Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. November 1828 William Burke und William Hare festgenommen, Leichenfledderer

Die Serienmörder William Hare und William Burke gingen in die britische Kriminalgeschichte ein, denn sie mordeten im Dienst der anatomischen Wissenschaft. Einmal von der Polizei gefasst, lieferte denn prompt auch der eine der Komplizen den anderen ans Messer. Skrupellos bis zum Ende. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 02.11.2021 | Archiv

02.11.1828: William Burke und William Hare festgenommen, Leichenfledderer

02 November

Dienstag, 02. November 2021

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Auf den alten historischen Friedhöfen von Edinburgh sieht man heute noch Gräber, die mit Platten oder Gittern aus Eisen geschützt sind. Offensichtlich wollten die Angehörigen vor 200 Jahren ihre Toten behüten. Aber vor wem? Vor dem Teufel? Nein. Vor den zahlreichen Leichenräubern, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Friedhöfe unsicher machten.

In dunklen Nächten gruben sie die Särge aus und rissen den Toten die Hemden vom Leib. Nur die nackten Leichen nahmen sie mit, denn die galten juristisch nicht als Eigentum, alles andere schon. Die Strafen für Leichenraub waren milde, und die Obrigkeit ließ die Gesetzeslücke lange offen, denn Leichen wurden gebraucht. Für die Anatomie.

Rein medizinisches Interesse

Edinburgh war zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein europaweit führender Wissenschaftsstandort, vor allem in der Medizin. Die legal erhältlichen Leichen von Hingerichteten und Selbstmördern reichten nicht aus für die ständig wachsende Zahl der Anatomie-Studenten. Die Professoren versuchten auch, den Armen ihre eben verstorbenen Angehörigen abzukaufen, aber die wollten ihren Toten die Auferstehung des Leibes beim Jüngsten Gericht nicht vermasseln und gaben sie nicht her. Also entwickelte sich ein lukrativer Schwarzhandel. Menschen aus der Unterschicht, deren Gräber niemand schützte, waren als Tote mehr Geld wert, als sie zu Lebzeiten je besessen hatten. 

Ein blühendes Geschäft mit dem Tod

Das wussten auch William Burke und William Hare, zwei Iren, die nach Schottland gekommen waren, um sich hier mit wechselnden Jobs durchs Leben zu schlagen. Hare betrieb eine billige kleine Pension in Edinburgh. Eines Tages verstarb dort ein Gast, ohne vorher die Rechnung bezahlt zu haben. Hare und Burke schleppten die Leiche ins medizinische Institut zu Robert Knox, führender Anatom seiner Zeit. Der zahlte Burke und Hare gutes Geld und bekundete weiteren Bedarf. Seine Sektionen waren beliebt bei den Studenten, fanden dreimal täglich statt, kosteten Eintritt und machten ihn reich. Knox zerschnitt seine Leichen recht spektakulär und unter makabren Scherzen; frische, unbeschädigte Leichen steigerten den Unterhaltungswert noch zusätzlich.

Für diesen guten Kunden also wurden Burke und Hare zu Mördern. Mit dem Schänden von Gräbern hielten sie sich gar nicht erst auf. Sie lockten Landstreicher und Prostituierte in ihre Pension, brachten sie um und legten sie noch warm auf die Seziertische von Robert Knox. Der stellte niemals Fragen. Beim fünfzehnten Opfer, einer Bettlerin, bekam ein Gast der Pension etwas mit und verständigte die Polizei. Am 2. November 1828 wurden Burke und Hare verhaftet. Der Nachweis ihrer Taten war schwierig; und so sicherte die Staatsanwaltschaft William Hare Straffreiheit zu im Austausch gegen ein Geständnis. Der lieferte prompt eines ab und seinen Freund Burke damit an den Galgen. Er war der Einzige, der dort endete. Dem Anatomen Robert Knox blieb hartnäckiges Nachforschen erspart. Die Abgründe des Wissenschaftsbetriebs sollten unter dem Deckel bleiben; die Obrigkeit sorgte sich um das Renommee der Stadt. 


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