Ende der Welt - Die tägliche Glosse Die Eierkrise in den USA
Der Eiermarkt in den USA leidet unter rapid steigenden Preisen und stark verknapptem Angebot. Dass die Vogelgrippe im Land daran schuld sei, bezweifeln viele Verbraucherschützer. Ausgerechnet ein Land, das sich sozusagen dem Ei des Kolumbus verdankt, muss jetzt massenhaft Eier einführen. Eine Glosse von Gregor Hoppe.
Als Luis Trenker, der titanische Bergsteigerheld aus vielen UFA-Filmen, zum ersten Mal in die USA kam, soll er nur ein Gericht auf Englisch draufgehabt haben – „Ham&Eggs“. Das habe er tausendmal auf seinen Bergtouren gegessen, so der etwas überkräftige Trenker, der politisch wenig später nicht gerade auf Seiten der USA stand. Aber auf alle Fälle waren „Ham&Eggs“ früh so etwas wie ein US-Nationalgericht, das sich stark verbreitete. Verlacht übrigens von Briten und Iren, denn die bestehen auf kernigere „Bacon&Eggs“, also Eier mit Speck.
Eier mit Schinken dagegen, worin Skeptiker oft schon den Gipfelpunkt der US-Küche erblicken, werden in den USA im Moment nachgerade knapp. Schon hat Südkorea, zum ersten Mal seit seinem Bestehen, die ersten 20 Tonnen Eier aus eigener Produktion in den Bundesstaat Georgia geliefert. Der Eierpreis ist in den USA dermaßen gestiegen, dass Supermärkte nur noch ein Dutzend pro Haushalt abgeben. Restaurants schlagen bei Gerichten mit Ei 50 Cents oben drauf. „Eggflation“ heißt der Missstand, vielleicht mit „Eiflation“ zu übersetzen. Das US-Landwirtschaftsministerium warnt, der Eierpreis werde noch weiter steigen, über 8, 9 Dollar das Dutzend hinaus.
Für den Mangel im Markt die vielen Fälle von Vogelgrippe in den Hühnerbeständen verantwortlich zu machen, hat den Vorteil, dass es dann klingt, als sei China an allem schuld, mit seinen Wildgeflügelmärkten und seinen vom BND beäugten Versuchslaboren.
Das klingt geradezu nach Unabhängigkeit, was Eier angeht
Hierzulande weiß man gerade in der vorösterlichen Fastenzeit um die christlich-symbolische und fruchtbarkeits-heidnische Verehrung, die dem gesunden Hühnerei unisono entgegenschlägt. Und offenbar, um die deutschen Verbraucher zu beruhigen ob der Berichte aus den USA, hat das Statistische Bundesamt nun die Eierwirtschaftszahlen für vergangenes Jahr herausgebracht: Demnach stieg bei uns die Produktion um 4,2 % oder 550 Millionen Eier! Das klingt beruhigend, das klingt geradezu nach Unabhängigkeit, was Eier angeht.
Zwar blieb die Bodenhaltung vorherrschend, sank aber weiterhin ganz leicht um 0 Komma 8 Prozent auf 58, 0%. Bodenhaltung ist reine Stallhaltung, ihre tierfreundlichere Variante die Volierenhaltung, wo die Tiere ab- und auffliegen und den gesamten Stall nutzen. In der Schweiz herrscht diese Haltung vor. Dafür dürften dort auch Eier teurer sein als bei uns. Es tut uns also herzlich leid, liebe Hennen, aber noch gilt Oliver Kahns, des Torwarttitans, bekanntes Diktum von der Seitenlinie: „Wir brauchen Eier, verstehen Sie?“