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Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron Glossar

Stand: 19.05.2014 | Archiv

PersonenErklärung
Bendikt XII.
(1334-1342)
Der Zisterzienser (weltlicher Name: Jacques Fournier) tritt am 20. Dezember 1334 die Nachfolge Johannes XXII. an. Von Ludwigs mangelnder Reue überzeugt, weigert er sich, die Kirchenstrafen aufzuheben.
Clemens VI.
(1342-1352)
Clemens VI. (weltlicher Name: Pierre Roger) wird am 7. Mai 1342 als Nachfolger Benedikts XII. zum Papst gewählt. Der ehemalige Erzieher Karls IV. und Parteigänger der Luxemburger fordert Ludwig auf, die Kirchenstrafen anzuerkennen. Da die Verhandlungen scheitern, erneuert er am 13. April 1346 die Verurteilung Ludwigs und ruft die Fürsten zur Wahl eines neuen Königs auf.
Johannes XXII.
(1316-1334)
Johannes (weltlicher Name: Jacques Duèze) wird 7. August 1316 im Alter von 67 Jahren zum Papst gewählt. Er entpuppt sich als erbitterter Gegner Ludwigs und versucht, den Anspruch des Kaisers über Reichsitalien zurückzudrängen. 1317 bezeichnet er das Römische Reich als führungslos, weil seiner Ansicht nach nur ein päpstlich anerkannter römischer König die Herrschaft ausüben könne. Daher beansprucht er die Verwaltung durch den Apostolischen Stuhl und setzt Robert von Neapel zum päpstlichen Reichsvikar für Italien ein. Am 23. März 1324 verhängt er den Kirchenbann über Ludwig IV. Ebenso unerbittlich zeigt er sich in der Auseinandersetzung im Armutsstreit mit franziskanischen Spiritualen, deren Anführer er verfolgen, einkerkern und hinrichten lässt oder mit dem Bann belegt.
Marsilius von Padua
(~ 1280-1342/43)
Der zwischen 1275 und 1290 geborene Arzt und Philosoph ist ein radikaler Kritiker des Papsttums. Sein 1324 anonym in Paris erschienenes, Ludwig IV. gewidmeten Werk "Defensor Pacis" (Verteidiger des Friedens) bestreitet die Herrschaftsansprüche des Papstes und räumt dem römischen König ein Aufsichtsrecht über die Kirche ein. 1326 flieht er zu Ludwig nach München, 1327 wird er vom Papst Johannes XXII. gebannt und als Häretiker verurteilt. Der einflussreiche Ratgeber und Leibarzt Ludwigs stirbt um 1242/43 in München.
Michael von Cesena
(~ 1270-1342)
Der um 1270 geborene Franziskaner ist ein vehementer Vertreter des Armutsideals. Er wird 1316 zum Ordensgeneral gewählt und sucht zunächst nach einem Ausgleich mit dem Papsttum. 1322 verkündet das Generalkapitel der Franziskaner unter seiner Führung, Christus und die Apostel hätten keinerlei Besitz gehabt. 1327 wird Michael der Häresie bezichtigt und flieht zu Ludwig nach München. 1331 wird er aus dem Franziskanerorden ausgeschlossen und zu lebenslänglicher Klosterhaft verurteilt. Er verfasst er mehrere Schriften, die Papst Johannes XXII. der Häresie bezichtigen und das Ideal der evangelischen Armut verteidigen.
William von Ockham
(~ 1288-1347)
Der Franziskaner, Theologe und Philosoph wird um 1288 im englischen Surrey geboren. Von 1324 bis 1328 muss er sich vor dem päpstlichen Gerichtshof in Avignon gegen den Vorwurf der Häresie verteidigen. Er stellt sich im Armutsstreit auf die Seite der Papstgegner und flieht zu Ludwig nach München. Als Parteigänger des gebannten Kaisers wird er im Juni 1328 exkommuniziert. Von 1329/30 bis zu seinem Tod im April 1347 lebt er als maßgeblicher Mitgestalter der kaiserlichen Kirchenpolitik in München. In seinen Schriften vertritt er die Autonomie der weltlichen Herrschaft und befürwortet eine strikte Trennung von Kirche und Staat.
BegriffErklärung
ArmutsstreitDer Streit entzündet sich im Franziskanerorden an der Frage, ob die Nachfolge Christi und seiner Apostel den Besitz weltlicher Güter erlaubt oder völlige Armut fordert. Die Fraktion der Spiritualen bejaht dieses Gebot. Die Spiritualen propagieren ein zurückgezogenes Leben in Einsiedeleien und lehnen Klöster, Kornspeicher, Weinkeller sowie jeden Umgang mit Geld rigoros ab. Die Konventualen befürworten einen gemäßigten Kurs und das klösterliche Zusammenleben. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wächst sich der Konflikt zwischen den Spiritualen und dem zunehmend verweltlichten Papsttum aus. Während das Generalkapitel der Franziskaner 1322 erklärt, Jesus und die Apostel hätten weder einzeln oder als Gemeinschaft Eigentum besessen, verdammt Papst Johannes XXII. die Lehre als ketzerisch. Das harsche Urteil macht vordem auf Ausgleich bedachte Franziskaner wie den Ordensgeneral Michael von Cesena zu offenen Gegnern des Papstes.
BannDer Bann ist ein Instrument der mittelalterlichen Herrschaftsausübung. Er umfasst das Recht und die Gewalt des Königs bzw. seiner Stellvertreter oder Beamten, Gebote und Verbote zu erlassen, deren Nichtachtung Strafen nach sich zieht. Zu den zentralen Banngewalten des Königs zählen der Heerbann (das Recht, die Teilnahme am Kriegszug einzufordern) und der Gerichtsbann (Ausübung der Gerichtsbarkeit).
Exkommunikation (Kirchenbann)Der Kirchenbann ist ein Instrument der kirchlichen Strafgewalt gegen Personen. Der Kleine Bann (excommunicatio minor) verhängt den zeitweiligen Ausschluss von allen Sakramenten und kirchlichen Ämtern. Der Große Bann (excommunicatio maior) bedeutet den vollständigen, unbegrenzten Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft. Im Hoch- und Spätmittelalter sind Exkommunizierte automatisch der Reichsacht verfallen und damit rechtlos.
FürstAls Fürsten (principes) gelten im Früh- und Hochmittelalter die höchsten Reichsbeamten, also Herzöge, Grafen sowie reichsfreie Äbte und Bischöfe. Als Angehörige der politischen Elite bilden sie das wichtigste Herrschaftselement im römisch-deutschen Reich.
GrafIm Früh- und Hochmittelalter übt der Graf (lat. comes) als vom König ernannter Beamter stellvertretend alle königlichen Herrschaftsrechte (Aufbietung des Heeres, Gerichtsbarkeit etc.) sowie Verwaltungsaufgaben im Gebiet einer Grafschaft aus. Das Grafenamt hat je nach Funktion und Lage der Grafschaft unterschiedliche Ausprägungen. Der Landgraf steht an der Spitze einer dem König direkt unterstellten Landgrafschaft. Der Markgraf hat die Befehlsgewalt über ein meist größeres Grenzgebiet (Mark). Der Pfalzgraf ist als oberster Justizbeamter eines bestimmten Bezirks vor allem mit der Wahrung und Ausübung der königlichen Gerichtsbarkeit betraut. Der Burggraf übt die militärische und richterliche Gewalt im Bereich einer Reichsburg oder Reichsstadt aus. Die bedeutendste Stellung hat der Pfalzgraf bei Rhein mit Sitz in Heidelberg. Er ist Kurfürst, vertritt den König beim Hofgericht und kann sogar über den König richten. Im Hochmittelalter übernehmen die Landesherren zunehmend die Befugnisse des Grafenamtes, der Graf wird vom Funktionsträger zum Inhaber eines hohen, erblichen Adelstitels.
HabsburgerDie Dynastie der Habsburger geht auf eine im schweizerischen Aargau ansässige Adelfamilie zurück, die seit der Mitte des 10. Jahrhunderts bezeugt ist und sich nach ihrer dortigen Stammburg nennt. Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts weitet die ursprünglich im Elsass und am Oberrhein begüterte Familie ihr Territorium aus und übernimmt wichtige Reichsämter. Mit Rudolf von Habsburg (1218-1291) besteigt 1273 der erste Habsburger den römisch-deutschen Königsthron. Er gewinnt zudem die Herzogtümer von Kärnten, Österreich und der Steiermark als Fundament der wachsenden Habsburger Hausmacht. Rudolfs Sohn Albrecht I. (1255-1308) wird 1298 zum deutschen König erhoben, sein Sohn Friedrich der Schöne (1314-1330) steht nach der Doppelwahl von 1314 als Gegenkönig im Kampf mit Ludwig dem Bayern
HerzogDas Herzogsamt entwickelt sich aus dem für die Dauer eines Feldzugs gewählten Heerführer der Germanen. Im frühen Mittelalter werden die Herzöge zu königlichen Amtsträgern mit militärischer und gerichtlicher Gewalt. Dieses Amtsherzogtum ist zunächst nicht erblich. Im Spätmittelalter entwickelt aus dem allmählich erblich gewordenen und mit Privilegien ausgestatte Gebietsherzogtum die durch ein festes Territorium begründete Landesherrschaft als stärkster Gegenspieler der Königsherrschaft.
InterdiktDas Interdikt ist eine räumlich wirksame Kirchenstrafe, die sowohl Gläubige als auch Geistliche erfasst. In einem dem Interdikt verfallenen Gebiet dürfen Gottesdienste weder gehalten noch besucht und Sakramente weder gespendet noch empfangen werden.
KaiserDas von Karl dem Großen begründete mittelalterliche Kaisertum versteht sich als Erbe und Erneuerer des weströmischen Kaisertums. Als Imperator Romanorum ist der Kaiser ein Schutzherr der gesamten abendländischen Christenheit und beansprucht im Gegenzug den Vorrang vor allen lateinisch-christlichen Königen sowie vor dem Papsttum. Seit Otto I. (912-973) verfestigt sich die Rechtstradition, dass der deutsche König zugleich Herr von Italien ist und die alleinige Anwartschaft auf die Kaiserkrone besitzt. Im Hoch- und Spätmittelalter entwickelt sich der Machtkampf zwischen Papst und Kaiser zum prägenden politischen Geschehen. Innozenz III. (1160-1216, Papst seit 1198) und seine Nachfolger etablieren das Papsttum als oberste weltliche und geistliche Instanz, der auch das Kaisertum unterstellt ist. Sie reklamieren das alleinige Recht der Kirche, Kaiser und Könige zu bestätigen, abzusetzen, ihrer Titel zu entblößen und zu bannen.
KönigDas deutsche Königtum des Mittelalters entwickelt sich aus germanischen Traditionen, seine Träger werden in einer Mischung aus dynastischem Erbrecht und Wahlrecht bestimmt. Der König ist zugleich erster Gerichts- und Lehnsherr des Reichs. Als Träger der vollkommenen Herrschaftsgewalt verkörpert er sowohl die oberste Exekutive (Rechtsvollzug), Legislative (Gesetzgebung) und Judikative (Rechtsprechung). Er ist dazu mit exklusiven Hoheits- und Sonderrechten (Banngewalt und Regalien) ausgestattet und verfügt über das Reichsgut, das er als Lehen vergeben kann. Zu seinen wichtigsten Pflichten gehören der militärische Schutz des Reichsgebiets (Heerbann), sowie die Wahrung des Rechts (Gerichtsbann). Das Wahlverfahren fußt auf einer Rechtstradition, die sich im Früh- und Hochmittelalter ausbildet und durch Karl IV. (1316-1378) in der Goldenen Bulle von 1355 endgültig geregelt wird. Wahlberechtigt sind allein die sieben Kurfürsten, die Wahl muss mehrheitlich, aber nicht einstimmig erfolgen.
KurfürstenSeit 1257 wählen ausschließlich die Kurfürsten den römischen König. Mitglieder dieses exklusiven Wahlgremiums sind die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg, der König von Böhmen. 1356 legt Karl IV. in der Goldenen Bulle die Wahlmodalitäten verbindlich fest.
Kurverein von RhenseAm 16. Juli 1338 weisen die deutschen Kurfürsten mit Ausnahme Johanns von Böhmen den Anspruch des Papstes auf die Bestätigung der deutschen Königswahl im Weistum von Rhense zurück. Sie erklären, dass der von den Kurfürsten gewählte römische König auch ohne Anerkennung (Approbation) des Papstes alle königlichen Herrschaftsrechte besitzt und den Königstitel rechtmäßig führt.
LuxemburgDas Geschlecht der Luxemburger geht auf Graf Siegfried I. zurück, der 963 die "Lützelburg" ("Lucilinburhuc" im Gebiet des heutigen Luxemburg) erwarb. Das Haus steigt in den folgenden Jahrhunderten zu einem mächtigen Adelsgeschlecht auf und kann seine Besitztümer erweitern. 1308 wird Graf Heinrich (1278-1313) von Luxemburg zum römisch-deutschen König (Heinrich VII.) gewählt und 1312 zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt. Während seiner Regierungszeit gelangen die Luxemburger in den Besitz des Königreichs Böhmen und erringen damit eine Schlüsselstellung im deutschen Reich. Die Hauptlinie der Dynastie erlischt 1437 mit dem Tod Kaiser Sigismunds.
ReichsvikarReichsvikare (vicarii imperii) vertreten den römisch-deutschen König und den Kaiser regional in dessen Abwesenheit oder zeitlich in Phasen der Thronvakanz. Die Reichsvikare üben im Namen des Reichs eine Reihe wichtiger Hoheitsrechte aus, die allerdings vom neuen König bestätigt werden müssen.
WittelsbacherDie Dynastie der Wittelsbacher geht auf die Grafen von Scheyern zurück, die zur Wende des 10. auf das 11. Jahrhundert in Pfaffenhofen an der Ilm ansässig sind. Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts benennt sich die Familie nach der Burg Wittelsbach bei Aichach. Von 1120 bis 1208 sind die Wittelsbacher im Besitz des bayerischen Pfalzgrafenamtes. 1180 wird das Herzogtum Bayern als Reichslehen an den Pfalzgrafen Otto VI. von Scheyern (1117-1183) übertragen, der sich fortan Otto I. von Bayern nennt. Durch Zukäufe und Erbfälle gelingt den Wittelsbachern der Aufbau einer starken Hausmacht. 1314 wird mit Ludwig IV. erstmals ein Wittelsbacher zum römisch-deutschen König und 1328 zum römischen Kaiser gekrönt.

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