Bayern 2 - radioWelt


0

Ende der Welt - Die tägliche Glosse Bröckelnde Brandmauern

„Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben!“ Das hatte Friedrich Merz verkündet, kurz bevor er CDU-Chef wurde. Und am Sonntag hat er dann gesagt, dass man vielleicht doch mal gemeinsame Sache machen könnte, so im Kleinen, auf kommunaler Ebene. Und gestern nun wieder: Nein, natürlich nicht, nie. Ja was denn nun? Höchste Zeit für eine Begriffsklärung. Eine Glosse von Ralf Thume.

Von: Ralf Thume

Stand: 25.07.2023

Also, um‘s gleich zu sagen, was jetzt kommt, soll auf keinen Fall nerven. Alles, bloß das nicht! Kein moralischer Zeigefinger, nicht schon wieder irgendein Vorgedenke, Nachgesinne, keine Reinrederei, keine Meinungen oder Deinungen oder Ihrungen oder Wirungen, nein, es soll bloß was erklärt werden, ganz sachlich, ein Begriff, der grad wieder in vieler Munde ist: die Brandmauer.

Wie bitter nötig man sie hat, sieht man ja – auf Rhodos. Brände, außer Kontrolle, Feuerwände: Da wünscht man sich Schutzmauern um ganze Orte. Um das wunderschöne, noch weiße Lindos mit seiner Akropolis natürlich oder auch um die Ferienorte südlich davon wie zum Beispiel Gennadi. Blickt man von Gennadi landeinwärts Richtung Lindos, wälzt sich der Flächenbrand grad von rechts ran.

Dort müsste jetzt die Brandmauer stehen. Wenn’s nach deutschen Bauvorschriften ginge, wäre sie natürlich ausreichend dick und wiese selbstverständlich keine Hohlräume auf – wichtig: bis obenhin, Höhe Oberstübchen. Druckbeständig muss sie sein, egal, ob was von außen auf sie einstürzt oder ob man von innen dagegen spritzt mit Löschwasser, weil‘s einem zu heiß wird. Öffnungen sind natürlich völlig indiskutabel. Der kleinste Schlitz und das ganze Bauwerk wird zum Witz: Das weiß jeder politisch Verantwortliche, runter bis zum kleinen Baureferenten auf kommunaler Ebene.

Also: Es prüfe sich auf Herz und Nieren, wer von Brandmauern spricht

Also: Es prüfe sich auf Herz und Nieren, wer von Brandmauern spricht. Mehr sollte gar nicht geklärt werden. Das war’s schon.

Halt! Ein versöhnlicher Ausklang fehlt noch. Ein bisschen Wärme sozusagen, um sie ins Herz reinzupumpen. Vom abgefackelten Arkadien zurück in die Heimat, vor die eigene Haustür, zum eigenen Bauchnabel. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen! Woanders kann man es ja kaum aushalten. Darauf hat der Ministerpräsident grad wieder hingewiesen. Völlig zu Recht.

Hier wird nichts so heiß gegessen, wie’s ausgekocht wurde. Hat denn nicht allein das bayerische Wirtschaftsministerium ein Förderprogramm aufgelegt zur Erforschung der Brandzaun-Technologie? Mal mit mehr Latten dran, mal mit weniger. Heißer Scheiß. Der Vorteil, den man vielleicht nicht auf Anhieb erkennt: Durch die Lücken kann man sich die Demokratie zurückholen, wenn sie einem grad mal abhandengekommen ist.


0