Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Pilgern, Lotto spielen & Caravaning

Boom beim Glücksspiel und auf dem Jakobsweg, Kleinkrise im Caravan-Segment. Jahresabschlusszahlen sprechen Bände über die Befindlichkeit von uns Deutschen: Wir sind mal Zocker, und mal Pilger, und bald schlägt auch wieder der Camper in uns durch. Eine Glosse von Gregor Hoppe.

Von: Gregor Hoppe

Stand: 07.01.2025

An nüchternen Zahlen soll man sich nicht trunken reden. Und doch müssen wir früh genug Trends zu deuten wissen, die uns verraten, wer wir sind und wie.

Die wichtigste spanische Pilgerstätte Santiago de Compostela meldet fürs vergangene Jahr wieder einen Besucherrekord: Aus aller Welt kamen fast eine halbe Million Pilger, die letzten 183 am Silvestertag.

Es werden, nehmen wir jetzt mal an, auch Landsleute darunter gewesen sein. Vielleicht sogar solche, die gerade in Scharen aus den beiden großen deutschen Kirchen ausgetreten waren. Das ist ein Reflex auf das Kerkeling´sche „Ich bin dann mal weg“-Motiv, den Ausstieg auf Zeit aus dem Gewohnten mit dem Ziel innerer Vertiefung. Der Mensch muss den Boden unter sich spüren. Und, ja, wir alle müssen bestimmt dringend mal an die frische Luft.

Es ist vielleicht sogar ein letzter Rest an Selbstgeißelung, der uns das Langstreckenwandern auf dem Jakobsweg auf uns nehmen lässt.

Im Profan-Weltlichen lässt sich dieser heiß empfundene Wunsch nach endgültiger und dauerhafter Läuterung einem Rekordergebnis bei Wetten- und Lotteriegeschäften entnehmen. In einem Umfang von 8einhalb Milliarden Euro, so der Deutsche Toto- und Lottoblock, spielten die Deutschen in 2024 Lotto oder dergleichen.

Es sehen die Zahlen aber so schlimm aber auch wieder nicht aus

Mit einem einzigen, wenn auch unwahrscheinlichen, blitzartigen Glücksschlag alle Not zu endigen, das ergibt ein Bild von solcher Anziehungskraft, dass wir zumindest immer mal wieder nach dem Stand des EURO-Jackpots linsen, wenn wir an einer Annahmestelle vorüberschlendern. Im Schnitt ist jeden zweiten Tag des vorigen Jahres in Deutschland ein Neu-Millionär hervorgebracht worden, insgesamt 193.

Dieser Entwicklung steht allerdings die Meldung gegenüber, wonach die Caravaning-Branche im Moment in einer kleinen Krise steckt. Die Preise für Reisemobile purzeln plötzlich. Was ist da los? Ermüden uns die Tempolimits in den Ländern um uns herum? Nein, man hatte überproduziert, da man darauf setzte, die hohe Nachfrage während der Pandemie werde anhalten. Nun sind Lager und Remisen voll, wie das Düsseldorfer „Handelsblatt“ erläutert, und der Inlandsmarkt gesättigt. Es sehen die Zahlen aber so schlimm aber auch wieder nicht aus. Im Wohnwagen-Segment, wesentlich kleiner und billiger als die Reisemobil-Sparte, waren es letzten Oktober knapp 300 Zulassungen weniger als zum Vorjahreszeitpunkt.  

Wenn man nun ein paar gutwillige Altmillionäre dazu bringen könnte, zusammen mit den 193 Neumillionären des Jahrgangs 24 diese Zulassungslücke bis zur nächsten Jahresbilanz zu schließen, wäre das ein gutes Zeichen für die deutsche Wirtschaft und ihre Handelspartner in der Welt.


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