten sich Zweifel. Tatsächlich legen die Tagebucheinträge von Byrd selbst sehr nahe, dass er den Nordpol nie erreicht hat…
Ein Flug ohne Schummeln
Was wohl Ur-Ur-Oma Pocahontas zu dieser Lüge gesagt hätte? Sicher nichts Lobendes, das schwante wohl auch Byrd, weshalb er sich bei den nächsten Abenteuern deutlich mehr Mühe gab. Dank großer Sponsoren wie John D. Rockefeller jr., konnte Byrd seine erste Antarktisexpedition starten. Hauptziel: als erster Mensch über den Südpol fliegen und durch Bildmaterial aus der Vogelperspektive die Topographie des südlichsten Punkts der Erde erschließen. Der Flug dauerte insgesamt fast 19 Stunden und wurde ein riskantes Unterfangen. Die Maschine war zu schwer und drohte immer wieder zu sinken, so dass Byrd und sein Team sogar gezwungen waren, ihren Proviant abzuwerfen, bevor Byrd endlich und ohne zu schummeln, am 29. November 1929 die US-amerikanische Flagge über dem Südpol abwerfen konnte.
Allein mit Eis und Grammophon
Nach diesem Triumph hatte er aber noch lange nicht genug. Byrd plante eine zweite Antarktisexpedition. Diesmal ohne Flugzeug, dafür mit ganz vielen Büchern. Denn Byrd gehörte, wie gesagt, zur dritten Spezies Mensch, halb Vollblut- Abenteurer, halb Couch-Potato. Sein Plan: den antarktischen Winter ganz allein in einer Wetterstationshütte auf der antarktischen Hochebene zu verleben und es sich, wie er in seinem Buch "Allein! – Auf einsamer Wacht im Südeis" schreibt, mit Tee, Büchern und seinem geliebten Grammophon so richtig gemütlich zu machen! Eine brandgefährliche Heizdecke besaß Byrd zwar noch nicht, dafür ein mindestens ebenso tückisches Heizöfchen. Dieses bescherte ihm eine lebensgefährliche Kohlenmonoxidvergiftung. Mitten im Südpolarwinter musste ein Team aus dem Basislager zu Byrds Hütte aufbrechen, um ihn zu retten. Aber anstatt seine besinnlichen Grammophonstunden jetzt auf das heimische Wohnzimmer zu beschränken, plante Byrd schon bald seine nächsten Südpolexpeditionen. Es gibt eben eine Spezies Mensch, die ist einfach unverbesserlich.