Download-Service Einsatz im Unterricht
Vorarbeit
Vorbemerkung
Der Hörbeitrag gibt einen Einblick in frühere und aktuelle Theorien sowie in als gesichert geltende Erkenntnisse interdisziplinärer Forschung zu der Frage, welche Bedingungen und Intentionen die Entstehung und Entwicklung von gesprochener Sprache im Kontext der biologischen und kulturellen Evolution des Menschen forderten und förderten.
Lernziele
- Überblick über verschiedene Theorien zur Sprachentstehung
- Kenntnisse zu den biologischen Voraussetzungen für die Sprachwahrnehmung und -verarbeitung
- Nachvollziehen der menschlichen Sprachentwicklung als einen komplexen Prozess gegenseitiger Abhängigkeiten im Kontext der biologischen und kulturellen Evolution des Menschen
- Anregung zur Reflexion über Bedeutung und Funktion von Sprache für menschliches Sein damals und heute (Werkzeug des Denkens und zur Kommunikation)
- Einblick in verschiedene Wissenschaftsdisziplinen der Natur- und Geisteswissenschaften und ihrer methodischen Vorgehensweisen
- Einblick in wissenschaftliches Arbeiten: Theorie versus nachweislich gesicherte Erkenntnis etc.
Bildimpuls
Wie dieser Comicstrip prägen auch andere Medien unsere Vorstellung von den Urzeitmenschen: haarige Wesen, eingehüllt in unförmige Felle und mit der Keule unterwegs geben allenfalls Grunzlaute von sich. Was glaubt ihr: "Hatten die Steinzeitmenschen schon eine Sprache? Oder wie haben sie sich verständigt?"
Schülervorbereitung
Als Vorbereitung zur Stunde entwickeln die SchülerInnen in kleineren Arbeitsgruppen (2-4 SchülerInnen) ihre eigene Theorie zu der Frage, welcher Verständigungsmittel sich unsere Ahnen aus der Urzeit wohl bedient haben mögen, um z. B.
- auf der gemeinsamen Jagd oder bei der Feindesabwehr sich untereinander abzusprechen,
- den Bau von Werkzeug und Waffen, den Umgang mit dem Feuer an nachkommende Generationen zu vermitteln,
- ihrer Gruppe von Beobachtungen in der Natur zu berichten, z.B. von vorgefundenen Nahrungsquellen,
- im sozialen Miteinander die eigene Position zu sichern, z.B. bei Streitigkeiten um Nahrung, um Gefühle zu äußern, um miteinander zu lachen usw.
Dabei soll es zunächst nicht um richtig oder falsch gehen, sondern darum, die Fantasie der SchülerInnen anzuregen und sie mental darauf einzustimmen, sich im Weiteren mit der Frage zu beschäftigen, wie der Mensch zur Sprache kam und im Zusammenhang damit, welche Bedeutung und Funktion Sprache für menschliches Sein und Handeln (damals und heute) hat.
Ihre Ideen und Vorstellungen veranschaulichen die Arbeitsgruppen in Form eines kurzen Dialogs/einer Situationsschilderung mit wörtlicher Rede, auch ein Gedicht oder Raptext wären möglich. Wichtig ist nur: eine wie auch immer geartete Sprache der Urzeitmenschen sollte präsent sein. Der Text kann schriftlich oder als Audiobeitrag erstellt werden.
In der kommenden Unterrichtsstunde stellen die Arbeitsgruppen ihre Theorien zur Sprache der Urzeitmenschen vor, mit Hilfe der Lehrkraft werden diese unter Stichworten auf Wandzeitung/Flipchart gebündelt. Möglich ist z. B.
- in Lauten
- Laute in Verbindung mit Mimik und Gestik (Körpersprache)
- nur mit Mimik und Gestik
- in einer völlig anderen Sprache als wir sie heute kennen, z. B. "Neandertalisch"
- in einer ausgestorbenen, aber uns bekannten Sprache: z. B. Lateinisch
- ähnlich wie unsere Sprache(n) heute, nur "einfacher" z. B. in einfachem Satzbau: z. B. Mammut – groß – Wald usw.
Hintergrundinformationen
Zur Einführung in die im Hörbeitrag angesprochen Vermutungen und Erkenntnisse aus der Wissenschaft zur Sprachentstehung und -entwicklung werden mit Hilfe der Arbeitsblätter die anatomische Grundlagen der Lautbildung (Arbeitsblatt 1) und die Bedeutung und Funktionen von Sprache (Arbeitsblatt 2) als Werkzeug des Denkens und zur Kommunikation mit der Klasse erarbeitet und besprochen. Das Arbeitsblatt 3 mit den Übungen macht den Schülerinnen und Schülern den Einsatz der Sprechwerkzeuge besonders deutlich:
Einsatz im Unterricht
Hören mit Arbeitsaufträgen
Die Sendung wird komplett angehört. Während des Hörens machen sich die SchülerInnen in kleineren Arbeitsgruppen entlang der Fragen auf dem Hörblatt (Arbeitsblatt 4) Notizen. Die Themen sind:
- Soziale und kulturelle Voraussetzungen zur Sprachenstehung und -entwicklung
- Biologische Voraussetzungen: Kehlkopf, Rachen, Gehirn
- Überholte Theorien, Fakten und offen gebliebene Fragen
Fach- und Fremdwörter sollten zuvor geklärt werden, in jüngeren Jahrgangsstufen oder bei Bedarf kann die Sendung auch in 3 Teilen angehört werden, um so portionsweise die Informationen mit den SchülerInnen zu erarbeiten.
Bearbeiten und Zusammentragen
Nach dem gemeinsamen Hören bearbeiten die Arbeitsgruppen die Fragen auf ihrem Arbeitsblatt und tragen die Ergebnisse im Klassengespräch zusammen. Die Lehrkraft hält diese auf Flipchart/Folie unter den Überschriften des Arbeitsblatts fest und ergänzt sie, sofern nötig, um noch fehlende Informationen.
Nacharbeit
Wandzeitung: Wie der Mensch zur Sprache kam - Wissen und Vermutung
Die Theorien der SchülerInnen und ihre aus der Sendung zusammengetragenen Informationen zur Sprachentstehung und -entwicklung bilden die Grundlage für die als Wandzeitung visualisierte Zusammenfassung unter den Stichworten
- Was wir (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) wissen
- Was wir nur vermuten können
- Was wir niemals erfahren werden
Diskussion/Hausaufgabe
Abschließend diskutiert die Klasse die Frage: "Die Evolution der Sprache ist die Evolution des Menschen" - Was heißt das für unsere Sprache heute? Alternativ können die Arbeitsgruppen als Hausaufgabe ein (ca. 5-miütiges) Referat erarbeiten, in dem sie diese Frage reflektieren und in der nächsten Stunde in der Klasse zur Diskussion stellen.
Film
Zum Einsatz kann auch der folgende Film von François Truffaut kommen: Der Wolfsjunge.
Beschreibung: im 18. Jahrhundert wird ein Junge in einem Wald in der Nähe von Aveyron aufgegriffen. Da er stumm ist, kommt er in die Obhut des Arztes Jean Itard. Dieser gibt dem Jungen den Namen Victor und beobachtet ihn bei seine Versuchen, in der für ihn neuen, unbekannten Welt Fuß zu fassen. Der Film beruht auf der wahren Begebenheit des Wolfsjungen Victor von Aveyron. Er lernte niemals sprechen, obwohl er Sprache verstand und in beschränktem Maße zum Lesen imstande war.
Der Film kann Anregung zur Diskussion zu der Frage sein, ob uns Menschen - wie früher angenommen - so etwas wie eine "Ursprache" mit auf den Weg mitgeben wurde und welche Bedingungen die menschliche Sprachentstehung und -entwicklung unterstütz(t)en. In diesem Zusammenhang ließen sich auch die Experimente thematisieren, die z. B. Kaiser Friedrich der II. mit Neugeborenen durchführte, um herauszufinden, was die Ursprungssprache der Menschen sei (s. a. Referatsvorschlag).
Lehrplanbezug
- Lehrplan für das bayerische Gymnasium: Biologie, Jgst. 9: Evolution des Menschen. Ethik / Religion, Jgst. 11: ethische Grundbegriffe, wie z. B. Person. Deutsch, Jgst. 12 / 13: Sprachphilosophie, Kommunikation, Sprache und Denken.