19. August 2010 Welt-Foto-Tag
Es gibt sie überall, im Zeitalter der Handykamera: Menschen, die eine ungeheure Leidenschaft für’s Fotografieren haben. Möglich wurde das erst durch die Pioniere der Fotografie, besonders Louis Daguerre, den Erfinder der sogenannten Daguerreotypie. Durch ihn wurde Fotografie letztlich der Allgemeinheit zugänglich. Autor: Manuel Rauch
19. August
Freitag, 19. August 2022
Autor(in): Manuel Rauch
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Bernhard Kastner
54 tausend Mal pro Sekunde drückt irgendjemand, irgendwo auf der Welt, auf den Auslöser. Der Eiffelturm im Paris-Urlaub, das Feierabendbier mit Freunden oder die neue Jeans. In null Komma nix ist die Handykamera gezückt und der mehr oder weniger besondere Moment für immer festgehalten. Während dieses Kalenderblatts entstehen weltweit mehr als elf Millionen Fotos. Würde man sie alle auf Fotopapier drucken, wäre der Stapel mehr als zweieinhalbtausend Meter hoch - dreimal so hoch wie der Burj Khalifa in Dubai, immerhin das höchste Gebäude der Welt. Dabei war das Foto einst eine bahnbrechende Innovation.
Das allererste Foto
Das Grundprinzip der Camera obscura - Latein für "dunkle Kammer" - erkennt schon Aristoteles im vierten Jahrhundert vor Christus. In einen abgedunkelten Raum fällt durch ein Loch in der Wand etwas Licht. Auf die Wand gegenüber wird ein Bild der Außenwelt projiziert. Bis zum Selfie ist es von da freilich noch ein weiter Weg. Denn festhalten lässt sich das Bild erst mehr als zweitausend Jahre später.
Ende des 18. Jahrhunderts experimentieren Chemiker mit verschiedenen Substanzen. 1826 schließlich gelingt dem Advokaten Nicéphore Niépce aus Frankreich das erste Foto der Geschichte. Acht Stunden lang belichtet er dafür lichtempfindlichen Asphalt. Das Bild ist ebenso wegweisend wie unspektakulär: ein nur schwer erkennbarer Hinterhof - der Blick aus Niépces Arbeitszimmer.
Als Niépce bald darauf stirbt, führt sein Mitstreiter, der Maler Louis Daguerre, dessen Arbeit fort - und entwickelt ein ganz neues Verfahren. Er lässt eine Jodsilberplatte belichten.
Wegen des schlechten Wetters bricht Daguerre das Experiment ab und legt die Platte in seinen Chemikalienschrank. Als er sie später wieder herausholt, traut er seinen Augen kaum: Auf der Fotoplatte ist tatsächlich ein Bild zu erkennen - obwohl sie ja nur kurz belichtet wurde.
Das erste Foto
Nach mehreren erneuten Versuchen ist Daguerre klar: Des Rätsels Lösung sind ein paar Tropfen Quecksilber, die er versehentlich im Schrank verschüttet hatte. Fotoplatten, die Quecksilber ausgesetzt sind, brauchen weniger Belichtungszeit. Ab sofort behandelt Daguerre seine Fotos mit entsprechenden Dämpfen. So kann er die Belichtungszeit schon bald auf wenige Minuten verkürzen.
1839 erhält die Pariser Akademie der Wissenschaften das Patent für Daguerres Verfahren und stellt es der Allgemeinheit zur Verfügung. Am 19. August präsentiert der Akademieleiter der Welt die Innovation - als Daguerreotypie. Es ist die Geburtsstunde der Fotografie - seit 2010 als Welt-Foto-Tag gefeiert.
45 Jahre später müssen Fotografen nicht einmal mehr Chemiker sein. In New York präsentiert George Eastman den ersten Fotofilm. Und mit der Erfindung der Digitalkamera, nochmal knapp hundert Jahre später, wird die Chemie endgültig überflüssig.
Heute wird mit dem Smartphone fast alles digital festgehalten: vom verwackelten Sonnenuntergang durchs Autofenster über den Cappuccino im Lieblingscafé bis zum eigenen Gesicht inklusive Schmollmund. Ob auch nur ein einziges Bild unseres inzwischen zweieinhalbtausend Meter hohen Fotostapels der Nachwelt erhalten bleibt, weiß niemand. Halb so schlimm. Der nächste Stapel startet schließlich genau jetzt.