Bayern 2 - radioWissen


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Download-Service Einsatz im Unterricht

Stand: 01.08.2014 | Archiv

Vorarbeit

Lernziele: Nach einer kurzen Rekapitulation der kriegsauslösenden Faktoren, werden die Schülerinnen und Schüler mit der unterschiedlichen Entwicklung des Kriegsverlaufs an der Ost- und Westfront vertraut. Sie erfahren, wie militärische Fehlentscheidungen, aggressiver Nationalismus und das Scheitern des Schlieffen-Plans zum vierjährigen Stellungskrieg an der Westfront führten. Das Beispiel der von beiden Armeen heftig umkämpften Höhe am elsässischen Hartmannsweilerkopf verdeutlicht den Irrsinn eines aussichtslosen Kampfes, der Millionen Todesopfer forderte. Zeitgenössische Tondokumente belegen, wie die Propaganda der Militärführung den Sieg bei Tannenberg zum Mythos des "unbesiegbaren deutschen Heeres" überhöhte und die Gräuel des U-Boot-Kriegs zum gerechten Kampf um die Freiheit der Meere stilisierte. Zudem zeigt die Sendung, dass der "unbeschränkte U-Boot-Krieg den letzten Anlass für den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten lieferte und die endgültige Niederlage im Westen einleitete. Den Schülerinnen und Schülern wird klar, dass die hohen Verluste und die Härten der Kriegswirtschaft ab 1917 weite Teile der Zivilbevölkerung zermürbten.
Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass das von sozialdemokratischen und linken Kreisen propagierte Bemühen um einen raschen Verständigungsfrieden am Widerstand rechter und nationalkonservativer Kräfte und einer Generalität scheiterte, die am längst utopisch gewordenen Ziel eines "Siegfriedens" im Westen festhielt. Erst als im Oktober 1918 massive Unruhen in den Großstädten, Streiks, Aufstände und meuternde Truppenteile die Gefahr einer "proletarischen Revolution" heraufbeschworen, war die Heeresleitung zur Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen bereit. Abschließend vermittelt die Sendung, dass die Kapitulation der Armeeführung auch das Schicksal der Monarchie besiegelte: Gedrängt von der Heeresleitung und allen politischen Kräften, willigte Kaiser Wilhelm II. schließlich in den Thronverzicht ein und gab den Weg frei für die Gründung der Deutschen Republik.

Die Sendung im Unterricht

Einstieg / Motivierung: Bildimpuls - Ein bildgesteuerter Einstieg ist möglich über Reproduktionen der aggressiven Kriegspropaganda und Fotos, die den euphorischen Auszug der Truppen zu Kriegsbeginn mit der Grausamkeit des Krieges an der Front kontrastieren. Geeignete Bildvorlagen, zeitgenössische Filme und private sowie offizielle Kriegsberichte, Feldpostbriefe und weiteres Material finden sich in großer Fülle und leicht zugänglich im digitalen Archiv "Europeana (http://www.europeana1914-1918.eu/de).
Sachimpuls -
Zur Vorbereitung werden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, im Familien- und Bekanntenkreis nach Erinnerungsstücken (Fotoalben, Briefe, Orden) aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zu fragen und die Funde in den Unterricht mitzubringen. Nach dem gemeinsamen Betrachten der Fundstücke und Berichten über deren Herkunft und Geschichte kündigt die Lehrkraft die Sendung an: "Was sich damals zugetragen hat, und wie es euren Urgroßvätern erging, erzählt euch jetzt ein Radiobeitrag".
Vor dem Hören teilt die Lehrkraft Arbeitsblatt 1 ("Was geschah wann?" sichert die in der Sendung genannten Eckdaten der Ereignisgeschichte. Die Schüler erhalten einen zeitlichen Rahmen, der das Verständnis des Beitrags erleichtert) aus und hält die Schüler an, neben den Zeitangaben das zugehörige Ereignis stichpunktartig festzuhalten. Das Zeitgerüst wird nach dem Hören gemeinsam vervollständigt.

Nacharbeit

Nachbearbeitung: Die übrigen Arbeitsblätter und Arbeitsaufgaben dienen der Festigung des im Radiobeitrag vermittelten Wissens und der Vertiefung aufgeworfener Fragen. Die Audioclips können zur Motivation und thematischen Strukturierung des Unterrichtsgesprächs oder als Ergänzung der Arbeitsblätter eingesetzt werden. Arbeitsblatt 2: "Bewegungskrieg im Osten, Stellungskrieg im Westen" zeichnet die Hauptfrontlinien nach und verdeutlicht den jeweils unterschiedlichen Verlauf des Kriegsgeschehens. Arbeitsblatt 3: "Weltenbrand: "Der unbeschränkte U-Boot-Krieg" erläutert Ziele, Ausmaß und Folgen des radikalisierten Seekriegs ab 1917. Die Schülerinnen und Schüler begreifen, dass die von Deutschland ausgehende Eskalation des U-Boot-Krieges den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten provozierte, die Ausweitung des Krieges vorantrieb und schließlich den Ausschlag für den Sieg der Alliierten gab. Arbeitsblatt 4: "Finale in Compiège" skizziert die innenpolitische Situation des letzten Kriegsjahres. Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass die Bemühungen um einen Verständigungsfrieden scheiterten, weil die Generalität und konservative Kreise an der Utopie eines "Siegfriedens" festhielten. Sie begreifen, dass die Gefahr einer Revolution die Militärführung an den Verhandlungstisch zwang und das Ende der Monarchie herbeiführte. Arbeitsblatt 5: "1914-1918: Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" kann je nach verfügbarer Zeit und Leistungsstand der Klasse zur Vertiefung, als Ergänzung und Diskussionsgrundlage eingesetzt werden. Das Arbeitsblatt bilanziert die Folgen des Ersten Weltkriegs und stellt die Frage, inwiefern der Zweite Weltkrieg eine Fortsetzung des Ersten Weltkriegs ist.

Vertiefung und Diskussion

Zur Ergänzung und Vertiefung kann die Lehrkraft den folgenden Textausschnitt wahlweise vorlesen (lassen) oder als Sendungsausschnitt (Audioclip 3) abspielen.
"Auch an den Fronten ist die Kriegsmüdigkeit 1917 nicht mehr zu übersehen: Selbst einfache Soldaten erkennen, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist. So kommt es - zum Beispiel an Weihnachten - zu Verbrüderungen über die Schützengräben hinweg. Dort, wo sich über Monate kaum etwas tut und die Stellungen manchmal nur wenige Meter auseinander liegen wie am Hartmannsweilerkopf im Elsass, braucht es für diese verbotenen Momente aber keine Feiertage. Hans-Peter Tombi berichtet: "Da werden etliche Überlieferungen weiter getragen, zum Beispiel ein französischer Elsässer, kocht auf der anderen Seite und der Deutsche fragt: Hhhm, das riecht aber heute gut bei Dir drüben! - Und dann fragt der Elsässer: Haste Hunger? - Dann sagt er: Ja natürlich. - Ja, dann komm' doch rüber. Und dann hat man zusammen gegessen. Das ging natürlich immer so lange gut, bis die Offiziere das gemerkt hatten." Derartige Anekdoten finden sich immer wieder in verschiedenen Berichten von Truppenteilen und in Feldpostbriefen. Diese Dokumente auf die wahren Kriegserlebnisse hin auszuwerten, ist nicht leicht - denn bestimmte Tabus, wie etwa die Angst vor dem Tod, werden kaum angetippt. Aber eins scheint sicher: Die angebliche "Erbfeindschaft" zwischen Deutschen und Franzosen wird von vielen im Verlauf des Ersten Weltkriegs überwunden, viele Soldaten sehen sich als Opfer der Politik."
Nach dem gemeinsamen Lesen beziehungsweise Hören stößt die Lehrkraft das Klassengespräch durch Leitfragen an:

  • Der Text erzählt von menschlichen Begegnungen über die Schützengräben hinweg. Wie kam es zu diesen Verbrüderungen, was hat sie begünstigt?
  • Was haben die Soldaten beider Seiten allmählich als eigentlichen Auslöser des Krieges erkannt?
  • Welche Dienstgrade haben diese Verbrüderungen eingeleitet und getragen?
  • Wer hat die Verbrüderungen unterbunden, vor wem musste man sie verbergen?
  • Wer hatte ein Interesse am Schüren einer "Erbfeindschaft" zwischen Deutschen und Franzosen?
  • Wer ist demnach für die Fortsetzung und Aufrechterhaltung des Krieges verantwortlich?
  • Warum haben deutsche und französische Soldaten erst im Krieg begriffen, dass sie lieber miteinander feiern und essen als sich gegenseitig abzuschlachten?
  • Im Rückblick auf den Krieg sagte Charles de Gaulle: "Es gab Sieger und Besiegte, verloren haben wir alle." Was haltet ihr von dieser Aussage? Denkt ihr, dass sie stimmt?
  • Und wie sieht es heute aus: Glaubt ihr, dass die deutsch-französische Aussöhnung mittlerweile eine stabile Freundschaft zwischen beiden Völkern geschaffen hat?
  • Was können wir tun, was muss die Politik tun, um die Freundschaft zu vertiefen und eine Katastrophe wie die des Ersten Weltkriegs dauerhaft zu verhindern?

Lehrplanbezug

Lehrplan für die bayerische Mittelschule
8. Jahrgangsstufe
Geschichte/Sozialkunde/Erdkunde, 8.5 Imperialismus und Erster Weltkrieg, 8.5.1 Rivalitäten unter den europäischen Nationalstaaten: Kampf um die Vormacht in Europa und um die Aufteilung der Welt, der Erste Weltkrieg 1914-1918

Lehrplan für die bayerische Realschule
9. Jahrgangsstufe
Geschichte, 9.3 Erster Weltkrieg und Nachkriegsordnung: Ausbruch und Verlauf des Krieges (Julikrise und Kriegsschuldfrage, Entwicklung und Ausweitung des Kriegs, Entscheidungsjahr 1917: Kriegseintritt der USA, russische Oktoberrevolution, der Krieg: Alltag an der Front und in der Heimat, Zusammenbruch der Mittelmächte, Novemberrevolution in Deutschland), die Nachkriegsordnung (Pariser Vorortverträge, Versailler Vertrag, Bürgerkrieg und Aufbau der Sowjetunion Julikrise und Kriegsschuldfrage)

Lehrplan für das bayerische Gymnasium
8. Jahrgangsstufe
Geschichte, 8.3 Imperialismus und Erster Weltkrieg: Spannungsfelder im europäischen Mächtesystem (deutsch-französisches Verhältnis, Balkan, Wettrüsten, Attentat von Sarajewo und Julikrise; neue Dimension des Kriegs: Stellungskrieg, Materialschlacht und Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung; 1917: Kriegseintritt der Vereinigten Staaten; Kriegsende, Friedensverträge und Probleme der Nachkriegsordnung


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