Ende der Welt - Die tägliche Glosse Skat oder Schafkopf
Heute startet das große Skat-Turnier in Bad Füssing, aber das Kartenspiel der Wahl ist in Bayern das Schafkopfen. Und dabei dreht sich alles um Partnersuche und Koalitionen. Wir empfehlen Dauerschafkopfen in Berlin. So lassen sich Koalitionsverträge auskarteln. Für uns, die zuschauen, wär’s der größte Spaß! Eine Glosse von Georg Bayerle.
Es gibt bekanntlich unbedeutende Fähigkeiten, es gibt wichtige Fähigkeiten, und es gibt lebenswichtige Fähigkeiten. Grundsätzlich gehen die Meinungen darüber weit auseinander, aber unbestritten zählt Schafkopf-Spielen zur letzten Kategorie in Bayern. Nicht Schafkopfen-Können geht im Freistaat gar nicht. Der Weltrekord im Dauerschafkopfen etwa wurde mit 192 Stunden von einer Runde Allgäuern aufgestellt, die damit auch als Bayern gelten dürfen – Schafkopfen verbindet über alle Sprach- und Mentalitätsgrenzen hinweg.
Und überhaupt bildet nichts so wie dieses Kartenspiel, wo Unter die Könige stechen, die bayerische Volksseele ab: Die einerseits noch den absonderlichsten Monarchen huldigt, andererseits aber immer aufrührerisch und eigenbrötlerisch gesinnt ist – mit einer besonderen Zuneigung zum Unter, der sich gegen die Obrigkeit auflehnt.
Solch politisch-kulturpsychologisches Potential hat Skat nicht zu bieten; auch wenn auch hier die Buben die Könige toppen, ist man doch auf einer anderen Flughöhe unterwegs: das Kartenniederlegen erfolgt nicht polternd und von Gefühlsausbrüchen wie Zorn und Häme begleitet, sondern stille schweigend, wenn präzise wie beim Schach mit zwei Fingerspitzen die Karte aus der Hand genestelt wird. Auch die Anzahl von drei statt vier Spielern wirkt nicht erst seit dem krachenden Zusammenbruch der Dreierkoalition unausgegoren.
Die Jugend spielt eben lieber Ballerspiele als mit der Bumpel
Aber studieren lässt sich das ab heute in Bad Füssing, wo beim großen Skatturnier nicht nur 60.000 Euro zu gewinnen sind, sondern sogar internationale Skat-Asse ihr As legen werden. Skat also strahlt auf dem glänzenden Parkett des Kurbads und das heimische Schafkopfen? Ist mit dem Rauchen auch irgendwie aus den Wirtshäusern verschwunden. Die Jugend spielt eben lieber Ballerspiele als mit der Bumpel – wie die Schelln‘ass im Schafkopf heißt.
Um noch ein bisserl im Jargon zu bleiben: Anders als beim Skat dreht sich beim Schafkopfen alles um Partnersuche und Koalitionen; man sucht die passende „Sau“, also beispielsweise „die Alte“ und man lernt, wie der eben noch leidenschaftlich bekämpfte Gegner schlagartig zum gewinnbringenden Freund mutiert.
Das sind Fähigkeiten wie sie unsere Politikerinnen und Politiker in den nächsten Wochen dringend brauchen werden. Wir empfehlen Dauerschafkopfen in Berlin. Einst hat schon bayerische König Max I. Joseph durch einen Stich mit dem Schellunter das schöne Reit im Winkl von den Landesherrn aus Salzburg und Tirol eingeheimst. So lassen sich Koalitionsverträge auskarteln. Für uns, die zuschauen, wär’s der größte Spaß!