Politiker sind ja leider die einzigen Menschen, die ihr Fett in Sommerinterviews weg bekommen, alle anderen müssen dafür fasten oder zur Spritze greifen. Und damit nicht genug: Wenn sie wollen, können Regierungsmitglieder sogar beim Verzehr einer Schweinshaxe Erleichterungen durchsetzen, wahlweise für den Mittelstand oder das Gastronomiegewerbe. Finanzminister schnallen den Gürtel sogar enger, ohne auf den Nachtisch zu verzichten und ganze Ministerien specken ab, obwohl die Kantine voll ist. Mit anderen Worten: An der Politik kann es nicht liegen, dass der dänische Abnehmspritzen-Konzern Novo Nordisk neuerdings das wertvollste Unternehmen Europas ist.

Welcher Staatssekretär will schon an Gewicht verlieren, schon gar nicht in der eigenen Partei, und ein Landesvorsitzender fürchtet eigentlich nur eines: Für zu leicht befunden zu werden. Deshalb werfen ja manche Kandidaten neben ihrer Erfahrung sogar noch ihr ehrenamtliches Engagement in die Waagschale, nur, damit keiner auf die Idee kommt, sie könnten nach Posten hungern.

Klar, dass in der Politik auch eine andere Formel für das Normalgewicht gilt: Ego-Größe in Bierzelt-Besuchern multipliziert mit Livestreams. Das Idealgewicht liegt leicht drüber: Da werden die ausländischen Berichterstatter addiert.

Wer will, kann zusätzlich Sitzungsgelder oder Aufsichtsratsmandate stemmen, um die Rückenpartie zu stärken

Wahlkämpfer werden sich also wohl kaum um die Abnehmspritze Wegovy balgen, weil sie in der Regel deutlich zulegen wollen, manche errechnen täglich das Verhältnis zwischen Terminmasse und Veranstaltungsgröße, den sogenannten Lobby-Mass-Index, der für sich genommen natürlich noch nicht viel aussagt. Entscheidend ist auch eine gesunde Lebensweise wie regelmäßige Sommeraufenthalte in Bad Spendau, Dehnübungen an der Basis, auch mal bis zur Schmerzgrenze und das Trockenrudern über zwei bis drei Tagesordnungen täglich.

Wer will, kann zusätzlich Sitzungsgelder oder Aufsichtsratsmandate stemmen, um die Rückenpartie zu stärken, damit es nicht die Parteifreunde übernehmen müssen. Wenn die erst mal alle dicht hinter einem stehen, kann es sein, dass sogar Dickhäuter nicht mehr genug Reserven haben und aus Rücksicht auf die Familie folgenschwere Entscheidungen treffen müssen, gern auch in der Elefantenrunde. Aber das ist ein anderes Thema: Dort wird man ja erst ab sechs Tonnen ernstgenommen.

Früher, in den alten Bonner Zeiten, als sich Politiker noch von Rotwein und Zigarren ernährten und Helmut Kohl seine Gegner einmal im Jahr mit der Semmel-Diät nach F.X. Mayr verunsicherte, war der Betrieb so feist, dass sogar einzelne Worte in der Parlamentsgeschichte Abdrücke hinterließen. Heute fallen ja selbst Debatten oft nicht mal mehr ins Gewicht und Talkshows verwechseln immer wieder Stoff- und Wortwechsel. Was hat Novo Nordisk da nur angerichtet?