Ja, „Santa Maria“, vor dieser Nebenwirkung hatten ihn die Ärzte gar nicht gewarnt: Roland Kaiser hat nach eigenen Worten seit seiner Lungentransplantation kein Lampenfieber mehr. Immerhin weiß die Medizin jetzt, wo diese Art von Aufregung herkommt: Offenbar aus den Bronchen. Vermutlich gibt es gegen Lampenfieber also bald Lutschtabletten.

Aber Vorsicht, Roland Kaiser warnte, es gelte zwar, den Geschmack der Fans zu treffen, seinen eigenen dabei aber nicht zu verlieren. Denken Sie dran, wenn Sie beim nächsten Karaoke ein pelziges Gefühl im Mund haben und sich fragen: „Warum hast du nicht nein gesagt?“ Dann helfen dann weder „Joana“, noch „Amore mio“, auch nicht „Sieben Fässer Wein“, höchstens der „Wind auf der Haut und Lisa“, obwohl Sie auch das „Schach matt“ setzen könnte.

Womöglich ist gegen Lampenfieber gar keine Arznei nötig, sondern nur ein Kuraufenthalt in Dresden. Dort geht Roland Kaiser ab Freitag zwar nicht ins Wasser, aber sehr nah ans Wasser: Am Elbufer stehen fünf Konzerte hintereinander an. Da wird´s dann wieder heißen: „Manchmal möchte ich schon mit dir“. Vielleicht stellt die CDU ja den Background-Chor, natürlich ohne Absprachen mit der AfD. Die darf dann Blumen schwenken und ohne Noten mitsingen, quasi nach Gehör. Für Alice Weidel wäre das keine Herausforderung: Deren viel diskutiertes rechtes Ohr gab in Jan Böhmermanns Satire-Show im ZDF ja schon mal ein eigenes Interview und sang, wenn auch keinen Roland-Kaiser-Hit.

Das ist verständlich: Der Star ist seit 2002 Mitglied der SPD. Ob er nur in „Gedanken bei ihr“ oder förmlich „Verrückt“ nach der Partei ist, das war seinen bisherigen Hits nicht zu entnehmen: „Gefühle sind frei“, wer wollte es bestreiten.

Ja, es gibt „hunderttausend Fragen“, wenn man fünfzig Jahre auf der Bühne steht

In einem Interview ließ Kaiser durchblicken, dass neuerdings auch Leute für ihn schreiben, die „weniger nah an ihm dran“ seien. Wenn nicht alles täuscht, könnte das neben Maite Kelly auch Olaf Scholz sein. Auf dem neuen Album finden sich jedenfalls die Songs „Wir spielten immer ohne Regeln“ und „Bis zum letzten Atemzug“. Auch „Brich mir das Herz“ riecht irgendwie nach der Berliner Ampel und „Halt mich noch einmal fest“ könnte tatsächlich im Kanzleramt entstanden sein, während der Song „Applaus für deine Lügen“ mit Sicherheit nichts mit der Politik zu tun hat, eher schon mit Seelsorge, aber damit kennt sich Roland Kaiser ja auch bestens aus.

Ja, es gibt „hunderttausend Fragen“, wenn man fünfzig Jahre auf der Bühne steht, und gegen Lampenfieber hilft garantiert nicht: „Ich hab´ dir jedes Wort geglaubt“. Im Gegenteil, damit kommen die Selbstzweifel und die Schlaflosigkeit, und dann hat plötzlich „Jede Nacht Deine Augen“, was keineswegs immer die „Pure Lust“ ist, wie Roland Kaiser verspricht.

Sollte er in zehn oder zwanzig Jahren dann doch mal in Rente gehen, kann er ja im Werbefernsehen des Vorabendprogramms weitermachen: Da werden doch immer diese Urologie-Präparate vermarktet, was mit dem entsprechenden Schlager gleich viel stimmungsvoller wäre: „Ich glaub es geht schon wieder los“.