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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Staatsgeschenke

Bei Staatsgeschenken sollte man das wie mit den Geschenken für zum Beispiel einer Hochzeit machen. Da gibt es dann den Staatsbesuchgeschenketisch und der Gast darf sich aussuchen was er schenken möchte. Da könnte man dann eine neue Autobahnbrücke drauflegen, neue Schulen, eine neue Deutsche Bundesbahn oder ein Atommüllendlager. In Bayern würde man auf dem Tisch ein Atomkraftwerk finden, mit den Wunschinitialen MS an der Tür. Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 12.07.2024

Fast alle kennen das Problem: Was tun mit Geschenken, für die man beim besten Willen keine Verwendung hat?
Weiterschenken. Gut, das geht immer. Soll doch der Nächste schauen, was er damit anfangen kann. Oder halt der Übernächste.

Ab einem gewissen Wert schaut die Sache mit dem Weiterschenken freilich anders aus. Das hat sich womöglich auch der ehemalige brasilianische Präsident Bolsonaro gedacht, als er erhaltene Uhren- und diamantbesetzte Schmuck-Geschenke verkauft hat. Der Haken an der Sache, es handelte sich bei dem verhökerten Geschmeide um Staatsgeschenke aus seiner Amtszeit. Das sorgt im moralisch aufgepumpten Deutschland für erwartbare Empörung.
In Brasilien sollen sich hingegen viele fragen: Warum verkauft er JETZT? Wo der Preis für Diamanten tendenziell mau ist? Eine Kurzschlusshandlung vielleicht? Ich tippe auf Gier. Und 1,1 Millionen Dollar soll ihm der Panikverkauf ja immerhin eingebracht haben.

Es handelte sich um einen aus drei Wagen bestehenden Modellbahn-ICE

Das ist schon ganz was anderes wie die 75 Euro, die ein Auktionshaus vor einiger Zeit für die Versteigerung eines Geschenkes an die Bundesrepublik Deutschland erzielte: Es handelte sich um einen aus drei Wagen bestehenden Modellbahn-ICE. Den hätte Bolsonaro wahrscheinlich als Geschenk gar nicht erst angenommen.

Überhaupt, wenn man denkt, was früher unter Staatsoberhäuptern für Geschenke gemacht wurden. Da wenn einer den anderen in einem Krieg besonders wacker unterstützt hat, da hat sich der nicht mit einer dreiteiligen Modellburg abspeisen lassen. Der wollte schon ein Lehen oder eine Pfalz. Und die hat er auch gekriegt - und privat genutzt.

Schauen Sie: Als König Pippin III. im achten Jahrhundert auf Bitte von Papst Stephan II. die Langobarden aus Mittelitalien vertrieben hat und dafür vom Papst gesalbt wurde, war er hinwiederum so dankbar, dass er dem Papst ganz Mittelitalien geschenkt hat, woraus der dann den Kirchenstaat gemacht hat.

Vorausgegangen war die Konstantinische Schenkung im vierten Jahrhundert, die den weltlichen Machtanspruch der Päpste überhaupt erst begründet hat. Da hat der Papst den Kaiser Konstantin durch ein Taufbad vom Aussatz geheilt und als Dank hat der Kaiser Konstantin dem Papst eine Urkunde überreicht, in der drin steht, dass der Papst der Chef über alle anderen Kirchen und Italien und überhaupt ist.

Das waren Geschenke, da kann doch ein Bolsonaro nur träumen davon. Zumal sowohl die Pippinsche wie die Konstantinische Schenkung heute als Fälschungen bewertet werden. Gut, womöglich waren die Diamanten vom Bolsonaro auch gefälscht und er wollte sie schnell loswerden, bevor es auffliegt.

Mein Opa hat schon gewusst, was er tut, wenn er an meinem Geburtstag immer gesagt hat, „Bua, ich schenk’ Dir ein Geld, dann kannst Dir kaufen was’d willst.“

Eben alles eine Frage der Perspektive.


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