Download-Center Einsatz im Unterricht
Vorarbeit
- Lernziele: Das Kreuz ist mehr als ein Logo des Christentums, mehr als ein bloßes Erkennungs- und Bekenntniszeichen. Es scheidet die Geister und polarisiert, es ruft zur Stellungnahme, zum Widerspruch, zum Nachdenken auf. Die Radiosendung macht Schülerinnen und Schüler mit der Vielschichtigkeit und Tiefe eines Symbols vertraut, in dem sich sowohl Gewalt und Unterdrückung wie auch Heil und Erlösung überschneiden. Sie begreifen, warum es einerseits den Schlüssel zum Himmel darstellt, den Jesus durch seinen Sühnetod gewonnen hat, und warum es andererseits als Fetisch des Leidens, als blutiges Machtinstrument und Drohgebärde eines gekränkten, rachsüchtigen, strafenden Gottes in Verruf geraten ist. Die Auseinandersetzung mit diesen konträren Sichtweisen lädt die Schülerinnen und Schüler ein, das Kreuz und seine Zeichenhaftigkeit zu überdenken und neu zu entdecken. Auf ihrem Streifzug durch die Geschichte des Kreuzes und seiner Bedeutung erfahren sie, wie sich mit dem Symbolverständnis im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtausende auch die Vorstellung von Gott und seiner Beziehung zu den Menschen gewandelt hat: Während die traditionelle Kreuzestheologie den Gedanken einer stellvertretenden Sühne für die Erbschuld der Menschheit in den Vordergrund rückte, sehen moderne Theologen im Kreuz das Solidaritätsversprechen eines Gottes, der entschieden für alle Schwachen, Rechtlosen und Ausgegrenzten eintritt. Diese Auffassung holt das Kreuz aus seiner historischen Distanz heraus und stellt es mitten in die Gegenwart. Die Aufforderung "schau auf das Kreuz!" erhält so einen radikal diesseitigen Sinn, der dazu anregt, den Blick auf Situationen zu richten, in denen auch heute noch und immer wieder Menschen gekreuzigt, das heißt verfolgt, gequält und gedemütigt werden.
Die Sendung im Unterricht
- Hinführung zum Thema: Abhängig von der Altersstufe, den Unterrichtszielen und der kontextuellen Einbettung sind mehrere Einstiege denkbar. Impuls 1: Die Lehrkraft könnte beispielsweise das Kreuz im Klassenzimmer abhängen, zur Seite legen und fragen ("Ist es so besser?", "Sind wir so freier?", "Fehlt jetzt etwas?", "Was ist jetzt anders?". Eine provozierende Steigerung könnte in der Frage bestehen, was mit den abgehängten Kreuzen geschehen soll: "Muss man sie aufbewahren", "darf man sie in den Müll werfen oder verbrennen", "ist das Kreuz nur ein Gegenstand wie jeder andere, oder etwas Besonderes, vielleicht sogar etwas Heiliges?". "Was würdet ihr ganz konkret mit einem "ausrangierten" Kreuz machen?" Impuls 2: Die Lehrkraft zeigt eine drastische Darstellung der Kreuzigung, etwa den berühmten Kruzifixus des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald (beispielsweise http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5f/Grunewald_Isenheim1.jpg ) und parallel dazu ein Bild aus dem berüchtigten Gefängnis von Abu Ghraib, wo US-Soldaten irakische Häftlinge auf eine unerhört grausame Weise folterten. (Bilder unter http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.462963.1357537482/860x860/fuenf-jahre-abu-ghraib.jpg und http://www.abc.net.au/news/image/1979970-3x2-940x627.jpg , eine verstörende Auswahl ähnlicher Motive bietet die Google-Bildersuche unter dem Suchwort "Abu Ghraib" bzw. "Kapuzenmann2 + "Abu Ghraib".) Nachdem die Bilder eine Weile wirken konnten, kann die Lehrkraft fragen, was der gemeinsame Nenner der gezeigten Darstellungen sein könnte und was sie mit dem Kreuz des Christentums gemeinsam haben?
Hören
Ausgehend von den Schülerantworten kann die Lehrkraft in beiden Fällen nach der persönlichen Bedeutung des Kreuzes für jeden Einzelnen fragen. Die zu erwartende Vielfalt der Antworten mündet in der Feststellung, dass die Bedeutung des Kreuzsymbols dem historischen Wandel unterliegt, äußerst vielschichtig ist und sich nicht verbindlich fixieren lässt. Mit dem Hinweis, dass jede Epoche das Kreuz auf ihre ganz eigene Art interpretiert, dargestellt und mit persönlichen oder kollektiven Aufforderungen aufgeladen hat, kann die Lehrkraft auf das gemeinsamen Hören des Radiobeitrags überleiten. Die Audioclips können zur Motivation und thematischen Strukturierung des Unterrichtsgesprächs oder als Ergänzung der Arbeitsblätter eingesetzt werden.
Nacharbeit
- Nachbearbeitung: Die Arbeitsblätter und Arbeitsaufgaben dienen der Festigung des im Radiobeitrag vermittelten Wissens. Die Bearbeitung kann im Klassenverband, in Gruppen oder als Hausaufgabe erfolgen. Arbeitsblatt 1: "Tötungswerkzeug und kosmisches Symbol". Das Arbeitsblatt verankert wesentliche Informationen des Radiobeitrags zur Kreuzigung als Hinrichtungsart und zur außerchristlichen, mythologischen Symbolik des Kreuzes. Arbeitsblatt 2: "Das Kreuz im Wandel der Zeit: Schandmal, Siegeszeichen und Sinnbild der Solidarität". Das Arbeitsblatt beschäftigt sich mit der Entwicklung des christlichen Kreuzverständnisses und der jeweils epochentypischen bildlichen Repräsentation. Arbeitsblatt 3: "Schaut hin! - Das Kreuz als Erinnerungszeichen und Aufruf zur Menschlichkeit." Das Arbeitsblatt konfrontiert den im Mittelalter entfalteten und bis ins späte 19. Jahrhundert vorherrschenden Sühnetod-Gedanken mit modernen theologischen Ansichten vom Kreuz als Solidaritätsversprechen Gottes. Arbeitsblatt 4: "Wo stirbt Christus heute? - Das Kreuz als Protestsignal und Handlungsimpuls". Das Arbeitsblatt vertieft die moderne theologische Auffassung vom Kreuz als Zeichen der Hoffnung, des Widerspruche und der Aufforderung zum christlichen Eintreten vor Gerechtigkeit und Gewaltverzicht.
Lehrplanbezug
Lehrplan für die bayerische Mittelschule
9. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 9.2 Jesus Christus - eine Herausforderung; 9.2.1 Wer ist dieser Jesus aus Nazareth? (zu Stellungnahmen provozierende Christusdarstellungen aus Geschichte und Gegenwart; 9.2.3 Jesus Christus - eine Herausforderung für unser Leben (Situationen im Leben der Schüler, in denen das Handeln im Sinne Jesu zu Schwierigkeiten und Widerständen führen können; 9.3.1 Christen mischen sich ein - auf dem Weg der Gerechtigkeit; 9.3.2 Glaube und Politik aus Sicht der Bibel: christlicher Glaube zwischen Gehorsam und Widerstand, Jesu Ablehnung der Gewalt, Gehorsam gegenüber der Ordnungsmacht, höherer Verpflichtung gegenüber Gott, die Notwendigkeit, in unterschiedlichen Situationen mit Hilfe des Gewissens und der Vernunft den Willen Gottes zu suchen.
Katholische Religionslehre, 9.2 Jesus Christus - Anstoß und Herausforderung; 9.2.1 Für wen halten ihn die Leute? - Annäherungen und Zugänge zur Person Jesu - Meinungen und Vorstellungen: was Jesus heutigen Menschen bedeutet, Jesus Christus in Kunst und Medien; 9.2.2 "Seht da, der Mensch!" - Kennen wir Jesus wirklich? - Jesus steht auf der Seite der Menschen: er verkündigt Gottes Reich. Jesus offenbart die erlösende Nähe und Liebe Gottes, Jesus, der Christus, der Sohn Gottes: Urbekenntnis christlichen Glaubens, heute Christus bezeugen(z. B. mit Christus leben, solidarisch handeln, Engagement für....; 9.4 An Grenzen stoßen - die Hoffnung nicht aufgeben; 9.4.2 Das macht Angst –Sterben und Tod - Menschen müssen sterben; 9.4.3 Hoffnung über den Tod hinaus - Auferstehung Christi -biblische Auferstehungszeugnisse (z. B. Passion und Auferstehung Christi, Gott geht den Weg des Menschen: Jesus, Hoffnungsgrund auch in Leid und Tod), Auferstehungshoffnung verändert das Leben von Menschen.
Lehrplan für die bayerische Realschule
9. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 9.1 Jesus Christus: Perspektive für das Leben – Hoffnung darüber hinaus: Die Osterbotschaft öffnet Perspektiven für Leben und Tod; 9.4 Tot – was dann? – Hoffnung über den Tod hinaus: Vom Sterben betroffen: wie Menschen auf die Realität des Todes reagieren, eigene Fragen und Antwortversuche ausdrücken, angesichts des Kreuzestodes Jesu: Betroffenheit und Umschwung in Bekenntnissen oder Ostererzählungen; in den Symbolen der Kar- und Osterliturgie, im Bild vom Weizenkorn der Osterbotschaft und ihrer Bedeutung für das Leben nachspüren, verschiedenen Spuren der christlichen Auferstehungshoffnung und ihren Auswirkungen nachgehen.
10. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 10.1 "Sag, wer bist du?" - Jesus Christus neu entdecken: "Wer ist Jesus Christus für dich?" - zeitgenössische Zeugnisse erschließen und dabei u. a. entdecken, was Jesus auch heutigen Menschen bedeuten kann; für uns "gekreuzigt unter Pontius Pilatus": der Tod Jesu als Erlösungstod und das durch diese Deutung bedingte Christusbild der Urkirche (vor allem der Gute Hirt); das Kreuz als Zeichen des Heils (Symbol der Rettung); Christus begegnen: über künstlerische Erfahrung, Reflexion und Ausdrucksweise der Botschaft von Christusbildern in Kunst, Musik oder Film und ihren Impulsen nachspüren; das eigene Bild von Jesus Christus zum Ausdruck bringen.
Lehrplan für das bayerische Gymnasium
6. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 6.2 Jesus von Nazareth und seine Botschaft: Person und Wirken Jesu kennenlernen (Jesus - ein jüdischer Wanderprediger, Reaktionen auf seine Botschaft: Nachfolge, Unverständnis, Ablehnung, Passion und Auferstehung Jesu als Grund des christlichen Glaubens verstehen lernen, die letzten Tage Jesu; Leiden und Sterben Jesu, seine Verlassenheit am Kreuz, Ostergeschichten und Himmelfahrt).
7. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 7.3 Im Sichtbaren wird Unsichtbares gegenwärtig - Symbole und Sakramente: Symbole und Rituale entdecken und erschließen: in der Jugendkultur, im Alltag, in der christlichen Überlieferung, z. B. Kreuz, Anker, Segnung; Ursymbole, z. B. Wasser, Feuer; Merkmale von Symbolen, z. B. Zeichen der Gemeinschaft, Mehrdeutigkeit; Banalisierung und Missbrauch von Symbolen.
9. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 9.2 Im Zeichen des Kreuzes: eigene Gottesvorstellungen und Glaubensformen klären, Glaubenserfahrungen und -probleme im Leben der Schüler; Fragen der Lebensorientierung, das Kreuz als Grundsymbol christlichen Glaubens erkennen und deuten, Kreuzesdarstellungen in Geschichte und Gegenwart, Deutungen des Kreuzes im Licht der Auferweckung Jesu Christi (Mitleiden Gottes, Stellvertretung, Erlösung, Versöhnungsopfer); Krippe und Kreuz - Deutungen des Lebens Jesu von der Auferweckung her: Beispiele aus den Evangelien wie Sendung des Lichts (Joh), Vollender der Tora (Mt), Impulse zu Hoffnung, Vergebung, Umkehr, die Bedeutung Jesu Christi heute wahrnehmen.
10. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 10.3 Jesus, der Christus: "Eckstein" unseres Glaubens: Jesus Christus im Erfahrungsbereich der Jugendlichen, z. B. in Musik, Film, Kunst oder Literatur (ggf. Recherche im Internet); in der Sprache der Kirche, z. B. Gebete, Bekenntnisse, Problem des historischen Jesus: außerbiblische Jesuszeugnisse; Jesus in den Evangelien, z. B. Geburtsgeschichten, Wundererzählungen, Jesus, der Christus: Glaube an die Auferweckung als entscheidendes Kriterium; Nachdenken über Jesus und seine Bedeutung: sein Tod, ausgewählte Hoheitstitel.
11. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 11.4 Der Mensch im Horizont des Gottesglaubens: Lebensstile und Sinnoptionen in der Gesellschaft: Ausdruck von Grundaspekten des Menschseins und seiner Ambivalenz, z. B. Liebe und Aggressivität, freier Wille und Determination, Glück, Gelingen und Schuld; Der Mensch - sich selbst eine Frage: Sinnentwürfe und Menschenbilder.
Evangelische Religionslehre, 11.2 Wer bin ich? - Das christliche Verständnis vom Menschen: mit Grundzügen biblisch-reformatorischer Anthropologie vertraut sein, der Mensch als Geschöpf und Ebenbild Gottes, als gebrochenes Wesen und Sünder; 11.3 Woran hängt dein Herz? - Die Frage nach Gott: Relevanz des Gottesglaubens in der Gegenwart, Erfahrungen der Abwesenheit Gottes, Gottesbilder und -vorstellungen; Bilder der Kunst; evtl. Vergleich und Auseinandersetzung mit Vorstellungen nichtchristlicher Religionen, Erfahrungen von Leid im persönlichen und gesellschaftlichen Umfeld als Herausforderung an den Gottesglauben; Beiträge zur Theodizeefrage: z. B. Hiob, M. Luther ("deus absconditus"), G. W. Leibniz, ein zeitgenössischer Ansatz, der sich offenbarende Gott; der in der Geschichte wirksame Gott: Exodusgeschehen, Inkarnation, Passion und Auferstehung; der richtende und vergebende Gott.