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John F. Kennedy Das Thema

Stand: 06.07.2022 | Archiv

John Fitzgerald Kennedy wird am 29. Mai 1917 als zweitältester Sohn des Millionärs Joseph P. Kennedy und Rose Kennedy (geborene Fitzgerald) der Tochter des früheren Bürgermeisters von Boston, in Brookline, Massachusetts geboren. Von 1936–1940 studiert er Politik an der Harvard-Universität. Im Zweiten Weltkrieg, 1941, dient er freiwillig bei der US Navy und wird Kommandant eines Schnellbootes. Sein älterer Bruder Joseph kommt bei einem Flugeinsatz 1944 ums Leben, weswegen nun alle Hoffnungen des Vater auf eine politische Karriere auf Johns Schultern ruhen. 1946 wird er, mit beträchtlicher finanzieller Unterstützung durch den Vater, ins Repräsentantenhaus gewählt. Am 12. September 1953 heiratet er Jacqueline Lee Bouvier (1929-1994). Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor: Caroline (geb. 1957), John F. Kennedy Jr. (1960-1999) und Patrick Bouvier Kennedy (1963), der zwei Tage nach seiner Geburt stirbt. 1953–1961 ist er Senator des Staates Massachusetts, im Juli 1960 wird er in Los Angeles von der Demokratischen Partei zum Präsidentschaftskandidaten nominiert und am 8. November zum 35. Präsidenten der USA gewählt.

Kennedys Werdegang ist wie sein ganzes Leben von einer schweren Krankheit überschattet, die er vor den Augen der Weltöffentlichkeit verbirgt: Morbus Addison, eine Nebennierenrinden-Unterfunktion, die mit hoher Infektanfälligkeit einhergeht und einen hohen Medikamentenkonsum erfordert. Zudem leidet Kennedy unter schweren chronischen Rückenschmerzen.

Mythos Kennedy

Lebendiger als das Andenken an seine Politik ist bis heute der Mythos Kennedy. Das Image der Präsidentenfamilie folgte einer perfekten Choreografie, die genau dem Zeitgeist der beginnenden 1960er Jahre entsprach. Der verlangte nach frischem Wind, vor allem auch an der Spitze der mächtigsten Nation der Welt. Der Typus des väterlichen Präsidenten war nicht mehr gefragt. Jemand wie Kennedy verkörperte jugendliches Selbstbewusstsein, Lust auf Veränderung, Durchsetzungskraft und Stärke. Er und seine Frau Jackie waren ein unwiderstehliches Paar: elegant, glamourös, mit einer vornehmen Dosis Sex-Appeal, immer umgeben von Intellektuellen und Künstlern. Dass die Ehe aber nicht zuletzt wegen JFKs zahlreicher Affären unglücklich war, dass die in der Öffentlichkeit als Stilikone auftretende Jackie unter schweren Depressionen litt, dass der nach außen hin so vitale Kennedy schwer chronisch krank war und viermal in seinem Leben die letzte Ölung erhielt, sind die Schattenseiten des Ehepaars, das in der Öffentlichkeit wie Popstars verehrt wurde.

Schweinebucht-Invasion

Der erst 43-jährige Präsident sieht einer Amtszeit mit großen Herausforderungen entgegen: In der Sowjetunion stehen die Zeichen auf Expansion des Kommunismus in die Dritte Welt - von Vietnam bis Kuba. Kennedy ist entschlossen, dieser Herausforderung offensiv zu begegnen.

In Kuba haben sozialistische Rebellen um Fidel Castro das korrupte, von den USA gestützte Batista-Regime gestürzt. Castro schließt sich immer mehr ans sowjetische Lager an und wird für die USA zur permanenten Provokation. Kennedy greift bereits bestehende Pläne des CIA zu einer Invasion auf. Am 17. April 1961 befiehlt er den Angriff einer Brigade aus Exilkubanern in der kubanischen Schweinebucht. Castro, der wider Erwarten, schon lange Kenntnis dieser Pläne hat, begegnet den Angreifern mit militärischer Übermacht. Die US-Regierung lässt die Exilkubaner im Stich – sie will keinen offenen Krieg riskieren. Die Schweinebucht-Invasion wird zum Desaster.

Kuba-Krise

Im Oktober 1961 bringt die Kuba-Krise die Welt zwei Wochen lang in die Nähe eines dritten Weltkrieges. Die Sowjets haben Mittel- und Langstreckenraketen auf Kuba stationiert, um weiteren us-amerikanischen Einmischungsversuchen auf der Karibikinsel vorzubeugen und die atomare Überlegenheit der USA zu beseitigen.

Präsident Kennedy und sein handverlesener Beraterstab, „Exkomm“ genannt, entscheiden sich für eine Seeblockade und gegen einen Luftangriff, der hohe Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert hätte. Am 24. Oktober begegnen sich sowjetische und amerikanische Kriegschiffe in der Karibik, eine Eskalation wird in letzter Sekunde vermieden: Sechs sowjetische Schiffe drehen ab. Am 27. Oktober stellt Kennedy dem Kremlchef Nikita Chruschtschow ein Ultimatum: Abzug der Raketen binnen 24 Stunden. Chruschtschow fordert im Gegenzug nichts weiter als den Verzicht auf weitere Invasionspläne und eine inoffizielle Zusage, dass die USA ihre – sowieso veralteten - Atomraketen aus der Türkei und Italien abziehen würden.

Das Ende der Krise bedeutet einen Triumph für Kennedy. Angesichts der überstandenen Gefahr rückt er ab von seiner Politik der Konfrontation und sucht die Verhandlungsebene, die zu ersten konkreten Schritten zur Entschärfung des Kalten Krieges führt: Ein "heißer Draht" zwischen Moskau und Washington wird eingerichtet, atomare Tests verboten, überschüssiger Weizen an die Sowjetunion verkauft.

Außenpolitik

Kennedys Außenpolitik ist widersprüchlich und umstritten. Er sieht die Probleme der Dritten Welt und ergreift in seinem Programm "Allianz für den Fortschritt" Maßnahmen zur ökonomischen Integration Lateinamerikas mit dem Ziel, Armut und Analphabetismus zu beseitigen und kommunistischen Befreiungsbewegungen den Wind aus den Segeln zu nehmen: Dieses Programm bleibt aber weitgehend wirkungslos. Mehr Erfolg hatte er mit der Einrichtung der "Friedenscorps", in denen mehr als 400.000 junge Amerikaner fast ohne Bezahlung als Lehrer, Arbeiter oder Krankenschwestern in Dörfern der Dritten Welt arbeiten. Trotzdem hält Kennedy auch nach der Kuba-Krise an einem aufwändigen Rüstungsprogramm fest, das 17 Milliarden Dollar verschlingt.

Das Engagement seiner Regierung in Vietnam, das neben der Entsendung von Militärs auch den Einsatz von Napalm und Entlaubungsmitteln beinhaltet, legt nach Meinung vieler die Grundlagen für die Eskalation des Krieges unter seinem Nachfolger Lyndon B. Johnson.

Als am 13. August 1961 Einheiten der Volksarmee der DDR eine Mauer zum sowjetischen Sektor der Stadt errichten, reagiert die US-Regierung, zum Ärger des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt, untätig und verhalten. Die US-Regierung empfindet den Mauerbau als beruhigend defensiv und befürwortet eine weitere West-Integration des Westteils der Stadt. Die berühmte Rede Kennedys mit seinem legendärem Bekenntnis "Ich bin ein Berliner" findet erst zwei Jahre nach den Ereignissen statt.

Innenpolitik

Innenpolitisch setzt Kennedy auf Reformen. Er legt ein Programm zur Verbesserung der Sozialhilfe, der Bildung, der Krankenversicherung vor und nimmt eine Steuerreform in Angriff. "New Frontier" (Neue Grenzen), so der Name des Programms, verbreitet große Aufbruchsstimmung vor allem in der jungen Generation. Aber der amerikanische Kongress, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, verhindert häufig die Umsetzung dieser Vorhaben. Auch Kennedys Pläne zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung stoßen auf starken Widerstand vor allem im rassistischen Süden. So wird das umfassende Bürgerrechtsgesetz, das ungerechte Bildungstests ebenso für illegal erklärt wie die Rassentrennung in Restaurants, Hotels, Kinos und Sportstadien, lange durch den Kongress blockiert, in dem Republikaner die Mehrheit haben. Als am 28. August 1963 sich unter dem Motto "Marsch auf Washington" 200.000 Bürgerrechtler, unter ihnen Martin Luther King, in der amerikanischen Hauptstadt versammeln, empfängt Kennedy die Anführer im Weißen Haus. Das Bürgerrechtsgesetz wird nach seinem Tod unter seinem Nachfolger Lyndon B. Johnson ratifiziert – die emotionalisierte Atmosphäre nach dem Attentat macht es möglich.

Das Attentat

Im Herbst 1963 beginnt Kennedy mit Wahlkampfreisen für die nächsten Präsidentschaftswahlen. Dallas in Texas ist eine besonders schwierige Station: Im Süden liebt man den Präsidenten nicht. Trotzdem sind die Sicherheitsbestimmungen unzureichend. Der Präsident und seine Begleitung fahren am 22. November 1962 in einer offenen Limousine durch die Straßen, als ihn die tödlichen Schüsse treffen. Kennedy stirbt bald darauf im Krankenhaus. Lee Harvey Oswald, ein marxistisch gesinnter Fünfundzwanzigjähriger mit schwieriger familiärer Vergangenheit und gestörter Psyche, der als mutmaßlicher Schütze wenige Stunden nach dem Attentat verhaftet wird, wird zwei Tage später während seiner Verlegung vom Stadt- ins Bezirksgefängnis von Jack Ruby, einem Nachtklubbesitzer aus Dallas, erschossen. Eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz von Richter Earl Warren kommt im September 1964 zu dem Schluss, dass Oswald die Tat alleine begangen hat. Bis heute gibt es zahlreiche Theorien, die das in Zweifel ziehen. Manche vermuten die CIA als Drahtzieher, zu der der junge Präsident ein konfliktreiches Verhältnis hatte. Andere machen die Mafia, Exil-Kubaner, Castro selbst, vielleicht auch das FBI, den Secret Service und/oder reiche Ölmagnaten aus Dallas dafür verantwortlich.

Das Staatsbegräbnis für Präsident Kennedy am 25. November verfolgen Millionen Fernsehzuschauer auf der ganzen Welt. Kennedy wurde auf dem Nationalfriedhof in Arlington beigesetzt. Millionen Menschen auf der ganzen Welt trauern um ihn.


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