Download-Service Einsatz im Unterricht
Vorarbeit
Lernziele: Die Schülerinnen und Schüler erhalten Einblick in einen uralten Vorurteilskomplex - den Antisemitismus. Sie erfahren, dass der Antisemitismus nach wie vor ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, denn nach Umfragen haben etwa 15 bis 20 Prozent der Deutschen latent antisemitische Ansichten. Antisemitismus findet sich bei Angehörigen aller Religionen, aller politischen Richtungen und aller Gesellschaftsschichten. Darüber hinaus werden die Schülerinnen und Schüler über spezielle antisemitische Einstellungspotentiale in rechtsradikalen, linksradikalen und migrantischen Kreisen informiert. Zudem sollen sie erkennen, dass Antisemitismus - getarnt als "Israelkritik" - auf breite Akzeptanz stößt.
Anregungen zur Unterrichtsgestaltung: In einer multikulturellen Gesellschaft wie sie sich in Deutschland im Zuge der Zuwanderung allmählich entwickelt, stellt der Unterricht zum Thema Antisemitismus die Lehrkraft vor besondere Herausforderungen. Gedenkstättenbesuche und die Arbeit mit Holocaust-Zeitzeugen (von denen es immer weniger gibt) sind sinnvoll. Ebenso lohnt die Einbindung der lokalen und regionalen Erinnerungskultur in den Unterricht.
Doch Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben andere Familiengeschichten. Ihre Vorfahren lebten vielleicht noch in der Türkei oder im arabischen Raum, als das NS-Regime die europäischen Juden ermordete. Der Antisemitismus der Migranten speist sich aus anderen Quellen als der vieler deutschstämmiger Schüler.
Es kommt im Unterricht heute darauf an, Schülerinnen und Schüler mit antisemitischen Einstellungen zu irritieren und sie dazu zu bringen, Feindbilder und Stereotype zu hinterfragen (Arbeitsblatt 2). Jugendliche, die sich gegen Antisemitismus engagieren, müssen dagegen mit Argumenten versorgt werden. Gerade in von der Lehrkraft moderierten Arbeitsgruppen kann Perspektivenheterogenität Lernprozesse auslösen.
Einsatz im Unterricht
Die Lehrkraft wirft mit dem Beamer ein Zitat des Soziologen Armin Nassehi an die Wand:
"Die Provokation des Jüdischen ist, dass man einen Unterschied sucht, der letztlich nicht da ist und keine Rolle spielt. Das erzeugt geradezu wahnhafte Phantasien und Assoziationen, die viele nicht kontrollieren können."
Armin Nassehi
Die Klasse diskutiert. Anschließend verweist die Lehrkraft auf antisemitische Vorfälle in jüngster Zeit.
Hören
Die Schülerinnen und Schüler hören die Sendung oder die Audio-Ausschnitte.
Nacharbeit
Bearbeitung der Arbeitsblätter: Arbeitsblatt 1 befasst sich mit dem Begriff Antisemitismus. Arbeitsblatt 2 hilft dabei, in Lerngruppen antisemitische Meinungen zu hinterfragen. Arbeitsblatt 3 gibt einen historischen Überblick über die Entwicklung der Judenfeindschaft.
Erweiterung
Projekt Nahostkonflikt: Die Klasse arbeitet die Ursachen des Konflikts heraus, versucht herauszufinden, warum sich die Spirale der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern ständig dreht und fragt, ob Antisemiten in Deutschland die Auseinandersetzung instrumentalisieren. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:
- Israel, der einzige demokratische Staat im Nahen Osten, wird heftig kritisiert. Die Staaten der arabischen Welt mit ihren eklatanten Demokratiedefiziten werden von selbst ernannten Nahostexperten kaum erwähnt.
- Wird Israel als Bedrohung betrachtet, weil es ein pluralistisches Land und militärisch wie wirtschaftlich erfolgreich ist?
- Warum empfinden manche Deutsche anscheinend Genugtuung darüber, dass auch die israelische Armee unschuldige Zivilisten tötet?
- Wie wird das Verhalten der islamistischen Organisation Hamas beurteilt, die Raketen aus dicht besiedelten Wohngebieten abfeuert und Militärschläge der Israelis geradezu provoziert?
- Warum wird die kleine jüdische Minderheit in Deutschland attackiert, wenn im Nahen Osten Kämpfe zwischen der israelischen Armee und Palästinensern stattfinden?
- Warum wird in Deutschland ständig darüber diskutiert, ob Kritik an Israel antisemitisch ist?
- Warum wird von Antisemiten ein Kritiktabu aufgebauscht, das gar nicht existiert?
Projekt Soziale Netzwerke: Die Klasse wertet Videos, Facebook- und Twittermeldungen aus. Beispiel Gazakrieg im Sommer 2014. In den Sozialen Netzwerken kursieren Bilder und Videos von Angriffen israelischer Kampfflugzeuge auf Wohngebiete, wir sehen tote Kinder, verwundete Zivilisten, zerstörte Wohngebiete im Gazastreifen. Likes für "Israelkritik" bis hin zu ungezügelter Wut auf "die Juden" sind garantiert.
- Welche Bedeutung haben Soziale Netzwerke für die Weitergabe antiisraelischer Stereotype und antisemitischer Vorurteile?
- Welchen Unterschied macht es, wenn antisemitische Ressentiments früher allenfalls im Wirtshaus geäußert wurden, heute aber problemlos verbreitet werden können?
Lehrplanbezug
Lehrplan für die bayerische Mittelschule
Geschichte - Sozialkunde - Erdkunde
9. Jahrgangsstufe
9.7 Ein aktuelles Thema
Politik und Gesellschaft stehen vor erheblichen Herausforderungen. Die Schüler sollen nach ihrer Interessenlage ein bedeutsames Thema aus dem politischen Geschehen aufgreifen und multiperspektivisch untersuchen. Sie erhalten auf diese Weise die Möglichkeit, sich an der Themenwahl sowie an der Methodenbestimmung zu beteiligen. Dadurch wird ihr Interesse für politische Fragen geweckt, ihre Einsichtsfähigkeit in Zusammenhänge gestärkt und ihr politisches Wissen vertieft.
9.7.1 Zugang
- Themenwahl
- Leitfragen
- Methodenbestimmung, z. B. Medienrecherche, Expertenbefragung
9.7.2 Untersuchung
- mögliche Aspekte, z. B. politische, soziale, historische, geographische, rechtliche, ethische, religiöse, wirtschaftliche
- Verknüpfungen und rationale Urteilsbildung
9.7.3 Präsentation
- sachgerechte, verständliche und übersichtliche Darstellung, in der Zusammenhänge aufgezeigt werden
Wiederholen, Üben, Anwenden, Vertiefen
- Komplexität politischer Aufgaben und Probleme
Lehrplan für die bayerische Realschule
Geschichte
10. Jahrgangsstufe
10.2 Weltpolitik im Zeitalter der Bipolarität
- die Entwicklung des Nahost-Konflikts
Sozialkunde
10. Jahrgangstufe
10.2 Der demokratische Verfassungsstaat
- "wehrhafte" Demokratie
Lehrplan für das bayerische Gymnasium
Geschichte
9. Jahrgangsstufe
9.2 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
- Ideologie des Nationalsozialismus, u. a. "Rassenlehre", Antisemitismus und "Führergedanke"
9.3. Blockbildung, deutsche Teilung und Ost-West-Konflikt bis in die 1960er Jahre
- Aussöhnung mit Israel
10. Jahrgangsstufe
10.3 Europa und die Welt nach dem Ende des Ost-West-Konflikts
- der Nahe Osten als Region politischer und religiös-kultureller Konflikte seit den 1970er Jahren
12. Jahrgangsstufe
12.2.1 Der Nahe Osten: Historische Wurzeln eines weltpolitischen Konflikts
Sozialkunde
10. Jahrgangsstufe
10.1. Grundlagen unserer Verfassungsordnung
- Herausforderungen für die Demokratie, z. B. Fundamentalismus, politischer Extremismus; Möglichkeiten der wehrhaften Demokratie