Ende der Welt - Die tägliche Glosse Äähm-Eis
In der Bibel steht: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen.“ Nun gibt es - zum Zeit gewinnen vorm „JA“ oder „NEIN“ noch den Füll-Laut „äähm“ – und ich sage sogleich: verteufelt den nicht vorschnell – der Meinung ist auch ein Gaggenauer … äähm … Eisdielenbesitzer. Eine Glosse von Norbert Joa.
Zu den schaurig-schönen Dingen im real existierenden Kapitalismus zählen zwölfseitige Speisekarten. Und während der Verstand auf Hochtouren läuft, um exakt zu bestimmen, welche die richtige Speise sein könnte – auch mit Blick aufs Preis Leistungsverhältnis - und der Bauch bereits sieben in die engere Wahl genommen hat, hört man aus der Tafelrunde auf dem einen Ohr: „Klingt alles irgendwie lecker“ – und auf dem andern, vollends irritierend: „Darfs schon was zum Trinken sein?“
Ääähmm. Zum Trinken?! Ähm. - Was trinkt Ihr denn so? – Das hat schon mal sechs Sekunden gebracht. Aber noch lange keine Erkenntnis. Was trinke ich zu einem Essen, für das ich mich noch nicht entschieden habe? Ähm. Mein seliger Vater hatte dazu durch die Jahrzehnte folgende Strategie entwickelt: langes, nachdenkliches Blättern in den Speisekarten, vor – zurück, den Kopf bedächtig wiegen, dann zuklappen und sagen: „Würstel mit Kraut. Und eine kleine Apfelschorle.“ Und das ganze ohne Ähm.
Während wir noch blätterten und „ähm“ dachten. Gut, es hatte auch seinen günstigen und zugleich hohen Preis: tausendmal Würstel mit Kraut. Ansonsten war mein Vater durchaus ein großer Freund von „Dings & Bums“ und „na, weißt scho“. Erstaunlicherweise wussten wir meistens, was er meinte.
Verlacht mir also die Füllworte nicht – wie oft hab ich einen Freund sagen hören: „Der Dings ist in letzter Zeit … irgendwie so … weiß auch nicht … keine Ahnung.“ Ja, es geht doch nichts über … äh …. Klarheit. Und vielleicht ist es falsch und unmenschlich, dass wir beim Radio in Aufzeichnungen nahezu alle „ähms“ herausschneiden – so dass Bekannte der Sprecherin zweifeln, ob sie es wirklich ist: „Ist das wirklich die Dings … grad im Radio … also die lang mit dem … sach mirs … na … die auch immer soo … genau, weißt scho. Aber die hat doch viel mehr geäähmt ?!“
Wer Ähm sagt, bekommt auch Ähm
Ein Eisdielenbesitzer am Rande Baden Badens hat sich des menschlichen Makels erbarmt und aus der Sprachnot sogar eine geschäftliche Tugend gemacht. Nach dem Miterleben von tausend Hirnblockaden angesichts seiner zig Eissorten und einem tausendfachen „Ähm“ auf seine Frage: „Was möchtens denn?“, hat er neuerdings im Angebot: „ÄHM“. Also die neue Eissorte zur populärsten Äußerung: „ÄHM“, weiße Schokolade mit Pistazien.
Genau. Momentan bei ihm wohl der Knaller und tausendfach gepostet: wer Ähm sagt, bekommt auch Ähm. Nur eine Frage der Zeit, bis in den Eiskübeln der Konkurrenz Fähnchen stecken mit den neuen Eissorten: „Dings“ und „Bumms“ und: „kann mich gar nicht entscheiden“ und ja, was möcht ich…? “.
So, das sind schon mal vier Kugeln. - Macht … ääh … 6,80.