Bashkka, Jayda G, Amelie Lens Wie diese 16 Producerinnen und DJs das DJ-Game verändern
Die Zeiten, in denen das DJ- und Producer-Business eine reine Männerdomäne war, sind definitiv vorbei. Immer mehr weibliche und nicht heteronormative Talente machen sich einen Namen und bereichern die Szene mit innovativen Konzepten, guter Musik und ganz viel Hingabe. Wir stellen ein paar davon vor.
Im Dezember 2023 hat das Musik-Tech-Unternehmen A2D2 eine Studie veröffentlicht, gefüttert mit Daten der DJ Mag Top 100 und der Event-Plattform Resident Advisor: Wer spielte am meisten Gigs und bereiste dabei die meisten Länder? In den Top 10 des Rankings sind vier Frauen vertreten: Die Psy-Trance DJ Indira Paganotto, und die Techno-DJs Deborah de Luca, Amelie Lens und Charlotte de Witte. Das zeigt: 4 von 10 DJ-Workaholics sind weiblich. Klingt erstmal einigermaßen geschlechtergerecht. Aber in den DJ Mag Top 100 sind insgesamt überhaupt nur 11 Frauen vertreten. Die Studie legt also nahe: Frauen in diesen erfolgreichen Gefilden arbeiten sehr viel und sehr hart für ihren Erfolg.
Der Fakt hat mich nicht überrascht, aber ich finde ihn wahnsinnig interessant. So stützt er doch meine Wahrnehmung, die ich als DJ in meinen 5 Jahren in der Szene beobachtet habe: Unter Frauen gibt ein großer Teil sehr viel Gas.. Die große Frage aber: Warum? Reine Motivation? Zufall? Oder Druck durch Patriarchat und Sexismus? Die Männer sind immer noch in der Überzahl. Doch das ändert sich gerade, mit einer neuen Generation, die nachrückt und schon dank ihrer bloßen Existenz Strukturen verändert.
1. Bashkka
Bashkkas Name bedeutet im Türkischen wortwörtlich "anders", sie kommt aus München und spielt regelmäßig als Resident DJ im Blitz Club. Ihr Stil ist vor allem geprägt durch ihre Begegnungen in New York mit der Ballroom und Clubszene, irgendwo zwischen Dance/House/Techno/Electronics. Erst jüngst war sie Teil eines großen Features in der Vogue über drei female DJs, die die Szene verändern. Bashkka produziert eigene Tracks und trug einen komplett schwarzen Balenciaga-Look, ein Bad Girl, das sie auch in ihrer Musik verkörpert.
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MARICAS - BASHKKA | HÖR - Feb 25 / 2023
2. Jayda G
Diese Frau hat eine unfassbare Energy hinter den Decks. Jayda G ist Kanadierin und spielt Disco/House. Für ihren Track "Both Of Us" war sie 2021 für einen Grammy nominiert in der Kategorie "Best Electronic Dance Recording". Zurecht. Jayda Gs Tracks und Selections sind ansteckend und sie fühlt die Musik mit ihrem ganzen Körper, zeigt Emotionen auf ihre eigene quirky Art & Weise. Ich muss jedes Mal, wenn ich sie irgendwo sehe, grinsen und bekomme Gänsehaut. Ich liebe die female Energy, die Jayda G ausstrahl, ganz unesoterisch gemeint. Es lässt sich nicht anders erklären, sie schafft dieses gemischte Gefühl aus Verbundenheit, Schönheit und Hingabe.
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Jayda G | Boiler Room: London
3. DJ Gigola
Gigola steht, was Deutschland angeht, definitiv weit oben im Ranking der hardest working women. Sie ist Teil des Live-from-Earth-Kollektivs, spielt jedes Jahr Gigs auf der ganzen Welt, war Hosts eines tollen Podcasts über die Clubkultur in Deutschland und hatte insbesondere in den letzten drei Jahren einen hohen Output an eigener Musik. Neben anderen formt auch sie die Szene neu und für sich. Im Interview mit der Vogue spricht sie unter anderem:
"Es muss ein Einvernehmen geben zwischen den Gäst:innen, die den Abend besuchen, dass alle so frei sein können, wie sie möchten, ohne dafür be- oder verurteilt oder angegriffen zu werden."
DJ Gigola
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DJ Gigola | Boiler Room Berlin: Live From Earth
4. Bambii
Die kanadische DJ und Produzentin ist eine absolute Institution, was die Repräsentation weiblicher und Schwarzer DJs in der Szene angeht. Bambii spielt international und multigenre. Das heißt sie verbindet verschiedene Musik-Stile miteinander. Meistens alle die, die ihren Ursprung in der Schwarzen und/oder der queeren Kultur haben. HipHop, Drum and Bass, Dancehall, Ballroom oder Jersey Club. Für Bambii ist das ganz oft auch eine bewusste Entscheidung, immer wieder klärt sie auf ihren Social Media Kanälen über politische Themen auf. Schreibt über Sexismus in der Szene, Tokenism oder kulturelle Aneignung. Dazu gibt sie immer wieder DJ Workshops für den Nachwuchs. Auch das ist oft Realität für Frauen in der Szene: Als Betroffene steigt man oft selbst in die Gräben um etwas zu verändern. Trotz und gerade weil man selbst so viel Shit erlebt.
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Bambii | HÖR - Mar 24 / 2023
5. Amelie Lens
Auch Amelie Lens war 2023 eine der hardest working women im DJ Business. Sie steht auf Platz 8 des A2D2-Rankings, mit 65 Gigs in 23 Ländern. Die Produzentin und DJ aus Belgien hat sich ihren Status in der männerdominierten Techno-Szene hart erkämpft. Lens ist Chefin ihres eigenen Labels "Lenske" und spielte bereits so ziemlich alle großen Festivals, die es so zu spielen gibt.
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Amelie Lens presents Exhale Radio - Episode 86
6. Meg10
Gizem Adiyaman, so heißt Meg10 mit bürgerlichem Namen ist eine Vorreiterin. Sie war die erste Veranstalterin, die ich kannte, die Awareness-Konzepte auf ihren Parties etabliert hat. Ihre queerfeministischen Hoe_mies-Events sind bis heute ein fester Bestandteil der Berliner Club-Szene. Angefangen als HipHop-Parties haben sie sich heute zu Multigenre-Nächten mit namhaften internationalem Booking verwandelt. Von Techno über Jungle, Jersey Club, HipHop und Ballroom wird hier vieles miteinander vermählt, was man vielleicht erstmal nicht zusammen denkt. Auch Meg10 spielt dort jedes Mal ein Set, als DJ ist sie mittlerweile international bekannt und begehrt, besuchte bereits das Berghain, Fabric London oder Festivals in Australien. Dazu engagiert sich Meg10 seit Jahren gesellschaftspolitisch, hat mehrere Podcasts gehostet und spricht sich immer wieder gegen Diskriminierungen aller Arten aus.
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Meg10 | Boiler Room Festival Berlin: Rap Fantasy
7. Charlotte de Witte
67 Gigs in 23 Ländern hat die belgische DJ Charlotte de Witte 2023 gespielt. Das bedeutet in etwa 1,2 Gigs pro Woche. Und das bedeutet in etwa 1,2 mal pro Woche in den Flieger steigen, Tracks vorbereiten, sich bühnenfertig machen, hinter die Decks stellen und anschließend stundenlang Energie kreieren, stundenlang tausende von Menschen zum Tanzen bringen. De Witte ist damit schon allein statistisch gesehen eine der hardest working women im Business. Neben ihrem Arbeitspensum als Techno DJ besitzt sie außerdem ein eigenes Musikabel und bringt regelmäßig eigens produzierte Musik an den Start.
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Charlotte de Witte at Ultra 2023 (Main Stage)
8. Sofia Kourtesis
Künstlerin, DJ und Produzentin – die Perunanerin Sofia Kourtesis ist vielseitig begabt. Nach zwei EPs, Gigs und Auftritten überall auf der Welt, veröffentlichte sie 2023 ihr Debütalbum "Madres", das auch Album der Woche im Zündfunk war. Bei ihren Auftritten hinter den Decks oder auf der Bühne begeistert vor allem ihre Energie. Mit vollem Körpereinsatz lässt sie die Crowd daran teilhaben, wie sehr sie die Musik fühlt. Das ist immer schön zu beobachten.
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Sofia Kourtesis | Boiler Room: Stockholm
9. Marie Montexier
Eine der besondersten DJs, die die Szene die letzten Jahre hervorgebracht hat: Marie Montexier ist dafür bekannt, in ihren Sets viele unbekannte Tracks auszugraben und Techno mit anderen, eher ungewöhnlichen Genres zu verbinden. Sie spielt Vinyl Only, was ihr über die letzten Jahre besonders großen Respekt eingebracht hat. Montexier setzt sich viel gegen Sexismus in der Szene ein – zum Beispiel mit ihrem Auftreten in der ARD Doku-Serie "Call me DJ!", in der weibliche DJs über ihr Leben in einer männlich dominierten Musikbranche erzählen. Montexier hat ihre eigene Partyreihe gegründet und produziert seit 2021 unter ihrem eigenen Label Paryía Records.
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Marie Montexier | Boiler Room x DGTL Amsterdam 2023
10. Sedef Adasi
Adasi kommt aus Augsburg und hat dort als Veranstalterin eine monatliche Clubveranstaltung mit namhaftem Booking erschaffen, die queerfeministischen HAMAM Nights. In ihren Sets balanciert die DJ mit türkischem Background zwischen Techno, Ruff House und Space Disco und ist damit in Clubs und auf Festivals um die ganze Welt unterwegs. Zusätzlich ist sie Resident DJ im Berghain und Blitz Club München und produziert eigene Tracks.
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Sedef Adasï | Boiler Room Contemporary Scenes: Istanbul
11. Josi Miller
Die Leipzigerin ist schon über 20 Jahre im DJ Game. Sie ist eine Legende und die erste Frau, die ich je hinter den Decks gesehen habe. Miller hat sich ihren Platz in der Männerdomäne DJing und noch krasser männerdominierten Nische HipHop hart erkämpft. Sexismus war immer ein Thema. Die Künstlerin war auf Tour mit Rappern wie Frauenarzt und Trettmann und jahrelang so ziemlich die einzige Frau auf diesem Level. Seit ein paar Jahren fokussiert sie sich Josi Miller mehr aufs selbst Musik machen. Sie produziert für sich und andere, moderiert ein DJ-Twitch-Format für arte, hat eine eigene Band gegründet und gibt immer wieder Producer Workshops. Ähnlich wie viele DJs in dieser Sendung war Josi Miller ein Blue-Print. Sie hat Türen eingetreten, um jetzt die neue Generation hinein zu bitten.
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Josi Miller bei Chat with a DJ - ARTE Concert
12. horseGiirl
DJ und Producerin horseGiirl stammt auch aus dem Berliner Live-From-Earth-Kollektiv. Sie steht immer mit Pferdemaske hinter den Decks. Wahnsinn, mir ist ja schon ohne Maske heiß genug im Club. Aber horseGiirl macht eben ihre eigenen Regeln, sowohl in Sachen Fashion als auch bei ihrer Musik: Mein Stall, meine Regeln. My Barn my Rules, so heißt ihre Single, die auch dank TikTok einer breiteren Masse bekannt geworden ist.
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horsegiirL | Boiler Room Berlin: Live From Earth
13. Salush
Salush ist eine junge Produzentin aus Nürnberg. Sie repräsentiert die vielen Newcomerinnen, die gerade gefragt und motiviert sind, sich in die Szene Platz zu machen. Salush ist zwar erst seit drei Jahren sim Game, produziert aber bereits jetzt feinsten Ghetto-Tec, der es auch schon auf viel Compilations und Sampler bei Labels wie Raiders, Das Booty oder Native Boundaries geschafft hat.
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Salush - GOAT BOX Nr. 11
14. UNIIQU3
Die nächste große Pionierin in unserer Liste. DJ und Produzentin UNIIQU3 ist geballtes Talent aus New Jersey, die mit ihren Produktionen seit Jahren den Musikstil Jersey Club voranbringt. Schon 2014 hat sie angefangen, eigene Mixtapes zu veröffentlichen und hat 2016 direkt ihr erstes Set für Boiler Room gespielt. Ihre Durchbruchs-Single "Microdosing" wurde 2021 sogar für einen Grammy nominiert. Heute – auch dank UNIIQU3 – ist Jersey Club auch aus den europäischen Clubs nicht mehr wegzudenken.
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Shake the Room - UNIIQU3 , Dos Flakos (Dance Video)
15. Peggy Gou
Nach ihrem Durchbruch mit "Starry Night" im Jahr 2019, hat die Südkoreanerin so ziemlich alles erreicht, was man als DJ erreichen kann: Internationales Ansehen, prestigehafte Gigs, ein eigenes Modelabel, usw. usf. Ihr DJ-Kicks-Album ist eines meiner liebsten der ganze Reihe. Auch 2023 war ein gutes Jahr für die Wahlberlinerin. Mit ihrer Single "It goes like (Na Na Na)" hat sie es zum ersten Mal in die Charts geschafft. Sommer und Sonnenschein in Trackform.
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Peggy Gou - (It Goes Like) Nanana - Official Video
16. Kikelomo
Solltet ihr jemals im Berghain eine DJ hören, die Bachata-Remixe gemixt mit Jersey Club und House spielt, dann wisst ihr: Kikelomo ist an den Decks. Die Britisch-Nigeranerin lebt in Berlin und ist seit Jahren aktiv in der Szene. Nachdem sie jahrelang Host von Veranstaltungen der DJ-Plattform Boiler Room war, stand sie nach Jahren bereits selbst zweimal für ein Boiler Room-Set hinter den Decks. Was Kikelomos Sound ausmacht, ist ihr Anspruch, verschiedenste Genres miteinander zu mixen, in ihren eklektischen Sets repräsentiert sie die unterschiedlichsten Kulturen. Wenn sie nicht gerade international Gigs spielt, moderiert Kikelomo außerdem eine Show auf RinseFM und ist Mitbegründerin von Oroko Radio, einer unabhängigen Internet-Radio-Station in Accra, Ghana.
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Kikelomo | Boiler Room x Primavera Sound Barcelona x Cupra