Phantast von Gottes Gnaden
Der letzte deutsche Kaiser, umstritten wie kein zweiter: Hat Wilhelm II. durch seine launische Bündnispolitik Deutschland isoliert oder gebührt dem Sozialreformer und Förderer der Wissenschaften Nachruhm? Eine Wertung seiner dreißigjährigen Herrschaft ist bis heute schwierig.
Wilhelm II.
Schon die Geburt war ein Kampf: Als Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen am 27. Januar 1859 in Berlin zur Welt kam, wurde sein linker Arm so schwer verletzt, dass er lebenslang verkrüppelt blieb. Der Auftakt zu einer, laut Wilhelm, "recht unglücklichen Kindheit", in der er nur während der Schulzeit an einem städtischen Gymnasium so etwas wie Normalität erlebte.
Nach Studium und Militärdienst blieb Wilhelm kaum Zeit zur Einarbeitung in die Amtsgeschäfte: Im "Drei-Kaiser-Jahr" 1888 starben innerhalb von 100 Tagen der greise Wilhelm I. und Friedrich III., Wilhelms Vater. Zunächst ging der Thronfolger soziale Reformen an – Stichwort Rentenversicherung, Aufhebung der Sozialistengesetze, progressive Einkommenssteuer. Er entließ Otto von Bismarck und versuchte durch sein "persönliches Regiment" die Reichspolitik nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Ein Schwachpunkt von Wilhelms Staatsführung waren die auswärtigen Beziehungen: Es verprellte sowohl England als auch Russland und provozierte halb Europa durch protzige Paraden und die Aufrüstung der deutschen Flotte.
Während des Ersten Weltkriegs nahm Wilhelms Einfluss stetig ab, seine Abdankung im November 1918 setzte unter den stetigen Machtverlust den Schlusspunkt. Wilhelm II. starb am 4. Juni 1941 im Exil in Doorn.
Fragen und Antworten
1. Wodurch war Wilhelm I. sein Leben lang gehandicapt?
2. Wer waren die Großeltern Wilhelms II.?
3. Wie lange dauerte die Regentschaft seines Vaters, Friedrichs III.?
4. Wen entließ Wilhelm 1890 aus dem Dienst?
Otto von Bismarck (im Bild links, wie er 1888 Kaiser Wilhelm in Friedrichsruh empfängt). In einer zeitgenössischen Karikatur wird Bismarck als Lotse dargestellt, der das Schiff Deutschland verlässt.
5. Wie hießen einige der Reichskanzler der "Wilhelminischen Ära"?
Von Caprivi, von Hohenlohe-Schillingsfürst, von Bethmann-Hollweg, von Bülow, von Baden.
6. Welches militärische Ziel verfolgte Wilhelm II. besonders hartnäckig?
7. Welche Erfahrung macht Wilhelm II. während des Ersten Weltkriegs?
Sein Einfluss schwindet. Von innenpolitischen und militärischen Entscheidungen bleibt er meist ausgeschlossen.
8. Wann endet die Regentschaft Wilhelms?
Der Reichskanzler Max von Baden, nicht etwa Kaiser Wilhelm selbst, verkündet am 9. November 1918 seine Abdankung.
9. Welcher Ideologie hängt Wilhelm in seinen letzten Lebensjahren an?
Dem Antisemitismus: Noch bevor es die Nationalsozialisten tun, spricht Wilhelm von "Ausrottung" und "Vergasung" der Juden.