Bayern 2 - radioWissen


6

Lust und Liebe in der Bibel Das Thema

Stand: 15.01.2009 | Archiv

Albrecht Dürers bekannte Gemälde Adam und Eva in einer Galerie umringt von Fotografen | Bild: picture-alliance/dpa

Da der Mensch Gottes Ebenbild ist, und man von Gott, dem Allmächtigen, in unserer endlichen Sprache keinen angemessenen Begriff haben kann, greift die Bibel auf einen Trick zurück, um über Gott zu sprechen: Sie erzählt von Menschen. Im Verhalten der Menschen zueinander, aber auch im Verhalten der Menschen zu Gott, spiegelt sich das Gottesbild, das sich unserer direkten Beschreibung auf geheimnisvolle Weise entzieht.

Diese Erkenntnis hat nicht zuletzt zum zweiten der Zehn Gebote geführt: "Du sollst dir kein Bild machen" - auch kein sprachliches! Und Gott selbst hat, von Mose darauf angesprochen, nicht einmal seinen Namen genannt, mit dem man ihn sprachlich "in den Griff kriegen" könnte. Die Bezeichnung "Ich bin der Ich-bin-da", hebräisch Jahwe, steht für ein Programm. Gott ist der ewig Anwesende, der da ist für sein Volk, das er liebt. So wie ein Mensch immer für seinen geliebten Partner da ist, wenn er ihn braucht, ihm immer wieder verzeiht und ihn aus ganzem Herzen liebt. Und von solchen Paarbeziehungen ist die Bibel voll!

Berühmte Liebespaare

Adam und Eva, Abraham und Sara, David und Batseba und - Jesus und Maria Magdalena - Können diese Paare wirklich in einer Reihe nebeneinander stehen? Adam und Eva gelten als mythologische Stammeltern der gesamten Menschheit, werden aber nur in einem der beiden Schöpfungsberichte der Bibel namentlich genannt. Sie stehen für die herausragenden Geschöpfe Gottes, die ihrem Schöpfer in manchem ähnlich sein sollen.

Abraham und Sara, die Stammeltern des Volkes Israel, durchlebten eine lange und schwierige Ehe. Es gab menschliche Anfechtungen, eine lange Zeit der Kinderlosigkeit, und erst im hohen Alter die Erfüllung des Kinderwunsches aus göttlicher Gnade. Diese Belohnung für den Vater des Glaubens begründet zugleich das Volk Israel, auf das sich die göttliche Verheißung bezieht.

David und Batseba - der König und seine Geliebte. Man könnte sagen, der strahlende Herrscher auf dem Königsthron konnte nicht genug kriegen: Er musste auch noch die Ehefrau eines seiner Soldaten bekommen. Aber in der so leidenschaftlichen wie tragischen Beziehung wird auch klar, dass jeder Mensch, sogar der von Gott gewollte König, Fehler macht und dafür büßen muss. Jesus und Maria Magdalena waren nicht verheiratet. Über Dinge, von denen die Bibel schweigt, lässt sich dennoch trefflich spekulieren. Dennoch mag etwas dran sein an der Geschichte. Klar ist, dass Jesus seine Jünger, und zu ihnen zählte sicher auch Maria, liebte.

Was ist Liebe?

"Was ist Wahrheit?", fragte Pontius Pilatus, aber er bekam keine Antwort. Weil er nicht lieben konnte. Jesus aber wusste: Erst in der Liebe zeigt sich die Wahrheit, wie ernst man es mit dem Geliebten meint. Und Jesus liebte seine Mitmenschen so sehr, dass er sich für diese Liebe sogar ans Kreuz schlagen ließ. "Es gibt keine größere Liebe als die, wenn einer sein Leben gibt für die Freunde", heißt es in Joh 15,13. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" lautete noch das Gebot im Buch Levitikus 19,18. Jesus hat es jedoch überhöht im Gebot der Feindesliebe "Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen" (Mt 5,44). Und der Völkerapostel Paulus schreibt als einer der ersten nach Jesu Tod im Hohenlied der Liebe: "Also bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; am größten unter ihnen ist die Liebe" (1Kor 13,13).

Liebe und Sexualität

Im Neuen Testament, aber wohl nicht erst dort, gibt es also die Erkenntnis, dass Liebe nicht notwendig die geschlechtliche Liebe zwischen Mann und Frau ist. Also muss auch die Liebe zwischen Jesus und Maria nicht derart eindimensional gesehen werden. Freilich wird dadurch die erotische Liebe nicht ausgeschlossen, auch wenn in den neutestamentlichen Texten an keiner Stelle von einer erotischen Beziehung Jesu zu einer Frau die Rede ist. Spekulationen ist dadurch Tür und Tor geöffnet.

Leibfeindlichkeit

Textseite der Cranach-Bibel

Der Kirche wurde und wird immer noch Leibfeindlichkeit vorgeworfen. Jüngste Äußerungen zölibatär lebender Kirchenmänner sind dazu angetan, solche Vorurteile weiter zu festigen. Eine Rückbesinnung auf die Bibel täte in dieser Beziehung besonders gut, denn Gott hat bekanntlich den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Und "Gott sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr gut war" (Gen 1,31) - also auch die Geschlechtlichkeit des Menschen mit allem, was dazu gehört.

Was in den vielfältigen Geschichten der Bibel aber auch zum Ausdruck kommt, ist, dass der Mensch sich in seiner Freiheit oft zur "Selbst-Herr-lichkeit" versteigt und die ihm von Gott mitgegebenen Eigenschaften missbraucht: Um Macht über andere auszuüben, um seinen Mitmenschen zu schaden und sie zu verletzen, um andere zu erniedrigen und nur auf den eigenen Lustgewinn bedacht zu sein. Über die zerstörerische Macht der Leidenschaft werden immer wieder eindrucksvolle Werke geschaffen.

Dieser destruktive Macht wurde im Neuen Testament eine klare Absage erteilt. So mancher Theoretiker ging im Verlauf der Kirchengeschichte mit seiner eifrigen Ablehnung des Leibes zu weit und so entstand das Bild von der leibfeindlichen Kirche. Doch hieße es, das Kind mit dem Bade auszuschütten, wollte man mit der Ablehnung der falschen, selbstsüchtigen Liebe auch die echte, wahre und tiefe Liebe verneinen, die in der Selbsthingabe gipfelt, aber auch Lust und Erotik umfasst.


6