Zwischen Religion und Philosophie
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Der Buddhismus, der zusammen mit dem Christentum, dem Hinduismus, Islam und Judentum zu den fünf großen Weltreligionen gehört, übt eine zunehmende Faszination auf stressgeplagte Menschen der westlichen Industriestaaten aus.
Meditation als Weg zur Erleuchtung
Anders als in den beiden großen Offenbarungsreligionen Christentum und Islam geht es im Buddhismus nicht um die Offenbarung des göttlichen Willens in einer Selbstmitteilung Gottes an die Menschen und in der Konsequenz dieser Offenbarung um den Glauben an diesen geoffenbarten Gott. Zentrum der buddhistischen Weltanschauung ist vielmehr die Erkenntnis der Wahrheit durch Erleuchtung; dass der Buddhist auf dem Weg der Meditation zur Erleuchtung gelangen kann, zum Erwachen "aus der Nacht des Irrtums und der Unwissenheit", spiegelt sich wieder in der Bedeutung des Wortes "budh", "erwachen". "Buddha", "der Erleuchtete" beziehungsweise "der Erwachte", ist im Sanskrit ein Ehrentitel, der dem früheren Prinzensohn Siddharta Gautama verliehen worden war, nachdem dieser meditierend vom Asketen zum Erleuchteten geworden war, indem er die Ursache des Leides sowie den Weg zu dessen Aufhebung erkannt hatte.
Das Leben des Prinzen Siddharta Gautama
Als einziger Religionsstifter soll der Fürstensohn Siddharta Gautama im luxuriösen Palast einer vornehmen Familie der Kshatrija-Kaste aufgewachsen sein. Sein Vater war Raja, also Regent einer südnepalesischen Republik. Diese überbehütete Komfortzone hat der junge Siddharta legendär nur viermal verlassen und infolgedessen eine existenzielle Krise erlebt, da er erstmals, im Alter von immerhin 29 Jahren, mit den Grundformen menschlichen Leides in Berührung gekommen war: Mit Alter, Krankheit und Tod. Bei der vierten Ausfahrt schließlich begegnet Siddharta einem Asketen, worauf er sein Dasein als Ehemann und Vater am Fürstenhof hinter sich lässt, um sich als Wandermönch auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben. Weder die Lehren weiser Gurus noch strengste Askese in jahrelanger Einsamkeit brachten Siddharta auf den Weg der Erlösung, und so verharrte er in beinahe schon trotziger Meditation unter einem Feigenbaum, bis er die Erleuchtung erlangte. Jetzt zog der "Buddha" in Begleitung von fünf Mönchen nach Benares, wo er seine erste Predigt über Erkenntnis und Erlösung hielt, die fortan für alle Menschen möglich geworden waren. 45 Jahre lang predigte er im gesamten Nordosten Indiens, bevor er im Jahre 480 vor Christus als Achtzigjähriger an einem verdorbenen Pilzgericht starb.
Die Vier Edlen Wahrheiten
Buddhas zentrale Erkenntnis ist die Lehre von den "Vier Edlen Wahrheiten", die den Menschen befreien vom Kreislauf der Wiedergeburten und ihm die Erlösung im Nirwana in Aussicht stellen:
- Die Wahrheit vom Leben als Leiden.
- Die Wahrheit von den Ursachen des Leidens.
- Die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens.
- Die Wahrheit vom Weg zur Aufhebung des Leidens.
Achtsamkeit als Lebenseinstellung
Die vierte Wahrheit beschreibt den "Edlen Achtfachen Pfad", der mit den ersten drei Edlen Wahrheiten den gesamten buddhistischen Weg zur Erlösung im Nirwana zusammenfasst:
- Rechte Erkenntnis (der vier Edlen Wahrheiten)
- Rechtes Denken (Überwindung der Ich-Bezogenheit)
- Rechtes Reden
- Rechtes Handeln
- Rechte Lebensführung
- Rechtes Streben
- Rechte Achtsamkeit
- Rechtes Sich-Versenken
Nur durch viele Wiedergeburten hindurch kann der achtfache Pfad beschritten werden und schließlich zum ewigen Frieden im Nirwana führen; dies bedeutet die Befreiung aus der Kette der Wiedergeburten und endgültige Erlösung.
Wiedergeburt und Karma
Das Konzept vom Karma hat Buddha aus dem Brahmanismus übernommen. Es bezeichnet die Philosophie von der Gesamtheit guter und schlechter Handlungen und den entsprechenden Konsequenzen der Taten. Karma ist der Sanskrit-Ausdruck für "Handlung, Tat". Nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung prägt das Tun alle Lebenszyklen eines Menschen. Nach dem Tod und der Reinkarnation in einem neuen Körper ist die Seele vom vorherigen Karma bestimmt und kann sich auf diese Weise zyklisch durch das Erlangen immer höherer Bewusstseinsstufen dem Nirwana nähern.
Die Hinayana-Schule des Buddhismus
"Kleines Fahrzeug" wird diese Schule auch mit spöttischem Unterton genannt und lässt sich zurückführen auf Buddha und seine ersten Gefolgsleute.
Für den Laien gibt es fünf sittliche Gebote:
- nicht töten und verletzen
- nicht stehlen
- niemanden missbrauchen
- nicht lügen
- keine berauschenden Mittel zu sich nehmen
Für Mönche und Nonnen gelten weitere fünf Gebote.
Die Mahayana-Schule des Buddhismus
Nach der Lehre des "Großen Fahrzeug" trägt jeder Mensch eine geheime Buddhaschaft in sich: Das Ideal ist hier der "Bodhisattva"; er erlangt nicht für sich allein die Erleuchtung, sondern hilft auf Erden durch seine eigenen Wiedergeburten seinen Mitmenschen, die Befreiung aus dem Kreislauf der Reinkarnationen zu erlangen.