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Die Geschichte des Landlebens in Deutschland Glossar

Stand: 12.01.2015 | Archiv

BegriffeErklärung
DorfAls Dorf galt lange Zeit eine Siedlung mit zehn oder mehr Wohngebäuden, in der die Landwirtschaft dominiert. Mittlerweile ziehen Dorfforscher diese Definition vor: Ein Dorf ist eine kleine Siedlung mit zehn oder mehr Wohngebäuden, die geprägt ist von landwirtschaftlicher Bausubstanz.
DorferneuerungBereits in den 1950er Jahren bemühen sich Agrarpolitiker um eine Auflockerung der Dörfer. Viele Siedlungen sind zu eng angelegt, sie stehen der Technisierung der Landwirtschaft im Wege. Moderne Traktoren, Mähdrescher oder große Saatmaschinen finden oft kein Durchkommen. So werden Höfe ausgesiedelt und an den Ortsrand verlegt; geradezu monumentale Durchgangsstraßen entstehen. Vielerorts verschwinden Dorfteiche und Brunnen, Bäche zwingt man in Rohre. Als Jahre später diese planerischen Missgriffe erkannt werden, startet die bayerische Staatsregierung 1982 ein Dorferneuerungsprogramm. Neben Rückbaumaßnahmen (unter anderem Wiederherstellung alter Bausubstanz, Freilegung verrohrter Wasserläufe, Neugestaltung von Dorfplätzen) zielt die Dorferneuerung darauf ab, die Lebens-, Arbeits- und Wohnverhältnisse im ländlichen Raum zu verbessern. Landflucht soll so verhindert werden.
FlurbereinigungWährend die Technisierung und Rationalisierung in der Landwirtschaft seit den 1950er Jahren rasche Fortschritte macht, wird deutlich, dass viele Flächen zu klein und zu unförmig für einen sinnvollen Maschineneinsatz sind. So kommt es in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland zu Flurbereinigungen. Nutzflächen werden neu gegliedert und Wirtschaftswege gebaut, damit Landwirte problemlos auf die Felder gelangen. Die Landschaft bekommt ein Schachbrettmuster. Ökologische Aspekte wie die für Tiere und Pflanzen oft verheerende Zerschneidung von Biotopen werden bei der Flurbereinigung erst ab den 1980er Jahren berücksichtigt.
GebietsreformIn den 1960 und 1970er Jahren setzen westdeutsche Landesregierungen bei der Raumplanung auf die Idee einer Steuerung von oben nach unten. Ziel ist es, die Grenzen zwischen Gemeinden, Landkreisen und Bezirken zu ändern, um leistungsfähigere Einheiten zu schaffen. In Bayern findet die kommunale Gebietsreform zwischen 1971 und 1976 statt. Dabei werden die Landkreise von 143 auf 71 reduziert, die kreisfreien Städte von 48 auf 25. Die Gemeinden bekommen die Eingriffe besonders zu spüren: 1952 sind es noch mehr als 7.000, nach Abschluss der Gebietsreform etwas über 2.000. Viele Dörfer können den Verlust ihrer Autonomie - es gibt im Ort keinen Bürgermeister und keinen Gemeinderat mehr - nur schwer verkraften.
Integrative DorfvereineHier werden Probleme eines Dorfes analysiert, Wünsche der Bürger erfasst und "Kraftquellen" (ehrenamtliches Engagement, Ausbau einer Anerkennungskultur) erschlossen. Dorfgestaltung und -entwicklung werden in ihrer Ganzheit betrachtet, Konzepte zusammen mit Dorfplanern erarbeitet.
WüstungAls Wüstung werden eine aufgegebene Siedlung und die dazugehörige einst landwirtschaftlich genutzte Flur bezeichnet. Zu Wüstungsprozessen kommt es meist in der Folge von Agrarkrisen - beispielsweise im 14. Jahrhundert, als verheerende Pestwellen beträchtliche Bevölkerungsverluste verursachen. Das Angebot an landwirtschaftlichen Produkten übersteigt die Nachfrage, die Preise fallen. Viele Landbewohner, die die Pest überlebt haben, ziehen fort, in den Dörfern stehen verlassene Höfe und Felder.

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