Ende der Welt - Die tägliche Glosse Wenn alle groß werden wollen...
Mit „Make America great again“ gewann Donald Trump die Wahl. Kein Wunder, dass sich auch Politiker aus anderen Ländern Erfolg versprechen, ihr jeweiliges Land wieder groß werden zu lassen. Aber was passiert eigentlich, wenn alle wieder groß werden wollen? Eine Glosse von Roland Söker.
Bei aller Irritation über Donald Trump geht doch anscheinend für viele eine gewisse Bewunderung für sein entschlossenes Anpacken aus, Amerika wieder „great“ zu machen. Immer mehr Länder der Welt wollen sich diesem Motto anschließen - freilich nicht, Amerika wieder groß zu machen, sondern das jeweils eigene Land. Ausgerechnet Viktor Orban zum Beispiel begann die ungarische EU-Ratsherrschaft mit dem Motto „Make Europe great again“, einhergehend vor allem mit Initiativen, Russland auf Kosten Europas noch greater zu machen.
Besonders anfällig für den Wiedergroßmach-Reflex ist in Deutschland naturgemäß die AfD. Selbst Deutschlands historisch größte Ausdehnung ist für die AfD bekanntlich geschichtlich nur ein Vogelschiss - und das lässt viel Spielraum für Interpretationen weitaus größerer germanischer Fäkal-Ausbreitungen. So wählte zuletzt am vergangenen Wochenende Petr Bystron, AfD-Europaabgeordneter, auf einer Partei-Tagung in Weilheim den Slogan, Deutschland wieder groß machen zu wollen. Wobei das Wortpaar „Groß machen“ bei mir schon wieder irgendwie braune Assoziationen hervorruft. Bei Nachbarländern wird dagegen eher das Wortpaar „wieder groß“ in Bezug auf Deutschland berechtigte Sorgen auslösen.
Generell ist die Begeisterung für Amerikas Aufblähungskurs auch aufgrund der Liebesgrüße von Elon Musk und JD Vance an die Partei grenzenlos. Die Weilheimer AfD-Bundestagskandidatin verbindet damit die Hoffnung – Zitat: „Es wird nicht mehr so viel Mist aus Amerika kommen. Und den Rest beenden wir.“ Hä? Was meint sie wohl damit? Werden demnächst AfD-Demonstrationen vor McDonalds Restaurants stattfinden, um die amerikanische Fastfood-Kette in eine solide altdeutsche Wurstbude umzuwandeln? Denn Bestrebungen der AfD, die derzeit größten amerikanischen Mistschleudern: X und Meta - zu beenden, sind bisher nicht bekannt. Eher im Gegenteil.
„Make Weilheim great again“
Vielleicht sollte die Weilheimer Kandidatin auch gleich eine lokale Variante des allfälligen Lieblingsmottos kreieren und „Make Weilheim great again“ plakatieren, verbunden mit dem Ziel, sich die 1972 in der Gebietsreform verlorenen Gemeinden Schlehdorf, Murnau und Spatzenhausen zurückzuholen. Die Wirtschaftskammer Österreich tagte übrigens schon 2016 unter einem Banner „Make Austria great again“. Das politische Resultat größenwahnsinniger Tendenzen in unserer alpinen Nachbarrepublik ist bekannt.
Man fragt sich natürlich, was eigentlich passiert, wenn einfach alle wieder groß werden wollen? Der zur Verfügung stehende Platz und Einfluss auf der Erde wächst ja nicht. Es macht also nur dann Sinn, wenn die Großen den Kleinen was wegnehmen, ob es nun die Krim, Grönland oder das Bürgergeld ist.
Und während die im Bläh-Nationalismus vereinten Länder und Parteien der Welt sich in ihrem „Greatagain-ismus“ gegenseitig an- und überbrüllen, rauscht doch längst an den Stränden der Welt die vom schmelzenden Polareis gesättigte Brandung: „Make the Oceans great again!“