Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Riesen-Asseln schmecken gut

Kaum entdeckt, schon auf dem Teller. Riesenasseln aus der Tiefsee. Eine Glosse von Peter Jungblut.

Von: Peter Jungblut

Stand: 15.01.2025

Jetzt vor der Bundestagswahl muss ja wirklich alles auf den Tisch und wir sollten dabei auch durchaus in die Tiefe gehen, aber dass wir dort ausgerechnet auf 14-beinige Riesenasseln stoßen, konnte keiner ahnen. Die Krustentiere mit dem lateinischen Namen Bathynomus vaderi sollen deutlich besser schmecken als Hummer und krabbeln derzeit aus der Tiefsee an die Spitze der ostasiatischen Speisekarten. So, wie wir München kennen, dürfte es nur eine Frage von Tagen sein, bis zur Versorgung der Schickeria eine Luftbrücke eingerichtet wird und die Sterneköche Rezepte mit und ohne Ingwer veröffentlichen. Spätestens dann werden die Immobilienmakler in die Keller stürmen und für Asseln aller Art saftige Aufschläge nehmen, denn dass die Gliederfüßler zur Klasse der Höheren Krebstiere gehören, dürfte sich in 1a-Lagen bisher noch nicht herumgesprochen haben.

Der Markt ist also in Bewegung, sogar hinter den Regalen. Möglicherweise droht eine neue Grundsteuerreform, die den Nährwert der vorhandenen Asseln mitberücksichtigt, was ja völlig in Ordnung ginge, solange die Hebesätze nicht pro Bein gelten. Anwesen mit Tiefseeteichen müssen natürlich gesondert abgerechnet werden. Der eine oder andere Hummer, der in der Unterhaltungsbranche am Viktualienmarkt tätig war und jahrelang vor ausverkauften Fischhändlern spielte, wird jetzt, wo die Riesenasseln auf die Bühne drängen, wohl an den Vorruhestand denken.

Gut, die Teller können nichts dafür

Leicht wird das nicht, wenn man jahrelang im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und dann feststellen muss, dass der große Traum vom Hummerschaum an der Seite hübscher Seezungenfilets unerfüllt bleibt – und zwar nur wegen der Asseln! Gut, die Teller können nichts dafür, aber wir müssen uns darauf einrichten, dass die Hummer ziemlich ungnädige Lebenserinnerungen vorlegen werden, außer natürlich sie schreiben mit der Schere am Kopf.

Mag sein, dass die eine oder andere Languste noch glaubt, ihr vorderer Platz sei gesichert, wenn die Feinkosthändler das nächste Mal ihre Liste aufstellen, aber da könnten sie sich mächtig täuschen, wenn die Asseln erst mal quotiert werden. Und die sicheren Wahlkreise müssen sich Langusten ja von jeher mit den Austern teilen. Das könnte in Rottach-Egern noch spannend werden.

Okay, Olaf Scholz hatte uns auf die Zeitenwende eingestimmt, aber von Frutti di Mare war in seiner Regierungserklärung mit keinem Wort die Rede, und wenn wir von Anfang an gewusst hätten, dass die Asseln so gut schmecken, hätten wir uns niemals darüber beschwert, dass die Wirtschaft im Keller bleibt, sondern ein paar gute Flaschen Wein beigesteuert.

Was jetzt zu tun bleibt, ist die Hummer zu beruhigen, die Langusten aufzumuntern und die Austern abzulenken, bis die Riesenassel entweder den gastronomischen Einbürgerungstest bestanden hat oder an den EU-Außengrenzen vom Fleisch fällt. Das ist eine so delikate Angelegenheit, die gehört eigentlich vor die Jakobsmuscheln! 


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