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Nutztier und Kultfigur Das Thema

Stand: 04.10.2012 | Archiv

Hindu mit dressierter Kuh bittet um Spenden | Bild: picture-alliance/dpa

Die Kuhgöttinnen der frühen Hochkulturen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht fordernd oder strafend auftreten, sondern eher gutmütig und dienend.

Göttliche Kühe

Dasara Festival in Mysore

Sie sind eindeutig weiblich und unterscheiden sich deutlich von den antiken Stiergöttern, die für unbändige Energie, Männlichkeit und Potenz stehen. Die Kuhgöttinnen hingegen symbolisieren Fruchtbarkeit, Fürsorge und das Leben.

Mondgöttin im Zweistromland

Schon die Sumerer verehrten die Gottheit Ninlil, die Mondgöttin, in Gestalt einer Kuh. Wenn sie sich mit ihrem Mann, dem Stiergott Enlil, vereinigte, dann, so glaubten die Bewohner des Zweistromlandes, traten Euphrat und Tigris über die Ufer und überschwemmten das Land, das dadurch fruchtbar wurde.

Die ägyptische Himmelskuh

Im alten Ägypten finden wir die mythologische Überlieferung, dass Nut, die altägyptische Herrin des (Nacht-)Himmels, sich in Gestalt einer Kuh schützend über die Erde ausbreitet und den Himmel mit der Unterwelt verbindet. Ihre Beine waren die vier Himmelsrichtungen. Auf ihrem Bauch trug sie die Sterne des Firmaments und mit ihrer Regen-Milch tränkte sie die Erde. Selbst die Sonne wurde jeden Morgen von ihr als goldenes Kalb geboren.

Die Himmelskuh wurde oft mit anderen Gottheiten gleichgesetzt oder vermischt, wie etwa mit der Göttin Hathor, die ebenfalls als Kuh, als Frau mit Kuhkopf oder mit Kuhhörnern dargestellt wird. Hathor gilt als Mutter des Sonnengottes Re, den sie in zahlreichen Darstellungen als Sonnenscheibe zwischen ihren Hörnern trägt.

Die germanische Urkuh Audhumbla

Auch die germanische Mythologie weiß von einer Urkuh zu berichten: In der altisländischen Snorra-Edda taucht in der Schöpfungsgeschichte die Urkuh Audhumbla (milchreines Glück) auf. Sie nährt mit ihren Michströmen den Urriesen Ymir, das erste Lebewesen überhaupt. Dann taut sie mit Hilfe ihrer warmen Zunge Buri, den ersten Menschen, aus dem Eis auf: "Sie beleckte die  Eisblöcke, die salzig waren, und den ersten Tag, da sie Steine beleckte kam aus den Steinen am Abend Menschenhaar hervor, den anderen Tag eines Menschen Haupt, den dritten Tag war ein ganzer Mensch." Audhumbla versinnbildlicht die produktive Kraft des Kosmos, mütterliche Fürsorge und Liebe, Gedeihen und Glück.

Die Welt aus einem Tropfen Milch

Bei dem in der Sahelzone lebenden Hirtenvolk der Fulbe steht die Kuh an erster Stelle. In der traditionellen Religion schuf der Gott Geno, der höchste aller Götter, die Welt aus einem Tropfen Milch, der aus dem Euter der heiligen Urkuh Itoori stammt. Schließlich erschuf er die Kuh, die Frau und den Mann - genau in dieser Reihenfolge. Die Fulbe legen höchsten Wert auf ihre Tiere, nicht selten begehen sie Selbstmord wenn sie ihre Herde verlieren. Die Milch wird bei ihnen als göttliches Wasser angesehen, das unverwundbar macht.

Verlust der Göttlichkeit

Szenen aus der indischen bzw. hinduistischen Mythologie zieren das Innere des riesigen Meenakshi Tempels in Mandurai in Südindien

Durch die Christianisierung der westlichen Welt verliert die Kuh ihre Göttlichkeit: Auf dem Konzil von Toldeo im Jahre 447 n. Chr. wird erstmals der Teufel beschrieben und diese Beschreibung orientiert sich gezielt am Körperbau des Rindes. Grund dafür war, dass das Rind im Mittelpunkt des Mithras-Kults stand, der in spätrömischer Zeit eine ernsthafte Konkurrenz zum Christentum darstellte. So wurde das heilige Tier des Mithraismus zum Symbol des Bösen erklärt. Kühe, Stiere und Kälber hatten im christlich geprägten Kontext einen schweren Stand, wurden sie doch in den Augen der Christen von Anhängern der polytheistischen Religionen bisweilen als "Götzen" verehrt.


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