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Der Philosoph der maximalen Lust

Von: Jens Berger / Sendung: Michael Conradt

Stand: 06.05.2014 | Archiv

Epikur: Der Philosoph der maximalen Lust

Ethik und PhilosophieGy

Epikur: War er Schlemmer und Lüstling? Oder Freund und Asket? Kaum ein Philosoph wurde wohl so verkannt, obwohl seine Lehre deutliche Worte spricht. Im Trend von Konsumkritik und Religionsabkehr könnte ein Comeback anstehen.

Abgestempelt

Von Epikurs vielen Büchern sind fast nur Fragmente erhalten; doch man kann recht gut erfassen, worum es ihm im Kern geht, da seine Schüler überlieferte Lehrsätze auswendig lernen mussten. Und obwohl diese nach Epikurs Tod große Verbreitung im römischen Reich fanden und anschaulich und gut verständlich sind, haben sich bis heute Verleumdungen und Vorurteile gehalten, die bereits in den ersten Jahren seines Lehrens gegen ihn aufgebracht wurden: Er sei ein gottloser Herumhurer und nur am Luxusleben interessiert.

Zunächst waren es die Anhänger gegnerischer philosophischer Schulen in Athen, die dies in die Welt setzten. In den folgenden Jahrhunderten fanden die Theoretiker des Christentums in Epikur ein willkommenes Feindbild, das immer wieder und in allen Epochen - zum Beispiel von Dante - gefestigt wurde. Dabei war er im Alltag wohl ein äußerst freundschaftlicher, genügsamer und harmloser Nachbar, der Streitigkeiten aus dem Weg ging. Wie passt das zusammen? Nur üble Nachrede? Oder ist sein Denken doch so unmoralisch?

Vermutlich beruht alles auf einem Missverständnis, das durch das zurückgezogene Leben der Epikureer noch verstärkt wurde: Es geht nämlich um die so verpönte Lust. In der Tat orientiert Epikur sein Handeln an der Lust und gibt das auch offen zu. Nur: Was genau er unter Lust versteht, muss man erst klären. Heute würde man eher "Lebensfreude" sagen. Jene Lust, die Epikur anstrebt, ist in erster Linie Abwesenheit von Schmerz und Leid - Ziel ist ein gelassenes Dasein ohne Angst vor dem Tod in einem (ohne übertriebenes Training) gesund erhaltenen Körper. Der Boulevard würde titeln: "Cool und fit."

Nicht hungern, nicht dürsten, nicht frieren!

Damit beherzige man bereits das Wesentliche. Hinzusetzen würde Epikur noch: Und dabei den gesunden Menschenverstand gebrauchen, sich nicht abhängig machen und Freundschaften pflegen! Klingt das nach einer Geisteshaltung, deren griechische Bezeichnung man immer noch als Schimpfwort gebraucht? Ist Hedonismus im epikureischen Sinn wirklich amoralisch? Ganz so einfach ist die Sache nicht, empfiehlt Epikur doch auch Abwegigeres: Halt Dich aus der Politik raus; werde kein reicher Geschäftsmann; verlieb Dich nicht und heirate nicht! So erspare man sich auch all den Stress mit eigenen Kindern.

Man muss Epikur zugute halten, dass er zeitlebens mit Magen- oder Verdauungsproblemen zu kämpfen hatte und nicht in den ruhigsten Zeiten lebte. Daher wusste er aus eigener Erfahrung: Der glücklichste Moment ist, wenn etwas Schlimmes überstanden ist.


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