Das Recht auf Widerstand Kampf gegen die Staatsgewalt? - Ein Dauerthema
Im Antiken Griechenland entstehen verschiedene Ausprägungen des politischen Lebens, hier leben Denker wie Aristoteles, der um 348 vor Christus in Stagyra geboren wird. Er begutachtet die Staatsformen Monarchie, Aristokratie und Demokratie. Als deren Fehlentwicklungen betrachtet er Tyrannis, Oligarchie und Demagogie. Hier geht es nicht um die Förderung des Allgemeinwohls, sondern um die Verfolgung eigennütziger Ziele. Den Widerstand gegen "schlechte" Regierungen hält Aristoteles für legitim.
Naturrecht und Widerstand
Die griechische Sophistik bringt die Idee des Naturrechts hervor. Es wird zwischen dem staatlichen oder positiven Recht und dem natürlichen, jedem angeborenen Recht, das der Natur des Menschen und der Vernunft entspricht, unterschieden. Da das Naturrecht als höheres Recht für alle Menschen zu aller Zeit gleich ist, darf man sich, so Naturrechtler, Herrschenden, die dagegen verstoßen, entgegenstellen.
Anhänger des frühen Christentums pochen auf eine von Gott gesetzte Ordnung. Machthaber, die gegen das Gottesgebot wirken, müssen mit Widerstand rechnen. Im 18. Jahrhundert greifen Philosophen der Aufklärung die Naturrechtsidee wieder auf.
Der große Theologe Thomas von Aquin (1225-1274) befasst sich ebenfalls mit dem Aufbegehren gegen eine verbrecherische Obrigkeit. Für ihn gibt es ein Notrecht gegenüber einem Regierenden, dessen Herrschaft unerträglich wird und demgegenüber Gehorsam Sünde bedeuten würde. Folglich hat der Mensch hat ein Recht auf Revolte.
Widerstand bei Bruch des Sozialvertrages
John Locke (1632-1704), Philosoph und Wegbereiter des politischen Liberalismus, präsentiert die Lehre vom Sozialvertrag und der Gewaltenteilung. Weil den Menschen im Naturzustand eine Autorität fehlt, die das angeborene Recht auf Freiheit und Eigentum sichert, schließen die Einzelnen einen Gesellschaftsvertrag ab, in dem sie ihre Individualrechte zugunsten der Allgemeinheit beschränken. Dann sorgt der Staat - Locke befürwortet die konstitutionelle Monarchie - für die Sicherheit seiner Mitglieder nach innen und außen. Maßt sich eine Regierung absolute Gewalt an, verstößt sie gegen die Vereinbarung. Das Volk erhält seine ursprüngliche Unabhängigkeit wieder zurück und kann ein Recht auf Widerstand wahrnehmen.
Baron Charles de Montesquieu (1698-1755), der ebenfalls für Gewaltenteilung eintritt, meint: "Wenn ein Fürst, weit davon entfernt, seine Untertanen glücklich leben zu lassen, sie unterdrücken und vernichten will, so endet die Grundlage des Gehorsams."
Tyrannenmord als Ultima Ratio
Johann von Salisbury (1115-1180), der Freund und Sekretär des in königlichem Auftrag ermordeten Erzbischofs von Canterbury, Thomas Becket, unterscheidet in seinem Werk "Policraticus" zwischen König und Tyrann. "Der wahre Fürst kämpft für die Gesetze und für die Freiheit des Volkes. Der Tyrann tritt die Gesetze mit Füßen und macht die Völker zu Sklaven. Erster ist ein Abbild der Gottheit, letzterer ist der leibhaftige Luzifer. Den ersteren soll man lieben, den Tyrannen soll man meistens töten".
Salisbury gilt als Vorläufer der Monarchomachen, der Anhänger von der Lehre des berechtigten Tyrannenmordes. Vor allem zu Zeiten der Gegenreformation sind Tyrannenmordfantasien ab der der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in beiden Konfessionen stark verbreitet.